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0340 Newsletter Dessau 8. August #114 Gespenstische Ruhe: Wie es nach dem riesigen Waldbrand bei Jütrichau nun weiter geht

Wie Andreas Thauer 35 Jahre auf dem Lkw durchgehalten hat - Welchen Schock zwei Hauskäufer in Streetz erlebten

08.08.2025, 08:00
0340 Newsletter Dessau Steffen Brachert
0340 Newsletter Dessau Steffen Brachert Thomas Ruttke

es war der Stadtfest-Sonnabend, als Anfang Juli gegen 16 Uhr die Blicke gen Norden gingen und sich Fotos im Eiltempo über Whatsapp verbreiteten. Zwischen Jütrichau und Rodleben standen Wälder und Felder auf einer Gesamtfläche von 240 Hektar in Flammen. Die Löscharbeiten zogen sich bis Montag hin. Hunderte Feuerwehrleute waren im Einsatz. Bis an ihre Leistungsgrenze.

Vergangene Woche waren wir noch einmal vor Ort im Wald zwischen Jütrichau, Wertlau und Pakendorf. Eine Frage stand im Mittelpunkt: Wie sieht es dort aus? Und was passiert eigentlich nach einem Waldbrand?

Es sieht gespenstisch aus. Verkohlte Baumstämme so weit das Auge reicht. Der schwarze Waldboden ist inzwischen mit braunen Kiefernadeln und Blättern bedeckt. Holzpolter, die zur Abfahrt bereitstanden, sind nur noch zu erahnen. Von Hochsitzen sind nur Metallgerippe geblieben. Auch Knochen von verendeten Tieren erzählen davon, dass es hier einmal einen intakten Wald gab.

Insgesamt 49 Hektar Wald sind dem Waldbrand zum Opfer gefallen, dazu umliegende Felder. Für den Nedlitzer Betreuungsforstamtsleiter Detlef Radtke war es „der größte Waldbrand in 40 Jahren“. Eine Brandursache ist bislang nicht ausgemacht. Vielleicht wird es nie eine konkrete Antwort geben.

Nach dem Waldbrand bei Jütrichau: Die Forstleute Jakob Wittkamp und Leo Kulkowski (rote Jacke) bei einer Bestandsaufnahme.
Nach dem Waldbrand bei Jütrichau: Die Forstleute Jakob Wittkamp und Leo Kulkowski (rote Jacke) bei einer Bestandsaufnahme.
Foto: Thomas Ruttke

Die Forstleute hatten anfangs gehofft, dass vielleicht die Kiefern doch eine Überlebenschance haben, da kein Höhenfeuer durch die Baumwipfel gezogen war. Inzwischen haben auch sie fast durchweg braune Kronen. Die Hitze war zu massiv.

Insgesamt zwölf Waldbesitzer sind von dem Brand betroffen, neben Landeswald ist es zum größten Teil Privatwald. Die Besitzer sind gefunden. Denn da, wo Wald war, soll auch in Zukunft Wald wachsen. Mit gezielter Wiederaufforstung. Sonst würde es Jahrzehnte dauern, bis wieder Wald wächst.

Waldbesitzer sind laut Gesetz in der Pflicht zur Wiederaufforstung innerhalb von drei Jahren. Das war mir nicht so richtig klar und ist für die Betroffenen auch finanziell eine Herausforderung, vor allem, wenn Waldbesitzer nicht versichert waren. Flächen müssen auf jeden Fall beräumt werden, dann folgen Neupflanzungen, die mit Zäunen vor Verbiss geschützt werden müssen.

Wie hoch der finanzielle Schaden insgesamt ist, ist offen. Mit Blick auf eine aufgeforstete und nun verkohlte Fläche mit Roteichen erklären die Forstleute. „Hier sind 30.000 Euro pro Hektar tot.“ Es ist eine riesige Aufgabe, die da auf alle Beteiligten wartet. Es wird viele Jahre brauchen, bis man wieder einen Wald sieht. Wir bleibe dran. Viele Grüße, Steffen Brachert.

RÜCKBLICK

Dessau-Roßlauer der Woche

Eigentlich hatte sich Andreas Thauer schon zu DDR-Zeiten selbstständig machen wollen. Das scheiterte an den Fallstricken des Systems. Der Rat der Stadt erteilte keine Transpoterlaubnis ohne Besitz eines Lkw. Als Thauer dann ein ausrangiertes LPG-Fahrzeug kaufen und nachrüsten wollte, hieß es wiederum: Ohne Gewerbeerlaubnis kein Kaufvertrag. Als der alte W50 schließlich Thauer gehörte, war aber das „Spritkontingent“ für Stadt und Altkreis Roßlau erschöpft. Die Wende und die Marktwirtschaft beendeten das Hin und Her. Anfang 1990 schaffte er seinen ersten Transporter an. Die erste offizielle Tour der jungen Firma „Thauer Transporte“ führte nach Westberlin, wo Andreas Thauer eine Hobelbank für den Roßlauer Tischler Bodo Fricke holte.

