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Rasentraktor-Rennen Rasentraktor-Rennen in Amesdorf im Salzlandkreis: 2000 Zuschauer kommen an die Wipper

Von Detlef Anders 23.07.2018, 14:47
Imposanter Start bei der Deutschen Meisterschaft auf dem Acker bei Amesdorf.
Imposanter Start bei der Deutschen Meisterschaft auf dem Acker bei Amesdorf. Detlef Anders

Amesdorf - Rasante Drifts auf anfangs schmierig-feuchtem und später staubigem Boden, Dreckbatzen, die durch die Luft geschleudert werden, und dichte Staubwolken. Ohrenbetäubender Motorlärm auf der einen und Hüpfburgen für Kinder auf der anderen Seite.

Der 5. Wipper-Cup im Amesdorf ist ein beeindruckendes Event, das viele Zuschauer an den Rand des früheren Sportplatzes im Amesdorf lockt. Der kleine Ort an der Wipper ist am Samstag Austragungsort eines Rennens zur Deutschen Meisterschaft - der Deutschen Meisterschaft im Rasentraktor-Rennen.

„Das ist das Wacken für Amesdorf”

„Das ist das Wacken für Amesdorf! Im wahrsten Sinne des Wortes.“ Kerstin Büchtemann und ihr Mann Henry wohnen in dem kleinen Ort und sind somit Stammgäste des Events, das sie gern mit dem Rockmusik-Festival in Wacken, einem 1.800-Einwohner-Dorf in Schleswig Holstein, vergleichen, das einst auch ganz klein begann.

Doch ganz so laut sind die Rasentraktoren – im Eigenbau der offenen Klasse mit bis zu 35 PS starken Motoren ausgestattet, die nichts mehr mit den ursprünglichen Mähfahrzeugen zu tun haben - selbst bei abgefallenem Schalldämpfer nicht.

Doch Horst Jabin hat trotzdem vorgesorgt. Mit Ohrstöpseln sitzt der 80-Jährige, der mit seiner Frau Erika (77) aus Güsten mit dem Fahrrad rüberkam, auf einem Campinghocker am Rand der Rennstrecke. „Sogar aus Österreich und Bayern sind sie hier“, staunt der Rentner, der jedes Jahr.

Mit Ohrstöpseln auf dem Campinghocker

78 Fahrer sind mit ihren vierrädrigen Aufsitzmähern zum Meisterschaftslauf gekommen. Helmut Knöfler, der Vorsitzende des Dorfgemeinschaftsvereins Warmsdorf/Amesdorf, hat mit seinen Mitstreitern und über 100 Helfern und etlichen Sponsoren das Rennen vorbereitet und führt es durch.

Sogar für Pool und Dusche sei im Fahrerlager gesorgt, meint der Vereinschef. Die neue, nochmals vergrößerte Strecke komme bei den Fahrern gut an. Zehn Minuten müssen diese in ihren Läufen der insgesamt vier Klassen jeweils fahren.

Die Agrargenossenschaft hilft bei der Streckenbewässerung, ein Bauunternehmen bei der Ausbesserung in den Pausen. Die Fahrer loben die langgezogenen Kurven. Wenn sie zu schnell sind, heben sie sogar zu Sprüngen ab.

Nicht jeder kommt heil durch. Aufgeben muss unter anderem der amtierende Deutsche Meister der offenen Klasse, der für das Team Brocken-Racer von Silvio Mertins fährt. Mertins hat diesmal die Moderation für das eigene Rennen übernommen.

Agrargenossenschaft hilft bei Bewässerung, Baufirma bei der Ausbesserung

Mit dem Eigenbau-Renntraktor von Mertins darf letztlich Mark Heller (26) aus Hannover fahren. Sein eigenes Rennfahrzeug war kaputt gegangen, doch mit dem Brocken-Racer von Mertins erging es ihm nicht besser. „In einer Kurve brach das Lager vom Vorderrad weg“, erklärt er und zeigt das Rad. Mit einem Radlader muss das Fahrzeug von der Strecke geholt werden.

„Ich fahre seit 2011 Rennen. Es macht Spaß, das ganze Drumherum und das Kämpfen gegeneinander“, sagt Heller. Motorradrennen wären ihm nichts. „Mit vier Rädern kippe ich nicht so schnell um“, sieht er einen Vorteil.

Auch Rainer von Ende (55) steht schraubend im Fahrerlager. Das Batteriekabel ist am heißen Motor durchgeschmort und lässt Funken überspringen. Auch der Motor selbst ist kaputt. Die neuen Pleuel, die er eingebaut hatte, sind auf der Kurbelwelle festgelaufen, erklärt er etwas enttäuscht. Früher sei er Motorrad gefahren, später Go-Kart, jetzt eben Rasentraktor. Doch die Zeit zum Schrauben fehle heute, erklärt der selbstständige Unternehmer, der in 14 Tagen den nächsten Wertungslauf zur DM organisiert und über sich selbst sagt, er sei „Sponsor, Boxenluder, Fahrer und Mechaniker in einer Person“.

65-Jähriger tritt in Amesdorf gleich in zwei Klassen an

Von Ende ist bei weitem nicht der Oldie im Fahrerlager, den Job hat Rainer Bauerfeind aus dem Landkreis Cuxhaven. „2014 war ich Deutscher Meister, heute fahre ich auch vorn mit“, erklärt der 65-Jährige, der in Amesdorf gleich in zwei Klassen antritt. „Wenn man älter wird, muss man mehr fahren.“

Die Kinder werden auf die Hüpfburgen gelockt oder sehen bei einer Vorführung der Feuerwehr aus Giersleben zu. Neben den Gierslebenern sind die Wehren aus Güsten, Mehringen und Neundorf dabei. Plötzkau musste zu einem Einsatz auf die A14 (Seite 11). „Das ist schon ein Highlight“, findet Jürgen Hesche von der Güstener Wehr, die sogar mit der Drehleiter gekommen ist, um Nachwuchs zu werben.

„Es ist unwahrscheinlich, wie sich das in den letzten Jahren entwickelt hat. Es ist schon professionell geworden“, meint er mit Blick auf die Premiere, bei der er mithalf, die Strecke zu befeuchten. „Wahnsinn, was der Dorfclub auf die Beine gestellt hat.“

Gut 20 Frauen aus Amesdorf und Warmsdorf haben Kuchen gebacken, die für kleines Geld verkauft werden. „Wir sind nicht im Dorfgemeinschaftsverein“, meinen Brunhilde Eschberger und Rita Kögler, die sich trotzdem als Amesdorfer mit der Idee identifizieren. Wer letztlich gewinnt, ist den meisten eigentlich egal. Sie können Freunde und Bekannte treffen – wie bei einem normalen Heimatfest. Nur eben mit fast 2 000 Zuschauern. (mz)

Rainer von Ende aus Genthin fuhr sich den Motor fest.
Rainer von Ende aus Genthin fuhr sich den Motor fest.
Anders
Die Rasentraktoren wurden nicht geschont. Nicht immer hielt es die Gefährte auf allen vier Rädern.
Die Rasentraktoren wurden nicht geschont. Nicht immer hielt es die Gefährte auf allen vier Rädern.
Detlef Anders