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Sonderausstellung Sonderausstellung: Wenn Bäume mit «neuen Augen» gesehen werden

Von Stephan Neef 13.01.2002, 12:55

Thale/MZ. - Es gibt Menschen, die Bäume lieben. Und dabei nicht nur an die eigenen, wohl gediehenen Gewächse denken oder an die besonders schönen oder alten Exemplare dieser Spezies. Sie sehen auch den krummen Windflüchter oder einen morschen Baumstumpf mit anderen, sozusagen liebevollen Augen. "Ich liebe Bäume", gestand Ingrid Neufert, als sie am Sonnabend in der Galerie-Kapelle des Thalenser Hüttenmuseums ihre neue Foto-Ausstellung eröffnete.

"Bäume - Urformen des Lebens" nannte die Neinstedterin, die vor zwei Jahren an gleicher Stelle romantische Hiddensee-Impressionen vorstellte, ihre aktuelle Exposition.

"Bäume begegnen uns überall, wir registrieren sie, nehmen sie aber nur selten richtig wahr", weiß die gelernte Fotografin. Auch ihr gelinge das nur, wenn sie mit sich "innerlich völlig eins" sei. In solchen Glücksmomenten" könne sie "mehr sehen als gewöhnlich". Entweder werde sie dann ganz still oder könnte vor Glück schreien, berichtete Ingrid Neufert den Gästen der Vernissage. Und sie verriet, dass viele der großformatigen Farbfotos in solchen Glücksmomenten entstanden und damit "vielleicht ausdrücken, was ich empfunden habe".

Da ist - unweit der Suderöder Saalsteine - das kahle Kronen-Geäst einer abgestorbenen Eiche, der bunte Blätter-Teppich auf den Michaelsteiner Fischteichen, der zunehmend von Moos und Flechten vereinnahmte Baumstumpf oder der unförmige Torso eines haupt- und astlosen Stammes. Die wahre Entdeckungsreise bestehe nicht darin, neue Landschaften zu erforschen, sondern mit den neuen Augen zu sehen, zitierte Ingrid Neufert den französischen Romancier Marcel Proust. Das sei nicht leicht, aber lohne sich, fügte die Foto-Künstlerin hinzu. Für Zeitgenossen, bei denen es mit den "neuen Augen" nicht klappt, die im Alltagsstress die "Urformen des Lebens" immer wieder übersehen, hat Neufert einen simplen Tipp: Alles, auch in der Welt der Bäume, sei "merkwürdig und wunderbar für ein paar wohlgeöffnete Augen", sagte sie mit den Worten eines spanischen Philosophen.

Den Gästen der Ausstellungseröffnung fiel es trotz weit geöffneter Augen allerdings schwer, die wunderbare Foto-Welt zu studieren - das Gedränge in der prall gefüllten Galerie-Kapelle gestattete es nur wenigen Besuchern, bis zu den Bildern vorzudringen. Eine zweite Visite für sie und eine erste für alle anderen ist durchaus empfehlenswert, bis zum 10. Februar ist dafür noch Zeit.