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Fan-Zwist bei RB Leipzig RB Leipzig: Ärger zwischen Fanverband und Fangruppen spaltet die Szene

Von Ullrich Kroemer und Martin Henkel 11.10.2016, 14:27

Leipzig - Rein sportlich ist RB Leipzig hervorragend in die neue Saison gestartet. Die größeren Kämpfe, so hat es den Anschein, trägt der Bundesliga-Neuling derzeit auf den Rängen aus. Nicht nur wegen der Anfeindungen gegnerischer Fans; auch intern gibt es in der Fanszene des Aufsteigers Differenzen. Zusätzlich zu den Meinungsverschiedenheiten zwischen aktiven Fans und Klub bezüglich der Stadionfrage und dem Verbot von Fanbannern im Bild der TV-Kameras gibt es auch unter den RB-Anhängern Zwist.

Das dokumentierte die aktive Fanszene am vergangenen Freitag mit ihrem geschlossenen Austritt aus dem Fanverband. Gleich vier Gruppierungen, die in der Kurve für Choreografien zuständig sind, das Meinungsbild prägen und etwa die Stadion-Initiative 60plus ins Leben gerufen haben, verließen den Fan-Dachverband.

Rasenballisten: „Sinnlose Agitation der Fanvertreter”

Die 2013 gegründete Organisation soll durch sechs gewählte Vertreter die Belange der Fans vor dem Verein darstellen; alle sechs Wochen finden Treffen zwischen Klubführung und Verband statt. Dass nicht alle mit der Arbeit der Fanvertreter einverstanden waren, zeigte sich bereits in den vergangenen Jahren, als wiederholt Repräsentanten von ihrem Amt zurücktraten. Eigentlich soll der Fanverband Kräfte bündeln, eine starke Stimme der Szene sein und die heterogene Ansammlung diverser Fanclubs einen – doch das Gegenteil ist derzeit der Fall.

In der Austritts-Erklärung der ultraaffinen Gruppe Red Aces ist von „starren und sinnfreien Strukturen”, „inhaltsfreien Veranstaltungen” und „überforderten Funktionären” die Rede. Auf MZ-Anfrage erklärte nun der ebenfalls ausgetretene Fanclub Rasenballisten weitere Hintergründe. Konkreter Anlass für den Austritt sei „die sinnlose Agitation der Fanvertreter” beim Thema Stadion-Initiative 60plus gewesen, teilen die Rasenballisten mit.

Fanvertreter Herfurth: „Wer wären wir denn?”

Bei einer Versammlung war darüber abgestimmt worden, ob dieser die Initiative der aktiven Fanszene zum Verbleib im Zentralstadion und gegen einen Neubau am Rande der Stadt unterstützt. Dass es dafür keine Mehrheit gab, stört die Rasenballisten laut eigener Angabe nicht. Wohl aber die Tonalität, mit der einige Fanvertreter argumentieren.

Thomas Herfurth vom Fanverband kann die Aufregung über das Thema ebenso wenig verstehen wie die Bannerdiskussion. Der Fanvertreter sagt der MZ: „Am Ende muss beim Verein die schwarze Null stehen. Wer wären wir, wenn wir es dem Verein verbieten würden, neue Weg zu gehen, um Einnahmen für sich zu erwirtschaften?”

Bratwurst-Debatten statt politische Themen

Bei vielen Fans wird das als Passivität und Einknicken gegenüber dem Verein bewertet. Capo Sebastian, dessen Stimme nicht nur wegen seiner Funktion als Vorsänger im Stadion Gewicht hat, sagt: „Die Fanvertreter tun sich schwer, Stellung zu beziehen, Entscheidungen zu treffen und dazu zu stehen.” Bei den stundenlangen Sitzungen komme „einfach nichts Produktives heraus”. Sebastian, der selbst Fanvertreter war, aber 2015 ausgetreten ist, sagt: „Der Verband könnte so stark auftreten, aber das wird nicht im Ansatz genutzt.”

Statt über vereins- und fanpolitische Themen werde über Belanglosigkeiten debattiert, monieren Rasenballisten & Co.: „Fragen wie ,was gibt es wo zu trinken?’ oder ,welche Bratwurst hat nicht gut geschmeckt?’ sind keine Themen, mit denen sich der Fanverband beschäftigen sollte, auch wenn er es ständig tut.” Bis auf die Wahl und Produktion einer Fanhymne, sagen die Kritiker, habe der Fanverband seit 2013 nicht viel bewegt.

Vorwurf: Fanverband übt Druck auf andere Fans aus

Laut den Rasenballisten habe der Fanverband zudem in jüngster Zeit immer wieder den Wunsch gehegt, Kontrolle über andere Fans auszuüben. „Dies mündete in Versuchen, sich Informationen zu beschaffen und Druck auf andere Fans auszuüben”, monieren die RB-Ultras. Mittlerweile ist das Tischtuch zwischen aktiven Fans und Fanverband so zerrissen, dass eine Zusammenarbeit nicht mehr möglich scheint.

In einer bei Twitter veröffentlichten Erklärung wies der Fanverband die Anschuldigungen zurück; auch die „absurderweise unterstellte Nähe zu Legida, Pegida & Co.”. Noch vertritt der Fanverband laut eigenen Angaben etwa 3000 der insgesamt etwa 8000 organisierten RB-Fans. Doch viele der engagierten Wortführer haben sich mittlerweile ebenso abgewandt wie beispielsweise der erste RB-Fanclub L.E. Bulls.

RB Leipzig will auf Wunsch vermitteln

Auch bei der Klubführung ist das Problem bereits seit längerem be- und erkannt. „Wir haben im Sinne unserer offenen und regelmäßigen Kommunikation als Verein natürlich auch selbst schon das Gespräch gesucht und werden das auch weiterhin tun”, sagt ein RB-Sprecher. „Wenn es gewünscht wird, werden wir auch vermittelnd tätig.” Bemühungen, die abtrünnigen Fangruppierungen wieder ins Boot zu holen, laufen.

Ob jedoch der Riss, der aktuell durch die Fanszene von RB Leipzig geht, noch zu kitten ist, ist höchst fraglich. Wenn, dann wohl nur durch eine personelle und strukturelle Auffrischung im Fanverband. Capo Sebastian sagt: „Der Fanverband muss sich grundsätzlich die Frage stellen, was er künftig erreichen will.” (mz)