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Terror in Berlin Terroranschlag in Berlin: Der Furcht die Stirn bieten

Von Anja Förtsch und Elisabeth Krafft 20.12.2016, 19:04
Ein Auto vom Ordnungsamt als beweglicher Poller
Ein Auto vom Ordnungsamt als beweglicher Poller Günter Bauer

Halle (Saale) - Über die Zufahrt Gustav-Anlauf-Straße zum halleschen Marktplatz ist am Dienstagnachmittag kein Durchkommen. Das liegt jedoch nicht an den Menschenmassen, sondern am Ordnungsamt, das seinen weißen Transporter quer auf der Straße geparkt hat. „Unsere Kollegen stehen an allen Zufahrten, niemand kommt hier mit seinem Auto durch“, sagt ein Mitarbeiter. Auch die Polizei hat ihre Präsenz merklich erhöht. Ab Mittwochmorgen sollen hier zudem mit Maschinenpistolen bewaffnete Einsatzkräfte patrouillieren.

Nach Terror-Anschlag auf Weihnachtsmarkt in Berlin: Überarbeitetes Sicherheitskonzept für Sachsen-Anhalt

Nach dem Terroranschlag auf einem Berliner Weihnachtsmarkt, bei dem am Montagabend mindestens zwölf Menschen getötet und 48 teils schwer verletzt wurden, haben Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Rainer Haseloff (CDU) und Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) am Dienstag reagiert und ein überarbeitetes Sicherheitskonzept für Sachsen-Anhalt vorgestellt.

Der Kern: mehr Polizisten und schwerere Bewaffnung. „Durch die ab sofort zusätzlich angeschobenen Maßnahmen soll nicht zuletzt auch dem Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung Rechnung getragen werden“, so Stahlknecht bei einer Pressekonferenz. Eine hundertprozentige Sicherheit könne es aber nie geben. „Sie können über Großveranstaltungen keinen Käfig bauen.“

Zwischen den Besuchern des halleschen Weihnachtsmarktes laufen am Dienstagnachmittag deshalb auch zahlreiche Polizisten Streife. Vom vorweihnachtlichen Getümmel der vergangenen Tage ist nicht mehr viel übrig geblieben. Nur ein paar hundert Besucher schlenderten an diesem Nachmittag über den Marktplatz.

Anschlag in Berlin: So reagieren Weihnachtsmarktbesucher in Halle auf den Terror

„Es ist auf jeden Fall weniger Andrang. Man merkt schon den Unterschied zwischen gestern und heute“, sagte auch Anne Skodda, 18, die am Stand einer Landfleischerei arbeitet. Selbst für einen Dienstagnachmittag sei merklich wenig Betrieb, die Stimmung gedrückt.

Auch Sabine Ullrich (56), die den Adventsmarkt am Nachmittag besuchte, zeigte sich von den Ereignissen in Berlin erschüttert: „Ich finde es ganz tragisch, was gestern passiert ist. Ganz schrecklich, gar keine Worte. Aber ohne jemanden zu finden, kann man nichts aburteilen.“ Ihrer Meinung nach dürfe man Hass nicht mit Hass begegnen. Ebenso wenig sollte man sich aber auch in seiner Freiheit einschränken lassen und auf Freizeitaktivitäten verzichten, sagte Ullrich.

Auch Mario Wittenberg (54), will sich vom Terror nicht beeinflussen lassen: „Ich lebe mein Leben weiter. Es tut mir leid um die Opfer, aber meinen Lebensstil zu ändern, oder einen anderen Lebensstil anzunehmen - das sehe ich nicht ein.“ Er habe zwar ein mulmiges Gefühl, nichtsdestotrotz wolle er seinen Alltag wie gewohnt weiter führen. Und dazu gehöre auch der Besuch des Weihnachtsmarktes.

Ministerpräsident Haseloff sieht nach der Todesfahrt in Berlin keine konkrete Gefährdung für Halle

Das mahnte auch Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) an: Man könne zwar derzeit nicht ausschließen, dass es Folgeanschläge oder Trittbrettfahrer gibt. Die Bürger sollten ihr gesellschaftliches Leben aber fortsetzen. „Unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung ist so, dass wir uns zu wehren wissen.“ Diesem Ziel folgt die Polizei auf dem halleschen Weihnachtsmarkt. „Der Erlass aus dem Innenministerium wird sofort umgesetzt“, sagte Polizeisprecher Ralf Karlstedt. „Wir sind ausgerüstet und können die Kollegen umgehend mit Maschinenpistolen ausstatten, um die Sicherheit zu gewährleisten.“ Ein Risiko für Halle sieht er aber nicht, es lägen keine „Anhaltspunkte für eine konkrete Gefährdung vor“. Um das Sicherheitsgefühl der Besucher zu stärken, werde die Polizei aber in begründeten Fällen auch Personen- und Fahrzeugkontrollen durchführen.

Zwei Streifenpolizisten haben an diesem Nachmittag keine Probleme über den Weihnachtsmarkt zu patrouillieren - während die Flaggen vor dem halleschen Bürgerbüro auf halbmast hängen, ist der Weihnachtsmarkt auch bis zur Dämmerung noch immer nur spärlich besucht. Ab dem nächsten Morgen werden sie von weiteren Kollegen unterstützt werden. Schwere Bewaffnung inklusive. (mz)