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MZ-Wirtschaftsnewsletter vom 11. April 2024 Pleitewelle bei Startups: Es trifft auch eine Vorzeige-Gründerin

Weitere Themen: Hightech-Fabrik in Wittenberg / Outlet mit Besucherplus / Grüne Chemiefabrik in Zeitz / Kritik an Erdbeerdorf in Döbeln

Aktualisiert: 11.04.2024, 10:08
MZ-Wirtschaftsnewsletter Startups
MZ-Wirtschaftsnewsletter Startups Foto: Sterdler, dpa

in der mitteldeutschen Start-up-Szene ist sie bisher eine der Vorzeigefrauen gewesen: „Jenny Müller, die ihren festen Job hinwarf, um ein Start-up für haltbare Obstsalate zu gründen. Die im ersten Anlauf scheiterte und dann mit dem ,Lieblingswasser‘ durchstartete. Seit Dienstag ist bekannt: Ihre Frischemanufaktur in Beuna (Saalekreis) ist insolvent“, so beginnt der Text meiner Kollegin Lisa Garn über die Insolvenz eines namhaften Startups in der Region.

Immer wieder scheitern Start-ups. Bei den Gründungen, die auf eine neue Technologie oder ein neues Geschäftsmodell setzen, liegt es in der Natur der Sache, dass nicht alle Pläne aufgehen. Doch die aktuelle Insolvenzwelle bei den Start-ups geht darüber weit hinaus. Im vergangenen Jahr sind in Deutschland so viele Start-ups pleite gegangen wie nie zuvor. Insgesamt 308 Jungfirmen meldeten Insolvenz an, teilte der Datendienst Startupdetector der MZ am Mittwoch mit. Das waren 66 Prozent mehr als 2022.

So hat Frischemanufaktur deutschlandweit Getränke in Geschmacksrichtungen wie „Wasser, Zitrone, Thymian“ oder „Brombeere, Zitronengras“ angeboten. Noch im Sommer 2023 wollte das Start-up 150.000 Flaschen pro Monat produzieren. Zu den Gründen des Scheiterns sagt Insolvenzverwalter Christian Heintze, dass eine „letzte Finanzierungsrunde geplatzt“ sei. Die Suche nach einem Investor blieb erfolglos.

Jenny Müller, Gründerin des Lebensmittel-Start-ups Frischemanufaktur.
Jenny Müller, Gründerin des Lebensmittel-Start-ups Frischemanufaktur.
Foto: Andreas Stedtler

Ähnlich erging es zuletzt dem halleschen Start-up Twinner. Das sammelte 2021 noch rund 40 Millionen Euro bei Investoren ein, um mit Fahrzeug-Scannern digitale Kopien von Autos zu erstellen. Damit sollte vor allem der Online-Gebrauchtwagenhandel revolutioniert werden. Dem Unternehmen, das Verluste schrieb, gelang es jedoch nicht, neue Finanziers zu finden. Der hallesche Insolvenzverwalter Lucas Flöther hat im März den Geschäftsbetrieb eingestellt. „Die Gründer haben meist nur wenig Eigenkapital“, sagt Flöther generell zu den Problemen von Start-ups. Sie seien noch stärker als andere Unternehmen auf Investoren und Bankkredite angewiesen.

Doch der Geldfluss trocknet aus. Laut einer Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY sammelten die Jungunternehmen in Deutschland 2023 rund sechs Milliarden ein. Das waren 39 Prozent weniger als 2022. Gegenüber dem Rekordjahr 2021 liegt der Einbruch sogar bei 65 Prozent. Das ist mehr als eine Abkühlung des Marktes, das ist eine handfeste Krise. Start-ups, die aktuell Verluste schreiben und kein überzeugendes Geschäftskonzept haben, bekommen kaum noch Geld von Investoren.

Doch nicht nur eine schlechte Wirtschaftsentwicklung und hohe Zinsen führen dazu, dass Kapital fehlt. Denn im Vergleich zu den USA und anderen Industrienationen gibt es hierzulande entscheidende regulatorische Hemmnisse. So dürfen deutsche Versicherungen wie die Allianz zwar weltweit ihr Geld anlegen, sich an chinesischen Banken beteiligen, aber in wachstumsstarke Technologie-Unternehmen in Halle, Magdeburg oder Leipzig dürfen sie aus Risikogründen kein Geld stecken.

Die Loblieder auf Gründer oder Reden über eine „Kultur des Scheiterns“ können sich Spitzenpolitiker sparen. Köpfe mit klugen Ideen und Forschungsinstitute gibt es hierzulande ausreichend. Entscheidend ist: Das vorhandene Kapital muss bei Start-ups stärker ankommen.

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Bis nächste Woche, herzlich, Steffen Höhne

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