1. MZ.de
  2. >
  3. Newsletter
  4. >
  5. Wirtschaft
  6. >
  7. MZ-Wirtschaftsnewsletter vom 22. Dezember 2022: Baustart wackelt: Warum es bei der Intel-Ansiedlung in Magdeburg hakt

MZ-Wirtschaftsnewsletter vom 22. Dezember 2022 Baustart wackelt: Warum es bei der Intel-Ansiedlung in Magdeburg hakt

Weitere Themen: Sachsen-Anhalts Wirtschaft wächst noch / Die Top 100 der Unternehmen / Verzweifelte Suche nach Pflegeplatz

22.12.2022, 10:00
MZ-Wirtschaftsnewsletter
MZ-Wirtschaftsnewsletter Foto: Andreas Stedtler

die Ansiedlung des Chip-Herstellers Intel in Magdeburg war quasi eine geheime Kommandoaktion gewesen. Über Monate verhandelten die Landesregierung und die Stadtverwaltung mit dem US-Konzern, ohne dass ein Sterbenswort nach außen drang. In Bayern wurde über eine mögliche Ansiedlung bereits im Sommer 2021 öffentlich diskutiert, in der Gemeinde Penzing formierte sich aber auch Widerstand dagegen. Die stille und konzentrierte Arbeit in Sachsen-Anhalt war womöglich ein wesentlicher Faktor, warum sich der Halbleiter-Hersteller schließlich für Magdeburg entschied.

Die Landeshauptstadt selbst sah sich zunächst selbst als Außenseiter, umso größer war die Freude, als Intel-Chef Pat Gelsinger im März 2022 die 17-Milliarden-Euro-Investition verkündete. Intel ist nicht nur die größte Einzelinvestition in der Geschichte Sachsen-Anhalts, die Chipfabriken werden auch ein wirtschaftlicher Leuchtturm, der auf ganz Ostdeutschland ausstrahlt.

Doch wie es ausschaut, kommt zumindest die Staatskanzlei Sachsen-Anhalt – die das Projekt federführend steuert – aus ihrem Geheimmodus nicht raus. Mitte November besuchte Gelsinger Magdeburg, doch gesprochen wurde nur hinter verschlossenen Türen. Einen Pressetermin gab es nicht. Auch deswegen schlägt jetzt die Nachricht, dass Intel den Baustart voraussichtlich verschiebt, hohen Wellen.

Ursprünglich sollten bereits im ersten Halbjahr 2023 die Bagger rollen, damit das Werk 2027 seine Arbeit aufnehmen kann. Doch auf diesen Termin will sich das Unternehmen nun nicht mehr festlegen. „Es hat sich vieles verändert, seit wir unsere Pläne für den Bau eines neuen Halbleiterfabrikstandorts in Deutschland bekanntgegeben haben: Die Herausforderungen auf geopolitischer Ebene sind gewachsen, die Nachfrage nach Halbleitern ist gesunken und der Druck durch Inflation fordert die Weltwirtschaft heraus“, sagte Intel-Sprecher Benjamin Barteder, der MZ. Was das konkret bedeutet, lässt das Unternehmen aber offen und damit viel Raum für Spekulationen.

Klar ist: Die EU hat der Freigabe von Fördermitteln in Höhe von 6,8 Milliarden Euro noch nicht zugestimmt. Zudem dürften sich die Baukosten für das Projekt von 17 auf rund 20 Milliarden Euro erhöht haben. Gut möglich, dass die Intel-Führung jetzt einfach Druck aufbauen will, um schnell und vielleicht auch mehr Fördermittel zu bekommen.

