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Streit in Landesregierung Reiner Haseloff: Russland-Sanktionen "haben nichts bewirkt"

Von Hagen Eichler 19.05.2017, 02:00
Der Ministerpräsident Sachsen-Anhalts, Reiner Haseloff (CDU).
Der Ministerpräsident Sachsen-Anhalts, Reiner Haseloff (CDU). dpa-Zentralbild

Halle (Saale) - In der Landesregierung gibt es Streit über den Umgang mit Russland. Anlass für Debatten in der Kenia-Koalition sind die wegen der Krim-Krise verhängten Handelsbeschränkungen. Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) fordert ein Ende, Wirtschaftsminister Armin Willingmann (SPD) hingegen setzt auf Härte. Russland greife massiv in die Integrität der Ukraine ein, sagte Willingmann. Ein Fortschritt sei nicht in Sicht, derzeit würden Teile der Ostukraine in die russische Wirtschaft integriert. Da der Westen aus guten Gründen internationales Recht nicht militärisch durchsetze, blieben nur Wirtschaftssanktionen. „Das erzeugt unweigerlich Probleme für die Exportwirtschaft. Aber wer auch dieses Instrument nicht will, öffnet Aggressoren Tür und Tor“, warnte Willingmann.

Ministerpräsident Haseloff hingegen hält den Ansatz des Westens für gescheitert. „Die Sanktionen haben bislang nichts bewirkt. Sie haben aber insbesondere den ostdeutschen Unternehmen geschadet, die traditionell gute Wirtschaftsbeziehungen zu Russland haben“, sagte Haseloff der MZ. Bestehende Probleme sollten am Verhandlungstisch gelöst werden „und nicht über gegenseitige Sanktionen“.

EU-Sanktionen gegen Russland: Firmen aus Sachsen-Anhalt klagen über Verluste

Mit den 2014 erstmals verhängten Sanktionen reagiert die EU auf die Eingliederung der Halbinsel Krim und die Destabilisierung im Osten der Ukraine. Der russische Präsident Wladimir Putin hatte die Annexion unter anderem damit legitimiert, dass sich die Krim-Bevölkerung bei einem Referendum für den Anschluss ausgesprochen hatte. Der Anschluss widerspricht aber mehreren völkerrechtlichen Vereinbarungen, darunter ist das Budapester Memorandum von 1994. Darin hatten die USA, Großbritannien und Russland zugesagt, die Grenzen unter anderem der Ukraine zu achten.

Firmen aus Sachsen-Anhalt exportieren vor allem in EU-Länder und die USA, Russland folgt auf einem hinteren Platz. Dennoch klagen einzelne Branchen über Verluste. Der Schleifmaschinenhersteller FLP in Zörbig (Anhalt Bitterfeld) hat nach eigenen Angaben die Hälfte seines Umsatzes verloren. Die IHK Halle-Dessau fordert deshalb von der Politik, nach anderen Einflussmöglichkeiten zu suchen. „Wichtig ist, mit Russland ins Gespräch zu kommen. Wir brauchen Wandel durch Annäherung“, sagte IHK-Hauptgeschäftsführer Thomas Brockmeier. Die IHK Magdeburg urteilt, die Russen hätten sich von den Handelsbeschränkungen nicht beeindrucken lassen. „Im Gegenteil: Sie suchen sich zunehmend neue Partner zum Beispiel in China“, klagt IHK-Präsident Klaus Olbricht. „Die Sanktionen müssen aufgehoben werden.“

Deutsch-Russisches Katharina-Forum in Zerbst abgesagt

Unterdessen ist ein Versuch gescheitert, Sachsen-Anhalts Unternehmen trotz der diplomatischen Krise Kontakte nach Russland zu bahnen. Das für den 1. Juni geplante Deutsch-Russische Katharina-Forum in Zerbst wurde am Donnerstag abgesagt. Grund ist die Konkurrenz durch ein Wirtschaftstreffen in Sankt Petersburg. Der Zerbster Bürgermeister Andreas Dittmann (SPD) sagte, fast alle Russen hätten deshalb ihre Anmeldung zurückgezogen. „Ich finde das schade, aber wir machen im nächsten Jahr einen neuen Versuch.“ In Zerbst sollte auch der SPD-Politiker Matthias Platzeck sprechen, der als Vorsitzender des Deutsch-Russischen Forums seit langem die Aufhebung der Sanktionen fordert. (mz)