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Beängstigender Abwärtstrend Hallescher FC: Auftritt gegen Würzburg war ein Offenbarungseid

Von Fabian Wölfling 16.12.2019, 08:03
Die Körpersprache sagt alles: Toni Lindenhahn und Bentley Baxter Bahn stecken mit dem HFC tief in einer Krise.
Die Körpersprache sagt alles: Toni Lindenhahn und Bentley Baxter Bahn stecken mit dem HFC tief in einer Krise. www.imago-images.de

Halle (Saale) - In den letzten Momenten dieses finsteren Fußballnachmittags gab sich Torsten Ziegner fürsorglich. Die Spielanalyse auf dem Pressepodium stand an, der Trainer des Halleschen FC war gefragt, das 2:5 im Heimspiel gegen die Würzburger Kickers zu analysieren. „Ich denke, ich werde heute nur das Positive aufzählen“, sagte Ziegner, während der Boden durch die lautstarke Party-Mugge in der Gästekabine vibrierte. „Ganz einfach deshalb, weil wir noch morgen hier sitzen würden, wenn ich alles Negative aufzähle.“

Tatsächlich war es ein Auftritt, der aufseiten der Heimmannschaft kaum etwas mit wettbewerbsfähigen Drittligafußball zu tun hatte. Im Spiel nach vorn zeigte der HFC eine Ansammlung von unerzwungenen Fehlpässen und Missverständnissen.

Noch schlimmer war das, was den Begriff Defensivverhalten nicht verdient hatte. Fast schon mühelos konnte Würzburg, angeführt vom überragenden Doppeltorschützen Albion Vrenezi, den HFC in alle Einzelteile zerlegen.

HFC lässt seine Verteidiger im Stich

Die Kickers waren in den Zweikämpfen stets gedankenschneller und entschlossener. Dazu passte auch das Raumverhalten des HFC überhaupt nicht, immer wieder marschierten die Gäste ohne größere Gegenwehr 20 Meter über den Platz, nur um dann auf einen einzigen hilflosen Verteidiger in letzter Linie zu treffen. Da war keine Hilfe, kein kollektives Verteidigen zu sehen.

Bezeichnend schon das 0:1: Da störte erst Patrick Göbel Vrenezi nicht beim Flanken und Niklas Landgraf ließ dann auch noch Fabio Kaufmann an sich vorbeispritzen. Beim 0:2 stand Sebastian Schuppan nach einer Freistoßeingabe am Fünfmeterraum komplett allein, köpfte ein.

Auch bei den weiteren Gegentreffern durch Vrenezi und Patrick Sontheimer waren die HFC-Spieler kaum mehr als staunende Statisten. An der unterirdischen Leistung konnten auch die Treffer von Pascal Sohm und Bentley Baxter Bahn, jeweils nach Standardsituationen, nichts ändern.

Fünf Gegentore kassierte der HFC zuletzt 2012

Fünf Gegentore hatte der HFC erst einmal in seiner Drittliga-Historie kassiert. Im November 2012 in Saarbrücken. Für Heimpartien lieferte die Partie am Samstag einen neuen Tiefstwert. „Chancenlos“, sei sein Team gewesen, sagte Ziegner, nachdem er dann doch einige der vielen Schwächen benannt hatte. Und: „Heute hat nichts geklappt.“

Beängstigend: Der Abwärtsstrudel dreht sich immer schneller. Kaum zu glauben, dass das Team vom Samstag personell fast die gleiche war, die Ende August im Erdgas Sportpark noch Großaspach 4:0 demoliert hatte. Eine Zeit, in der es die größte Aufgabe schien, sich jede Woche neue kreative Torjubel auszudenken.

Nun steht eine deutlich schwierige Aufgabe an. Der Negativtrend muss gestoppt werden. Wie, darauf fehlen weiter die Antworten. Schließlich hatte Ziegner am Samstag ja versucht einen Impuls zu setzen. Mit neuer Taktik, Vierer- statt Dreierkette, und vier neuen Profis in der ersten Elf, darunter mit Göbel und Björn Jopek vermeintliche Führungsspielern.

Torsten Ziegners „gutes Gefühl“ trügt

Es half nichts. „Dabei hat die Mannschaft die Umstellungen in der Trainingswoche mit Enthusiasmus getragen“, sagte Ziegner. „Auch als ich die Jungs beim Warmlaufen gesehen habe, hatte ich ein total gutes Gefühl.“ Es war ein Trugschluss.

Zu müde ist der HFC in der Endphase 2019 in den Beinen, zu verunsichert im Kopf. Dazu auch zu abhängig von der Führungsqualität von Abwehrchef Sebastian Mai, der am Samstag gelbgesperrt fehlte. „Wir sind aktuell nicht in der Lage, Spiele zu gewinnen“, gestand Ziegner daher sogar ein. Es kam einer Bankrott-Erklärung gleich. Seine Sehnsucht: „Wir brauchen jetzt unbedingt die Winterpause.“ Was die große Ratlosigkeit des Trainers offenbarte.

Und die so sehnsüchtig erwartete Pause folgt erst nach dem Spiel gegen den formstarken KFC Uerdingen am kommenden Sonntag. Es droht die dritte Niederlage in Folge. Was es unter Ziegner in Halle noch nie gab. Der versuchte es daher am Samstag noch mit einer Streicheleinheit für sein Team. „Sie haben sich auch nicht nach dem 0:3 aufgegeben, sind immer weitergerannt, das war schön zu sehen.“ Es war das einzig Positive an diesem Nachmittag. Und tatsächlich ziemlich schnell aufgezählt. (mz)