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Schäferfest auf Burg Freckleben  Schäferfest auf Burg Freckleben : Stefanie Körber spinnt den längsten Faden

Von Ingeburg Pocklitz 03.05.2013, 17:16
Robin beobachtet die Spinnräder ganz genau.
Robin beobachtet die Spinnräder ganz genau. Frank Gehrmann Lizenz

Freckleben/MZ - Die Besucher des 15. Schäferfestes auf der Freckleber Burg haben am 1. Mai die Qual der Wahl; denn Höhepunkt reiht sich an Höhepunkt. Wolfgang Hedel, der Vorsitzende des Schäfervereins „Harzer Land“, Siegfried Butzmann vom Vorstand und viele andere Helfer haben als langjährige Organisatoren die Sache im Griff und wissen, wie die vielen Gäste aus nah und fern zu begeistern sind.

Nach dem Frühschoppen startet zunächst das große Wettspinnen im ehemaligen Bockstall. 17 Teilnehmer legen sich zwei Stunden lang ins Zeug, um nach Großmutterart auf ihrem Spinnrad aus 30 Gramm Schafwolle einen möglichst langen Faden zu spinnen. Sie lassen sich dabei bereitwillig über die Schultern schauen und über ihr nicht alltägliches Hobby ausfragen. Ingrid Kluge zum Beispiel, eine Schäferin aus Solingen, war vor 14 Jahren eine der Initiatorinnen. Oder Schäfermeister Helmuth Kronberg, der einzige Mann in der Runde. Er kommt aus Breitenbach bei Sangerhausen, ist 85 Jahre alt und zum zweiten Mal dabei. Er hat seine ganze Familie vom Sohn bis zum Urenkel mitgebracht und war so aufgekratzt und vergnügt, dass man meinen könnte, Schafe zu hüten und am Spinnrad zu sitzen, sei der reine Jungbrunnen. Um den Fleißigen die Arbeit zu versüßen, spielt Anke Szarwak mit ihrem Akkordeon und singt dazu. Die ehemalige Sportlehrerin aus Halberstadt hat nach der Wende aus Liebe zu den Tieren 18 Jahre lang als selbstständige Wanderschäferin mit etwa 1 000 Muttertieren gearbeitet. „Wir wollen die Tradition aufrechterhalten“, erklärt die zierliche Frau ihre langjährige engagierte Teilnahme an den Schäferfesten.

Währenddessen machen sich draußen die Fußballer bereit, und die Mannschaft der Schäfer konnte einen ganz besonderen Torwart für sich gewinnen: Fernsehstar Maxi Arland wuselt seit Beginn des Festes nebst Technikern und Kameraleuten durchs Geschehen und legt sich mächtig ins Zeug. Aber es nützt alles nichts. Lautes Gejohle ringsum, als er kurz hintereinander zwei Bälle durchlässt.

Inzwischen ist es Mittag geworden, und während zwischen Lammbraten vom Spieß über Gulasch bis zur Bratwurst gewählt werden kann, spielt die Gruppe „Music filigran“ irische Weisen auf einem kleinen Nebenschauplatz. Hier warten die Schafe auf ihre Schur, eine kleine interessante Rassegeflügelausstellung ist zu sehen, und in der Kinderecke wird gebastelt, gemalt und geschminkt, was das Zeug hält.

Etwas später ziehen die Musiker mit ihren Instrumenten in den Bockstall um, wo das Wettspinnen inzwischen beendet und eine mehrköpfige Jury beim Ermitteln des längsten Wollfadens ist. Dann verwandelt sich der Raum in ein Cafè mit Bühne, auf der argentinische Musik virtuos gespielt und vom Tanzpaar Axel und Anette elegant in Szene gesetzt wird.

Wer sich hier nicht losreißen kann, verpasst draußen die Ehrung der siegreichen Fußballer und der Gewinner der Spinnmeisterschaft.

Diesjährige Siegerin mit der Rekordlänge von 388 Metern ist Stefanie Körber, eine junge Frau aus Kemme bei Hildesheim; die Zweitplatzierte, Sandy Ruwoldt, mit 347 Metern kommt aus Leipzig. Die 36-Jährige entdeckte ihre Leidenschaft für das alte Handwerk, als das Spinnrad ihres Großvaters auftauchte und gibt inzwischen Kurse im Spinnen und Färben von Schafwolle.

Die kräftigen Stimmen des Freckleber Männerchores sorgen inzwischen für den nächsten Höhepunkt, und bald beginnt auch das Hunderennen. Verkaufsstände bieten Schäferwesten mit blanken Knopfreihen, Futterraufen, regionale Erzeugnisse wie Käse, Obstweine, Honig und vieles mehr und sorgen so für ein zünftiges Ambiente. Den ganzen Tag über mutet das Treiben wie eine große Familienfeier an, denn immer wieder gibt es freudige Begrüßungen und Umarmungen, und Götz Rümke aus Drohndorf, der mit Ehefrau und Freunden gekommen ist, bringt es auf den Punkt: „Man muss mal dabei gewesen sein, sonst hat man was verpasst“.