1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Köthen
  6. >
  7. Anhalt-Bitterfeld: Anhalt-Bitterfeld: «Aufgeben wird uns immer schwerer gemacht»

Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: «Aufgeben wird uns immer schwerer gemacht»

Von MATTHIAS BARTL 17.08.2010, 18:44

KÖTHEN/MZ. - Rainer Tögel hat gleich mehrfach telefoniert und dann Dienstag auch Kontakt bekommen. Tögel, als Projektentwickler der Firma Nordmethan führend an dem Plan beteiligt, im Köthener Gewerbegebiet Ost eine Biomethanraffinerie zu errichten, hat mit Dr. Erhard Tschirner geredet. Der Umweltberater ist als Bewohner von Melwitz II zum einen als Privatperson betroffen von dem Bauvorhaben, zum anderen hat er sich als Fachmann mit an die Spitze der Bewegung gegen die Anlage gestellt. Und er wird am Donnerstag, dem 19. August, im Hörsaal des Technologiezentrums Köthen mit einiger Sicherheit die hauptsächliche Informationsarbeit übernehmen, wenn dort über die Biogasanlage aufgeklärt werden soll.

Um Einladung gebeten

Und auch Tögel wird, so die Absprache am Dienstag, als Projektentwickler über die geplante Raffinerie informieren. "Wer sonst", findet er, "sollte wohl sonst genaue Auskünfte zu dem Projekt geben können, wenn nicht jemand von Nordmethan?" Das sei aber nur möglich, wenn jemand aus dem Unternehmen an der Veranstaltung teilnehme. Um diesem Umstand Abhilfe zu schaffen, hatte Tögel einen Brief an Tschirner geschrieben und per Fax auf die Reise geschickt. Inhalt, auf zwei Sätze gebracht: "Da bei allen unseren Projekten die Akzeptanz der Bevölkerung ein wichtiges Entscheidungskriterium bei der Auswahl des Stadtortes ist, möchte ich Sie bitten, uns an Ihrer Veranstaltung am Donnerstag teilnehmen zu lassen. Ich würde mich gern den Bedenken der Köthener Bürger in einer fairen Diskussion stellen und die Gelegenheit nutzen, die jeweiligen Positionen auszutauschen."

Das lässt auch erkennen, dass sich das Unternehmen noch nicht von dem Plan getrennt hat, in Köthen eine Biogasanlage zu errichten. Genau dies hatte man aber in der Stadt gehofft, nachdem es vor einigen Tagen zu einem Gespräch zwischen OB Kurt-Jürgen Zander und den beiden verantwortlichen sachsen-anhaltischen Nordmethan-Vertretern Tögel und Dirk Tempke gekommen war. Beide hatten anschließend am Hauptsitz der Firma im niedersächsischen Vechta die Problemlage vorgetragen. "Wir haben abgewogen, wie wir uns weiter verhalten", informiert Rainer Tögel, "ob wir das Vorhaben weiter verfolgen sollen oder nicht." Dabei müsse man inzwischen das Vorhaben unter zwei Aspekten betrachten. "Erstens geht es natürlich um die Anlage in Köthen. Dazu muss ich sagen, dass wir nicht mit dem Grundstück, das uns angeboten wurde, verheiratet sind. Wir könnten uns also durchaus auch vorstellen, auf ein anderes Grundstück, an einen anderen Ort zu gehen."

"Übers Ziel hinausgeschossen"

Es gebe aber noch einen zweiten, "übergeordneten Aspekt", der faktisch den sang- und klanglosen Rückzug des Unternehmens aus dem Vorhaben in Köthen verhindert. "Es sind massive Vorwürfe erhoben worden, die nicht nur uns treffen, sondern die ganz Biogasbranche", sagt Rainer Tögel. Durch den Vergleich mit Seveso oder Duisburg, den Dr. Tschirner in seinem Schreiben gezogen habe, "bekommt die Angelegenheit ein ganz anderes Gewicht". Man sehe sich in eine Ecke gestellt, "in die wir nicht gehören". Da sei "der eine oder andere" übers Ziel hinausgeschossen, findet Tögel. Nordmethan sei ein mittelständisches Unternehmen, das nichts mit Gewalt durchsetzen wolle, "wir wollen aber schon unseren Standpunkt und unsere Vorgehensweise klarstellen". Das Projekt, so unterstreicht Tögel, ist nicht aufgegeben und setzt hinzu: "das Aufgeben wird uns immer schwerer gemacht." Wenn man jetzt den Plan fallen lasse, "heißt es: Da ist wohl doch was dran gewesen an den Vorwürfen."

Um das zu entkräften, will Tögel "ordentlich informieren". Was er nun am 19. August um 19 Uhr im Hörsaal des Technologiezentrums am Hubertus tun kann. Ob man möglicherweise noch eine eigene Info-Veranstaltung durchführen wird, bleibt offen. In Glöthe bei Staßfurt, dem anderen derzeitigen Planungsstandort von Nordmethan, hat man so eine Veranstaltung bereits über die Bühne gebracht. Die Stimmung auf der Veranstaltung war, so konnte man es der "Volksstimme" entnehmen besorgt bis aufgeheizt. Und die Einladung zu einem Besuch der Anlage in Könnern, die Tögel und Prokurist Dirk Tempke unmittelbar nach der Veranstaltung aussprachen, war lange Zeit einer der am schlechtesten gebuchten Ausflüge: Vor zehn Tagen hatten sich erst vier, fünf Leute dafür interessiert, die Biogasanlage selbst in Augenschein zu nehmen. Inzwischen, freut sich Tögel, hat sich das Interesse verstärkt: "Jetzt sind es 25 Leute, die auf die Anlage kommen." Man darf gespannt sein, wie viele es irgendwann aus Köthen sein werden.