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MZ-Wirtschaftsnewsletter vom 21. März 2024 Streiks ohne Ende: Der Staat als unerschöpfliche Melkkuh

Weitere Themen: Volksbank-Chef wird IHK-Präsident / Wie sauber ist Sachsen-Anhalt / Karls Erdbeerhof eröffnet / Spedition kauft zu

Aktualisiert: 21.03.2024, 10:08
Drei Warnstreiks im Nahverkehr hatte es innerhalb der aktuiellen Verhandlungen in den vergangenen Wochen bereits gegeben. Nun hat Verdi die ÖPNV-Mitarbeiter in Magdeburg, Halle, Dessau und im Burgenlandkreis zu einem viertägigen Streik aufgerufen.
Drei Warnstreiks im Nahverkehr hatte es innerhalb der aktuiellen Verhandlungen in den vergangenen Wochen bereits gegeben. Nun hat Verdi die ÖPNV-Mitarbeiter in Magdeburg, Halle, Dessau und im Burgenlandkreis zu einem viertägigen Streik aufgerufen. Foto: Hendrik Schmidt/dpa

jetzt streikt mal wieder Verdi im Nahverkehr. Ab Donnerstag soll es in einigen Großstädten Sachsen-Anhalts einen 96-Stunden-Ausstand geben. Betroffen sind vor allem Berufstätige, die öffentliche Verkehrsmittel nutzen, sowie viele ältere Menschen, die gar kein Auto mehr haben. Ab Freitag wird dann auch in Sachsen gestreikt. Der Leipziger Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD), der gewiss kein Gegner der Gewerkschaften ist, sieht in seiner Stadt aktuell noch ein ganz anderes Problem: „Dieser Arbeitskampf beschädigt die Leipziger Messe und die gesamte Stadt. Zur Buchmesse empfangen wir in Leipzig hunderttausende Gäste, auf deren Rücken jetzt dieser Tarifkonflikt ausgetragen wird."

Glücklicherweise verhandeln aktuell wieder die Deutsche Bahn und die Gewerkschaft der Lokführer (GDL). Vor Ostern könnten sich beide Parteien vielleicht sogar einigen, nachdem es in den vergangenen Wochen mehrfach mehrtägige Streiks gegeben hatte. Sollte es wieder nicht klappen, werden sicher die politischen Rufe nach Einschränkung des Streikrechts wieder lauter. Dabei sollten Politiker aller Parteien erst einmal genau hinschauen, wo so massiv gestreikt wird: Es handelte sich zuletzt fast ausnahmslos um den Öffentlichen Dienst oder Unternehmen mit Staatsbeteiligung.

Beispiel Flughafen Leipzig/Halle: Nach massiven Streiks in den vergangenen Wochen haben sich Verdi und die Flughafenführung Ende vergangener Woche darauf geeinigt, dass die Löhne bis Mitte 2025 um 500 Euro pro Monat steigen. In unteren Lohngruppen bedeutet das ein Lohnplus von buis zu 19 Prozent. Dabei steckt der Airport nach der Corona-Pandemie in massiven wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Airlines haben Verbindungen gestrichen, die Passagierzahlen haben sich noch nicht erholt. Daher haben kreditgebende Banken auch ein Sanierungsgutachten erstellen lassen, das entschiedene Kostenkontrolle verlangt. Der Lohnabschluss ist das Gegenteil davon. Möglich ist das allein deswegen, weil der Flughafen als größte Anteilseigner die Länder Sachsen und Sachsen-Anhalt besitzt. Sie springen finanziell ein, wenn es eng wird.

Beispiel Lufthansa: Die deutsche Airline ist zwar nicht mehr im Staatsbesitz, doch über die Vergabe von Landerechten wird sie dennoch staatlich geschützt. Könnten die Airlines aus den Golfstaaten hierzulande starten und landen, wie sie wollten, stünde die Lufthansa noch unter viel höherem Wettbewerbsdruck. Die Gewerkschaften müssten dann viel stärker überlegen, wie weit sie ihr Streikrecht nutzen.

Es gibt zwei weitere Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit: Streiks bei Lehrern, Streiks bei Erziehern. Die Tarifautonomie funktioniert in Deutschland in der freien Wirtschaft gut, weil Arbeitgeber und Gewerkschaften immer die Realitäten (einerseits Fachkräftemangel, andererseits Wirtschaftslage) im Blick haben müssen. Im öffentlichen Sektor spielt das aber immer weniger eine Rolle: Der Staat – und damit am Ende der Steuerzahler – wird eher als unerschöpfliche Melkkuh gesehen.

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Bis nächste Woche. Herzlich, Steffen Höhne

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