Die Jahre des Aufbruchs beflügelten Wirtschaft und Logistik. Auch die Thauer-Autoflotte wuchs. In der Blütezeit fuhren bis zu 16 Laster unter dem markant blau-grauen Firmenlogo der Spedition. Die Finanzkrise 2008/09 erwischte Thauer Transporte hart. Aber es ging wieder weiter. Die Corona-Pandemie jedoch brachte die Firma an den Abgrund, denn danach fielen viele Großkunden weg. Darunter die Wellpappe Coswig, für die Thauer 28 Jahre gefahren war. Aktuell hat Thauer noch drei Laster und Leute. Inklusive des Chefs, der selbst noch fährt.

Andreas Thauer hat sich nicht unterkriegen lassen.
Andreas Thauer hat sich nicht unterkriegen lassen.
Foto: Thomas Ruttke

„Natürlich, was soll ich denn sonst machen“, weist der 65-Jährige den Gedanken vom Rentnerleben weit von sich. Neben dem Platz auf dem Bock hinterm Lenkrad hat Thauer noch zwei weitere Eisen im Feuer. Neben Thauer Transporte ist der Roßlauer Unternehmer in weiteren Branchen aktiv: Die Thauer Mietservice GmbH vermietet Fahrzeuge, Maschinen und Elektroartikel.

Mit Thauer Power Heat und einem Patent auf einen von ihm entwickelten Kraft-Wärmetauscher machte Andreas Thauer Ende 2023 auf sich aufmerksam. Angetrieben von der damals befürchteten Gaspreismangellage und explodierenden Energiepreisen für Heizungen entwickelte der Tüftler ein Thauer Power Heat-Bag, das in den Warmwasserkreislauf integriert werden kann.

MZ-Geschichten der Woche

+++Im Mai 2024 hat „Saperatec“ erst seine Firma in Dessau eröffnet. Zwei Mal in Folge wurde man mit dem „Deutschen Verpackungspreis“ ausgezeichnet. Warum die Recyclingfirma trotzdem in Schwierigkeiten ist und nun Insolvenz angemeldet hat, das hat MZ-Kollegin Heidi Thiemann erfragt.

Mit viel Prominenz war 2024 das Saperatec-Werk in Dessau eingeweiht worden.
Mit viel Prominenz war 2024 das Saperatec-Werk in Dessau eingeweiht worden.
Foto: Thomas Ruttke

+++Anne Vetter ist seit zehn Jahren in ihrem Traumberuf tätig. Was der Beruf für die Logopädin bedeutet und warum sie nun auch in Dessau-Kochstedt Patienten behandelt, das hat MZ-Kollegin Sylke Kaufhold erfahren.

+++Schultheiß und Ockertaler Mineralbrunnen Harz waren die ersten Lieferanten des „Sachsen-Anhaltinischen Getränkeanbieters“, besser bekannt unter Saga Dessau. 35 Jahre später hat man etwa 300 Millionen Flaschen bewegt. MZ-Kollegin Sylke Kaufhold hat mit Saga-Chef Tobias Gröger auf die Anfänge und die Herausforderungen bis heute zurückgeblickt.

+++Am Anfang stand ein Schock: Zwei Dessauer hatten ein Haus in Streetz gekauft - und waren nach der Schlüsselübergaben von tonnenweise Müll und Unrat überrascht worden. Für ihren Traum vom neuen Zuhause müssen Lydia und Christian Sauer nun ihren Ekel überwinden und Hinterlassenschaften der vorigen Mieter beseitigen. Warum sie auch das Jugendamt eingeschaltet haben und das erst einmal abwartete, das erzählten sie MZ-Kollegin Sylke Kaufhold.

AUSBLICK

Fest und Bühne

+++Seit Mittwoch wird die Anlage aufgebaut, am Freitag steigt das Event. Der Dessauer Marktplatz verwandelt sich in dieser Woche wieder in eine Sportarena: Das Internationale DVV Stadtwerke Stabhochsprungmeeting geht in seine fünfte Runde und bringt ab 17.30 Uhr Weltklasse-Athletinnen und Athleten direkt ins Herz der Stadt. Die Teilnehmerliste wird vom US-Amerikaner und Vorjahresdritten Matt Ludwig angeführt, der schon 5,90 Meter gesprungen ist.

+++Konzerte, Picknick, Ausstellungen, Führungen, Radtouren, Offene Kirchen, Denkmäler und mehr: Das Wochenende steht ganz im Zeichen des Geburtstags des Fürsten Franz, dem Gründer des Dessau-Wörlitzer Gartenreichs, das seit nunmehr 25 Jahren den Titel des Unesco Welterbes trägt. Gefeiert wird am Sonnabend, 9. August, mit dem Schwerpunkt im Dessauer Georgengarten und am Sonntag, 10. August, im Wörlitzer Park. Das komplette Programm gibt es hier.

+++Der Theatersommer auf der Roßlauer Wasserburg geht in das nächste Wochenende: Am Freitag, 8. August, 20 Uhr, und am Sonnabend, 9. August, 20 Uhr, ist „Hamlet“ wieder zu erleben. Am Sonnabend und Sonntag, jeweils 15 Uhr, gibt es auf der Streuobstwiese neben der Burg das Kindertheater „Das Traumbild vom Sonnenberg“ zu erleben. Das Wochenende klingt am Sonntag, 19 Uhr, mit einem Konzert mit Karl Neukauf aus.

