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Carl Marx Carl Marx: In den Farben des Sommers

Von Fred Reinke 14.09.2001, 14:23

Dessau/MZ. - "Er war ein Lebenskünstler in des Wortes besterBedeutung, er liebte das Leben und genosses mit allen Sinnen, aber zugleich war erein Asket, innerlich unabhängig von Besitz",sagt der Potsdamer Kunstwissenschaftler AndreasHüneke, ein Kenner des Werkes. Er eröffneteden Reigen der Erinnerungen an Carl Marx undsein Schaffen, die das überlieferte und vielfachim Gedächtnis bewahrte Bild des eigenwilligenund kauzigen Malers bestätigten: Carl Marx,der sonnengebräunt auf seinem klapprigen Fahrraddurch Dessau fährt, Carl Marx als ständigerGast in der Badeanstalt "Blaue Adria", CarlMarx, der sich in seinem Haus auf dem Knarrbergverschanzt und ungebetene Gäste vor der Türstehen lässt.

Der Versuch, sich dem freundlichen und liebenswürdigenMaler zu nähern, der zugleich aber auch grantigund barsch sein konnte, war bestimmt von persönlichenBegegnungen, auf die fast alle Referentenzurückblicken konnten und auf die zahlreichhinterlassenen Briefe des Künstlers, die Aufschlussgeben über sein malerisches und zeichnerischesWerk, das unangefochten von jahrzehntelangerIgnoranz und und allen Anfeindungen zum Trotzentstanden ist und von einem unbesiegbarenOptimismus getragen wurde: So lange früh dieSonne aufgeht, so lange werden Bilder gemalt".

Der Schüler von Josef Albers, Mies van derRohe und Wassili Kandinsky, der 1985 in einerim Kölner DuMont Verlag erschienenen Publikationüber das Bauhaus als "Chagall der DDR" bezeichnetwurde, konnte erst in in den letzten Lebensjahrzehntendie Anerkennung genießen, die ihm vordem verwehrtworden war. Mit einer Personalausstellung1971 in der halleschen Moritzburg rückte seinesinnenfreudige Bildwelt erstmals ins Blickfeldder Öffentlichkeit, nachdem er in der unsäglichenFormalismusdebatte beschimpft und diffamiertworden war. Daran erinnerte der hallescheKunstwissenschaftler Wolfgang Hütt, der demMaler freundschaftlich verbunden war und mitihm einen umfangreichen Briefwechsel geführthat.

Hütt, der Marx einen "Maler des Sommers" nannte,erläuterte an Beispielen auch das Werk desKünstlers, jene von starken Farbkontrastenbestimmte Zauberwelt voll anmutiger Schönheit,in der Farben und Formen zum Träger des Heiterengeworden sind. Und er ging auch auf die Ironiedes Künstlers ein, der sich unbefangen undnaiv einfachster Dinge erfreuen konnte, derdas real Erlebte ins Märchenhafte umdichteteoder sich gänzlich von seiner maßlosen Phantasiebeflügeln ließ.

Mit dem etwas zu umfänglich geratenen Vortragvon Elisabeth Strahler aus Köln, die seitJahren am Werkverzeichnis von Carl Marx arbeitet,kam auch jenes leidige Thema des Nachlasseszur Sprache, das seit dem Tod des Künstlerssowohl die Bauhausstiftung, die Stadt Dessauwie auch Kunstwissenschaftler und Freundedes Malers gleichermaßen beschäftigt. Einungeklärter Streit um die tatsächlichen Erbenoder eine Erbengemeinschaft hat bis heuteverhindert, dass das wichtige Spätwerk mitetwa 200 Gemälden und zahllosen Zeichnungenbisher der Öffentlichkeit zugänglich gemachtwerden konnte.

Diese kaum noch verständliche Verweigerunghat Folgen: Frau Strahler ist vom Nachlassverwalterstrikt untersagt worden, weiter am Werksverzeichniszu arbeiten, so wie auch eine längst fälligeAusstellung in Dessau bislang unmöglich gemachtwurde, um das Lebenswerk von Carl Marx umfassendzu würdigen.

Vor diesem Hintergrund hat das von der Stadtunterstützte Symposium Zeichen gesetzt undMut gemacht: Es war der Auftakt dazu, denMaler Carl Marx und seinen Beitrag zur zeitgenössischenKunst vor dem Vergessen zu bewahren. Und eskann zudem als ein Beleg für die Aktivitätengelten, den durch die Erbengemeinschaft undden Nachlassverwalter zugefügten Schaden amAnsehen des Malers wenigstens zu begrenzen.

Kurzfassung