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MZ-Wirtschaftsnewsletter vom 5. Juni 2025 Entsorgungschaos: Deutschland zu teuer für Altkleider

Weiter Themen: Solarfirma insolvent / Gaskraftwerk in Schkopau / Chipfabrik wird erweitert / Amazon investiert in Brandenburg / Thärichen geht / Tschechen übernehmen

Aktualisiert: 05.06.2025, 10:30
Newsletter Altkleider
Newsletter Altkleider dpa

Secondhand ist beliebt. Vor allem diejenigen, die kleinere Kinder haben, dürfte aufgefallen sein, dass viele Eltern beispielsweise Jacken, Schulranzen und Spielzeug über Online-Plattformen wie Ebay, Kleinanzeigen oder Momox verkaufen. In den größeren Städten etablieren sich wie in den 90er Jahren wieder Zweite-Hand-Läden.

Das traurige Gegenteil dieser Entwicklung ist aktuell vielerorts an den Altkleidercontainern zu beobachten. Tüten mit Hosen, Jacken und Schuhe stapeln sich in den Sammelbehältern. Sind diese voll, so werden nun auch immer öfter die ausrangierten Kleidungsstücke einfach neben den Containern gelegt. Dazwischen liegt noch Müll, der in der Sammlung eigentlich gar nichts zu suchen hat. In einigen Städten wurden die Altkleidercontainer auch ganz abmontiert. So beschreibt mein Kollege Sebastian Meyer die Lage, der das Thema recherchiert hat.

Immer mehr Altkleidercontainer in Sachsen-Anhalt sind überfüllt oder werden mit Müll belagert.
Immer mehr Altkleidercontainer in Sachsen-Anhalt sind überfüllt oder werden mit Müll belagert.
Foto: Antje Sterl

Beispiel Wernigerode im Harz: Dort hat das Deutsche Rote Kreuz (DRK) mehr als die Hälfte seiner Sammelbehälter abgemeldet. Der Grund: An der Sammelstelle des DRK am Verbandssitz seien die Lagerkapazitäten „vollends erschöpft“, berichtet eine Sprecherin des Kreisverbandes.

Für die Entwicklung gibt es mehrere Gründe: Erstens kommt durch den neuen Fast-Fashion-Boom (Shein, Temu) mehr Kleidung von niedriger Qualität sehr billig auf den Markt. Diese Kleidungsstücke halten in der Regel nicht sehr lange, wodurch die Menge an Textilabfällen stark zugenommen hat. Doch für eine Verwertung taugen diese Textilien nicht. Sie müssen aufwändig aussortiert werden.

Zweitens, immer mehr Menschen werfen auch ihren Müll in die Container. Die Anbieter berichten von einer Quote von 15 Prozent. Auch dadurch steigt der Sortieraufwand.

Ein dritter Grund, und dieser scheint mir entscheidend, in Deutschland gibt es kaum noch Sortierzentren. „In Deutschland wird mittlerweile so gut wie gar nichts mehr sortiert“, berichtet Martina Forbrig von Contec. Das Unternehmen hat etwa 1.800 Altkleidercontainer in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Stattdessen müsse man sich nun nach Destinationen in Osteuropa umschauen, was dann mit höheren Transportkosten verbunden ist.

Einer der größten Betriebe in Ostdeutschland, das Sortierwerk von Textilrecyclingunternehmen Soex in Bitterfeld-Wolfen, wurde Ende letzten Jahres geschlossen. Betroffen waren 230 Mitarbeiter. Vor einigen Jahren arbeiteten an dem Standort noch 500 Mitarbeiter. Sie waren dafür verantwortlich, die Wäsche zu sortieren und zu reinigen. Man muss kein Ökonom sein, um zu verstehen, dass durch den steigenden Mindestlohn sich diese einfachen Tätigkeiten jetzt nicht mehr rechnen.

In Deutschland ist aktuell in vielen Branchen die Rede von einem umfassenden Recycling von Gütern, um Ressourcen zu schonen. Doch wirtschaftliche Konzepte dafür gibt es häufig nicht. Denn Recycling ist in der Regel mit viel manueller Arbeit oder mit hohem Energieverbrauch verbunden. Beides ist hierzulande teuer. Und so kommt es auch zur Altkleiderkrise.