Es ist aber auch möglich, dass der US-Konzern, dessen Umsätze im dritten Quartal um ein Fünftel eingebrochen sind, jetzt erst einmal auf die Bremse tritt. Wie unsicher die Lage ist, wird daran deutlich, dass Landeswirtschaftsminister Sven Schulze (CDU) diese Aussage für nötig hält: „Im Übrigen gibt es seitens Intel keinerlei Aussagen darüber, dass das Projekt in irgendeiner Form gefährdet ist.“

Intel-Chef Pat Gelsinger (links) und Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff standen Mitte November vor dem Magdeburg Dom.
Intel-Chef Pat Gelsinger (links) und Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff standen Mitte November vor dem Magdeburg Dom.
Foto: Peter Gercke/dpa-Zentralbild/dpa

Die Gefahr, dass Intel abspringt, ist zumindest gering, solange Gelsinger Intel-Chef ist. Der Konzern erwartet, dass sich der Chipmarkt bis 2030 verdoppelt. Wegen der Handelskonflikte zwischen den USA, China und der EU will Gelsinger dem Konzern unbedingt ein starkes Standbein in Europa verschaffen. Die EU will ihrerseits ihre Abhängigkeit von Chip-Produzenten in Asien vermindern. Daher soll Intel auch bis zu 40 Prozent der Investition gefördert bekommen.

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) macht hinter den Kulissen gewaltig Druck bei Bundesregierung und EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen. Haseloff will die Bagger schnell rollen sehen, so dass es für alle Seiten kein Zurück mehr gibt.

Die Milliarden-Förderung, die der Bund zahlt, ist am Ende jedoch Steuergeld. Und da das so ist, hat die Öffentlichkeit einen Anspruch darauf zu erfahren, wie es um die Intel-Ansiedlung steht und was genau vereinbart wird. Eine Geheimakte Intel darf es jetzt nicht mehr geben.

Wenn Ihnen der Newsletter gefällt, empfehlen Sie ihn weiter. Haben Sie Kritik oder Anregungen, dann schreiben Sie mir: [email protected]

Ich wünsche Ihnen ein frohes Weihnachtsfest.
Bis nächste Woche, herzlich Steffen Höhne

Weitere Themen:

Sachsen-Anhalts Wirtschaft wächst noch

Die hohen Energiepreise drücken gewaltig auf die Stimmung der Unternehmer. Doch die Lage ist offenbar besser als die Stimmung. Im ersten Halbjahr ist die Wirtschaft des Landes preisbereinig um 4,5 Prozent gewachsen.

Raffinerie bleibt der Champion

Jedes Jahr veröffentlich die Nord/LB die Liste der 100 größten Unternehmen in Sachsen-Anhalt. Die Total-Raffinerie in Leuna bleibt auf Platz ein. Wer die Auf- und Absteiger sind.

Die 25 umsatzstärksten Unternehmen in Sachsen-Anhalt auf einen Blick.
Die 25 umsatzstärksten Unternehmen in Sachsen-Anhalt auf einen Blick.
Grafik: Tobias Büttner

Verzweifelte Suche nach Pflegeplatz

Wird ein Angehöriger plötzlich ein Pflegefall, beginnt für die Familien häufig eine endlose Suche nach einem Pflegeheim. Hilfe von Krankenkassen oder Behörden gibt es kaum.

Bergbaukonzern K+S verzichtet auf Energiehilfe

Der Betrieb der Salzbergwerke in Bernburg und Zielitz ist energieintensiv. K+S hat sich aber günstig Erdgas beschafft und benötigt daher keine Gaspreisbremse.

Keine Saisonkräfte bei Amazon

In den Versandzentren Magdeburg und Leipzig des Online-Versandhändlers Amazon herrscht vor Weihnachten Hochbetrieb. Personelle Unterstützung wie in den vergangenen Jahren gibt es in diesem Jahr nicht. Warum dennoch kein Unmut herrscht.

Im Leipziger Amazon-Versandcenter machen die Mitarbeiter nun viele Überstunden.
Im Leipziger Amazon-Versandcenter machen die Mitarbeiter nun viele Überstunden.
Foto: imago/Robert Michael

Wie Handwerk richtig Spaß macht

Nachwuchs ist im Handwerk knapp. Wie die Arbeit richtig Spaß machen kann, zeigt Konrad Knop aus Thale, der als Zimmerer einer der besten Nachwuchshandwerker Sachsen-Anhalts ist.