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Turmuhr ist erst mit «Ei» komplett

Von ANGELIKA ADAM 17.09.2009, 16:29

ASCHERSLEBEN/MZ. - Bei der eiförmigen Kugel handelt es sich um eine Nacharbeit. 50 Kilogramm ist sie schwer, aus Kupfer gefertigt, 1,60 Meter hoch und 0,80 Meter breit. Dieter Müggenburg und Mike Michel von der Firma Dafa Bau GmbH haben sie in 35 Meter Höhe unter den Objektiven von Fernseh- und Fotokameras auf dem Dach des Turms befestigt.

98 Jahre nach der ersten Befüllung mit historischen Dokumenten beinhaltet sie jetzt zwei Kartuschen: Oberbürgermeister Andreas Michelmann (Widab) hatte sie vor dem Transport mit einem Kran in die luftige Höhe mit Dokumenten, darunter einem persönlicher Brief an die Ururenkel über das Projekt "Bestehornpark" und die Landesgartenschau 2010, Pläne, Fotos, Imageprospekte der Stadt Aschersleben, die "Mitteldeutsche Zeitung" vom 17. September und Münzen gefüllt. Erst beim zweiten Versuch hatte er die Unterlagen in der Kartusche verstaut. Es waren so viele, dass sie nur fest eingerollt in der Zeitung Platz hatten.

In dem Brief an die Ururenkel berichtet Michelmann, dass "seit dem offiziellen Spatenstich im August 2008 das ehemalige Hauptgebäude der Fabrik samt des Dreibogentors mit dem Uhrturm saniert und in eine Schule umgebaut wird. Angesichts der qualitätsvollen Arbeit der hier auf der Baustelle tätigen Firmen, habe ich die begründete Hoffnung, dass es hoffentlich noch genau so steht, wie durch uns geplant und gebaut und immer noch als Campus ein Zentrum der schulischen Bildung in Aschersleben ist". Am 1. April 2010 werden zwei Bildungsträger die Räume im Hauptgebäude beziehen: das Institut für Weiterbildung in der Alten- und Krankenpflege (IWK) und die Adam-Olearius-Schule.

Wenige Tage vor dem Richtfest am Bestehornpark im Mai 2009 hatte die Ascherslebener Stadtverwaltung Besuch von einem ehemaligen Optima-Mitarbeiter, der einen wertvollen Schatz mitgebracht hatte und der Stadt übergab. 1984, als die Kugel des Uhrenturmes aus unerklärlichen Gründen herunterstürzte, fand er eine Kartusche, die einst 1911 beim Bau in die Kugel eingelassen worden war. 1984 sollte die Kugel wieder aufgebracht werden. Es kam aus heute nicht mehr nachvollziehbaren Gründen aber nicht dazu. In der Kartusche, die der ehemalige Optima-Mitarbeiter über die Jahre gerettet hatte, befanden sich neben der "Freiheit" aus dem Jahr 1984 auch Originaldokumente aus dem Jahr 1911. Dazu gehören Fotos vom Turmknauf, vom Wohnhaus des Klempnermeisters Carl von der Heyde und ein Schreiben seines Sohnes Paul, der später die Firma übernommen hatte. Paul von der Heyde hat der Nachwelt ein "Schreiben an die Öffner dieser Büchse" hinterlassen. Darin heißt es: "Dieser Turm wurde im Mai 1911 erbaut und von mir mit 0,7 mm starkem Kupferblech abgedeckt. Ich erhielt die Klempner-und Kupferarbeiten auf mein Angebot, welches am 26. Januar 1911 abgegeben wurde. Durch auswärtige Konkurrenz wurden meine Preise unterboten und ich musste, um die Arbeit zu halten, zehn Prozent von meinem Angebot ablassen, so dass mir ein geringer Verdienst blieb. Der Knopf wurde mit 252,00 Mk bezahlt." "Leser dieser Zeilen sollen mit einer Zuschrift meine Urkunde wieder in den neuen oder reparierten Knopf einlegen zur weiteren Überlieferung", wünschte sich Paul v. d. Heyde.