Spektakulärer Fund Archäologen entdecken nahe Ringheiligtum Pömmelte Reste 4000 Jahre alte Siedlung: 50 Häuser aus Aunjetitzer Kultur
Pömmelte - Drei Schädel sind deutlich zu erkennen, außerdem der obere Teil einer Wirbelsäule und einige weitere Knochen. Die Körper liegen eng beieinander. Am Rand des Grabes steht Harald Meller, Landesarchäologe und Direktor des Landesmuseums für Vorgeschichte in Halle, und deutet auf die erst teilweise freigelegten Skelettreste:
„Das hier ist eine junge Frau, so um die 20 Jahre alt. Und daneben ein vielleicht sechsjähriges Kind.“ Auch der dritte Körper gehört wahrscheinlich zu einem Kind.
Skelette von Mutter und Kind wurde bei Ausgrabungen nahe dem Ringheiligtum entdeckt
Bestattet wurden die Körper in der frühen Bronzezeit vor etwa 4.000 Jahren. Die Menschen gehörten zur sogenannten Aunjetitzer Kultur, von der beispielsweise auch die Himmelsscheibe von Nebra stammt. Das Grab wurde bei Ausgrabungen auf einem Feld in unmittelbarer Nähe des Ringheiligtums bei Pömmelte (Ortsteil von Barby) entdeckt. Und eben jenes Feld hält noch viele weitere Überraschungen parat.
Doch zunächst zurück zum Grab. Noch sei nicht sicher, ob die Frau auch die Mutter der beiden Kinder ist und ob die drei Personen überhaupt gleichzeitig hier ihre letzte Ruhestätte gefunden haben, sagt Harald Meller. Das Gebiss der Frau scheint tadellos.
Auch dafür hat der Archäologe eine Erklärung. Damals habe es noch keinen Zucker gegeben, der sei erst sehr viel später in der Evolutionsgeschichte des Menschen aufgetaucht. Deshalb seien die Zähne von Skeletten aus solchen archäologischen Funden zumeist trotz des Alters in einem guten Zustand.
Experten untersuchen, welche Nahrungsmittel sich in einem Keramikgefäß befanden
In gutem Zustand ist auch der „Kühlschrank“, der wenige Meter weiter in der Erde entdeckt wurde. Ein Keramikgefäß, bedeckt mit einer dicken Bodenschicht, ursprünglich wohl mit einem Deckel aus Holz darauf. Darin eingelagert waren Lebensmittel. Noch wisse man nicht, welche. Aber man arbeite mit einer Expertin aus Barcelona zusammen, die anhand feinster Rückstände genau das herausfinden kann.
Auch dieser „Kühlschrank“ ist längst noch nicht alles, was das Feld nach und nach preisgibt. Grundrisse einer ganzen Siedlung wurden mittlerweile ausgegraben, Harald Meller spricht von der „größten Siedlung der frühen Bronzezeit in Deutschland“.
Und kommt aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus. Mindestens 50 Häuser habe man schon registriert, bis zu 40 Meter lang und 8 Meter breit. „Die Siedlung scheint noch endlos weiterzugehen, das hätten wir nie erwartet.“
Aber genau dieses „nie erwartet“ mache ja den Reiz aus: „Das Schönste an der Archäologie ist, dass man nie weiß, was kommt.“ Und am Ringheiligtum kam und kommt eine ganze Menge. Da man längst noch nicht überall gebuddelt hat, da ist sich der Landesarchäologe sicher, habe man auch noch lange nicht das Ende der Ausgrabungen erreicht: „Ich glaube, dass wir hier noch einige tolle Sachen finden werden.“
Der Bund zahlt eine halbe Million Euro, um das Ringheiligtum touristisch zu vermarkten
Auf dem Feld nahe Barby blickt man derzeit aber nicht nur in die Vergangenheit, sondern auch in die Zukunft. So verkündete Sachsen-Anhalts Kultusstaatssekretär Gunnar Schellenberger (CDU), dass die Bundesregierung erneut 500.000 Euro zur Verfügung stellt, um das Ringheiligtum vor allem touristisch weiterzuentwickeln.
Das Geld stammt aus dem Programm „Investitionen für nationale Kultureinrichtungen in Deutschland“ und soll für ein neues Touristeninformationszentrum verwendet werden. „Anfangs war die Bevölkerung nicht überzeugt davon, was sie hier für ein Kleinod hat“, sagte Schellenberger.
Das habe sich aber geändert und mittlerweile brauche sich das Ringheiligtum nicht mehr vor dem Steinkreis-Monument Stonehenge in Südengland zu verstecken.
Veranstaltungsraum am Ringheiligtum hat genug Platz für eine Schulklasse
Das soll auch das neue Besucherzentrum vermitteln, das mit modernster PC-Technik und verschiedenen Arbeitsstationen die Geschichte dieses besonderen Ortes den Besuchern näherbringen soll. In einem Veranstaltungsraum sollen vor allem Schulklassen in vergangene Zeiten eintauchen können.
Der Plan sieht vor, auch Toiletten und einen Imbiss in das Gebäude zu integrieren. Es soll aus Lehm gebaut werden – dem wichtigsten Baustoff über Jahrtausende hinweg. Im Juli oder August sollen die Bauarbeiten beginnen und bis Ende 2021 andauern.
Für Landrat Markus Bauer (SPD) ist dies ein weiterer Baustein, den Salzlandkreis als Wohn-, Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort zu etablieren. „Das Ringheiligtum spielt eine wichtige Rolle, um den Salzlandkreis touristisch weiter nach vorn zu bringen“, sagte der Landrat.
Und Harald Meller? Der hofft, „dass wir irgendwann das Ende dieser Siedlung finden“. Zwar habe man in unmittelbarer Nähe auch schon andere Ringheiligtümer entdeckt. „Aber das hier wird einmalig bleiben.“ (mz)