+++Irisch wird es am Sonnabend, 9. August, im „Keller“ in der Zerbster Straße. Dort tritt ab 20.30 Uhr „Mr. Single Malt“ auf. Der Eintritt ist frei, der Einlass beginnt ab 20 Uhr.

+++Der „Noya Beachclub“ feiert am Sonnabend, 9. August, im Strandbad „Adria“ im Dessauer Osten das „Grand Opening“. Los geht es 20 Uhr. Als DJs sind DJ Samzz und DJ Ozire angekündigt. Der Eintritt kostet acht Euro. Die Party ist die erste Aktion vom neuen Adria-Pächter Manolo Braun.

Topf und Pfanne

+++Seit etwa zwei Wochen gibt es am Hagebaumarkt in Köthen einen neuen Imbiss. Die „Grillschmiede Anhalt“ um Johannes Tempel setzt neben den Imbiss-Klassikern wie Currywurst, Bratwurst und Pommes auf wechselnde Tagesgerichte wie Schnitzel mit Rahmpilzen und Pommes und Chili con Carne mit Brot und Schmand. Zubereitet werden die Gerichte von dem gelernten Koch Christoph Queitsch. Hinter dem Imbisswagen steckt die Eventschmiede Anhalt. Während der Imbiss sonst nur bei Events an Wochenenden ausgelastet war, kann er nun auch unter der Woche eingesetzt werden. Dabei setzt man auf Regionalität.

Der Imbiss vor dem Hagebaumarkt hat geöffnet und bietet mit seinen Tagesgerichten eine Abwechslung.
Der Imbiss vor dem Hagebaumarkt hat geöffnet und bietet mit seinen Tagesgerichten eine Abwechslung.
Foto: Livia Müller

Die Kartoffeln zum Beispiel kommen von Bauer Feuerborn, die Brötchen von Bäcker Rödel. Zwar läuft der Imbisswagen unabhängig von dem Baumarkt, aber es sei laut dem Inhaber Hempel eine „Win-Win“-Situation, also soll für beide Seiten Vorteile haben. „Die Handwerker essen und gehen dann einkaufen – und umgekehrt“, merkt er an.

+++Die Gäste des Café Hilde mussten am Dienstag auf Frühstück und selbst gemachten Kuchen verzichten. Das Café in der Zerbster Straße 30 hatte geschlossen. „Wir haben im Gastraum Arbeiten ausgeführt, die wir bei laufendem Betrieb nicht hätten machen können“, erklärt Restaurantleiterin Laura Böttcher. Gearbeitet wurde vor allem am Tresen, der ein neues Kühlaggregat erhalten hat. Außerdem wurden Sicherheitskameras eingebaut und auch einige kleine Verschönerungsarbeiten im Gastraum erledigt. Für eilige Gäste gibt es künftig eine neue „Kaffee-to-go“-Station.

EINBLICK

MZ- Social-Media-Post der Woche

+++Die „Biker zeigen Herz für Kinder“ hatten der Pestalozzischule für Lernbehinderte in Dessau erst zu einem ordentlichen Spielplatz verholfen, nun streichen sie in den Sommerferien die Sporthalle. Der Facebook-Post zum Artikel erreichte vergangenen Woche über 12.300 Personen. Auch dank 176 „Gefällt mir“.

Der Facebook-Post zu den Bikern mit Herz und ihrer besonderen Hilfsaktion.
Der Facebook-Post zu den Bikern mit Herz und ihrer besonderen Hilfsaktion.
Screenshot: Facebook/MZ

Meist geklickter Link der Woche

+++Zwei Mädchen im Alter von 12 und 14 wollten in den Ferien den Tierpark Dessau besuchen. Allein. Die Kassiererin wies beide ab. Das sorgte für Diskussionen. Die Hintergründe im MZ-Artikel interessierten 34.400 Leser. Das war der Wochen-Sieg.

QUERBLICK

+++Die Produktion von Steinzeug hat in Bad Schmiedeberg im Landkreis Wittenberg eine lange Tradition. In den vergangenen Jahrzehnten aber spezialisierte sich das Schmiedeberger Steinzeugwerk auf die Herstellung von Keramik-Rohren, die für Kanalisationssysteme benötigt werden. Im Gegensatz zu Plastik-Rohren ist Steinzeug nahezu unverwüstlich, hält häufig 100 Jahre und länger. Für den Umsatz ist diese Langlebigkeit nicht förderlich. Deshalb stellt sich das Unternehmen jetzt auch international breiter auf, berichtet der MDR.

MZ-FOTO DER WOCHE

Auch sie wurde in dieser Woche schon „wärmer“ angezogen: Eine Vogelscheuche auf einem Feld in Rodleben.
Auch sie wurde in dieser Woche schon „wärmer“ angezogen: Eine Vogelscheuche auf einem Feld in Rodleben.
Foto: Thomas Ruttke

Wer Hinweise oder Anregungen hat, her damit: [email protected]