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Bis kommende Woche,herzlich Steffen Höhne

Weitere wichtige Wirschaftsthemen aus Mitteldeutschland der Woche:

Europas größtes Solarwerk insolvent

Die angestrebte Sanierung von Meyer Burger ist gescheitert. Europas größte Zellenfabrik in Bitterfeld-Wolfen meldet Insolvenz an. Wird noch ein Käufer gefunden?

Meyer Burger hat Hochleistungsmodule entwickelt, die sich aber nicht gegen billge chinesische Module durchsetzen konnten.
Meyer Burger hat Hochleistungsmodule entwickelt, die sich aber nicht gegen billge chinesische Module durchsetzen konnten.
Foto: IMAGO/Sylvio Dittrich

Großes Gaskraftwerk in Schkopau?

Der Kohlemeiler in Schkopau ist Sachsen-Anhalts größtes Kraftwerk. Doch 2034 soll es vom Netz gehen. Der Betreiber Saale Energie hat mittlerweile konkrete Baupläne für einen Ersatz. Doch für die Umsetzung stellt er Bedingungen. (MZ)

Wird das Braunkohlekraftwerk Schkopau durch ein Gaskraftwerk nersetzt?
Wird das Braunkohlekraftwerk Schkopau durch ein Gaskraftwerk nersetzt?
Jan Woitas/dpa

Chipfabrik wird erweitert

Der Chiphersteller Globalfoundries kann mit einem milliardenschweren Investitionsprojekt an seinem Standort in Dresden starten. Für 1,1 Milliarden Euro sollen neue Maschinen gekauft werden. (MZ)

Amazon investiert Milliarden

Der Mutterkonzern des Cloud-Anbieters AWS errichtet in der Nähe von Berlin ein Cloud-Zentrum für Europa. Fast acht Milliarden Euro sollen in das Projekt fließen. (HB)

Thärichen verlässt Konsum

Der Leipziger Konsumchef Dirk Thärichen geht überraschend von Bord. Mit neuem Ladenkonzept hat er das Unternehmen erfolgreich gemacht. (MZ)

Dirk Thärichen führte seit 2014 den Konsum Leipzig
Dirk Thärichen führte seit 2014 den Konsum Leipzig
Foto: ZB

Tschechen übernehmen

Das Braunkohlekraftwerk Lippendorf wechselt zur Hälfte den Besitzer. Der Energiekonzern EnBW hat seinen Block verkauft. Das Kraftwerk ist nun komplett in der Hand von Tschechen. (LVZ)

Weniger Bauvorschriften

Solarmodule, Sendemasten, kleine Windräder: Sachsen-Anhalts Infrastrukturministerin Lydia Hüskens (FDP) plant zahlreiche Regellockerungen für Bauprojekte. Sie sollen nicht nur Bürger und Verwaltungen entlasten, sondern auch Geld sparen. (MZ)

Dünger aus Klärschlamm

Bisher musste Europa Phosphor für Düngemittel fast vollständig aus Nicht-EU-Ländern importieren, 2024 für knapp drei Milliarden Euro. Das soll sich ändern, eine Anlage in Schkopau soll dabei helfen. (MZ)

Letzter Intel-Mann weg

Eigentlich sollten jetzt die Laster auf der Intel-Baustelle in Magdeburg rollen. Aber die Baupläne für die neue Chipfabrik liegen auf Eis. Nun verlässt auch noch der wichtige Vertriebschef, der das Magdeburger Projekt vorangetrieben hat, den Konzern. Die Landesregierung erklärt, warum sie dennoch nicht aufgibt. (VS)

Dresdner Airport unter Druck

Sachsen-Anhalt verliert Geduld mit Verlust-Airport in Dresden: Der Flughafen in Sachsens Hauptstadt schreibt Verluste, auch die Steuerzahler in Sachsen-Anhalt finanzieren das mit. Etliche Politiker wollen das beenden. (MZ)

Quälerei von Ferkeln

Tierschützer haben illegale Nottötungen von Ferkeln verdeckt gefilmt. Die Bilder stammen aus einem Zuchtbetrieb bei Sangerhausen in Sachsen-Anhalt. Nun will der Landkreis tätig werden. (VS)