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Ausstellung in der St. Martini Kirche Ausstellung in der St. Martini Kirche: Vertrautes aus der Vergangenheit

Von Detlef Anders 19.08.2002, 13:00

Güntersberger/MZ. - Garscha hat vor ein paar Monaten seine in rund 50 Jahren geschossenen Fotos und gesammelten Werke samt einer Bibliothek mit Regionalliteratur in 50 Bananenstiegen gepackt und zu Hause ausquartiert. Im Bürgerhaus der Stadt hat der Ortschronist im Obergeschoss zwei Chronikzimmer erhalten. Eine ABM-Mitarbeiterin hilft ihm, alles zu archivieren und zu registrieren. 4 800 meist großformatige Fotos sind in Hängeregistern verpackt.

Einen winzig kleinen Teil der Sammlung präsentiert Garscha nun mit Hilfe von Gudrun Paetz und der Pfarrerfamilie in der Kirche. Die Präsentation ist nicht hochprofessionell - für einen Computer fühlt sich Garscha zu alt - doch der Pfarrer half, seine Tafel in Form zu bringen.

Es sind nicht nur die Kopien der Urkunden mit den ersten Erwähnungen Siptenfeldes und Güntersberges, sondern auch die Übertragungen in eine leicht lesbare Schrift, die den Reiz für heimatgeschichtlich interessierte Gäste ausmachen. Auf Kopien des ersten Bildes von Güntersberge in einer Zeichnung aus der "Historia von Anhalt" Beckmann von etwa 1700 sind Kirche und Schloss noch zusammen zu sehen. Nach dem Stadtbrand 1707 wurde aus der Haufensiedlung die heutige Straßensiedlung mit der durch den Ort führenden Straße, die auch Kirche und Schloss trennte, erklärt Garscha.

Der Chronist schildert mit Hilfe der Fotos, weshalb aus den Stockschen Werken, die 1935/36 als Spiralbohrerfabrik gebaut wurden, nie Bohrer kamen und dass das Rüstungsunternehmen nach 1945 nur Dank des Einsatzes der Bürger nicht gesprengt, sondern für die Landwirtschaft genutzt wurde, ehe es durch den Einsatz einer Bürgerinitiative wieder Sitz einer Fabrik, die Öfen baute, wurde.

Für die Güntersberger werden die Vergrößerungen von historischen Ansichtskarten von Interesse sein. Das letzte strohgedeckte Haus, die Badeanstalt am Bergsee oder auch das älteste Foto von 1898 sind zu sehen. Die älteren Einwohner werden sich vielleicht bei Bauarbeiten oder in den Fotos der Vereine und Kulturgruppen wieder erkennen.

"Für mich als ehemaligen Güntersberger war die Ausstellung eine hochinteressante Sache. Man merkt richtig, wie die Vergangenheit wieder auflebt", wird im Gästebuch der Ausstellung gelobt. Ein anderer Schreiber bedankt sich für die Möglichkeit, "so viele vertraute Personen aus der Vergangenheit wieder erkennen" zu können.

Die selten gewordene Form der Heimatliebe hat Garscha aus dem Egerland mitgebracht, von wo seine Familie 1945 vertrieben wurde. "Wir haben ein anderes Verhältnis zur Heimat", versucht Garscha zu erklären. Inzwischen hat der Ortschronist 1 000 Negativfilme registriert und kann so auf jedes Bild jederzeit wieder zurückgreifen. Das Hobby war eine Berufung aus Liebe zu Güntersberge, in die er seine Zeit und sein Geld gern investierte. "Die Stadt hat ja kein Geld", weiß er. Als Lehrer leitete er eine Arbeitsgemeinschaft "Junge Historiker". Auch heute hat er wieder eine kleine Gruppe junger Leute um sich, die sich mit der Stadtgeschichte beschäftigen. Schließlich braucht der Chronist einen Nachfolger. Garscha ist optimistisch.

Die Ausstellung ist bis zum 25. August am Dienstag, Donnerstag und Sonnabend von 10 bis 12 Uhr, am Sonntag von 10.30 bis 12 Uhr und am Mittwoch von 15 bis 17 Uhr zu sehen.