Gefängnis-Entscheidung in Sachsen-Anhalt Neue JVA kommt nach Weißenfels statt Halle: Gegen alle Sachargumente (Kommentar)
Sachsen-Anhalts neue JVA kommt nicht nach Halle, sondern nach Weißenfels. Das Problem hat jetzt die Justiz, kommentiert MZ-Redakteur Jan Schumann.

Halle/MZ - Außerhalb von Weißenfels gibt es nur wenige Experten, die die Stadt ernsthaft für den besten Gefängnisstandort im Süden Sachsen-Anhalts hielten. Über Jahre sprach alles für Halle: Dort gibt es kurze Wege zu den relevanten Gerichten, funktionierende Kooperationen mit der Polizei und lokalen Kliniken. Auch sonst ist die Versorgung von Insassen und Gefängnispersonal in Halle eingespielt.
Dass die Landesregierung diesen JVA-Standort aufgeben will und das neue Gefängnis stattdessen in Weißenfels baut – es ist vor allem den Mitarbeitern in der Justiz kaum zu erklären.
Halle widerspricht den Annahmen des Finanzministeriums deutlich
Finanzminister Michael Richter (CDU) war schon vor einigen Monaten überraschend auf seinen Wunschstandort Weißenfels umgeschwenkt. Er begründet die Entscheidung nun damit, dass in Halle wahrscheinlich erst später gebaut werden könne und dadurch jedes Jahr rund 20 Millionen Euro extra fällig würden.
Ob all das allerdings tatsächlich so eingetreten wäre, muss Spekulation bleiben. Die Stadt Halle widerspricht Richters Annahme jedenfalls vehement.
Justizmitarbeiter sprachen sich im Vorfeld für Halle aus
Als schwerwiegendes Argument gegen den neuen Knast in Weißenfels galt vielen Justizexperten zudem dies: Viele Vollzugsbedienstete müssen nun voraussichtlich in Zukunft nach Weißenfels pendeln – oder dort hinziehen. Wer weiß, wie anstrengend solche Pendlerjobs sein können, kann sich grob ausmalen, was Justizmitarbeiter von der neuen Standort-Entscheidung pro Weißenfels halten – nichts.
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Zur Erinnerung: Bereits jetzt hat das Land Sachsen-Anhalt Probleme, genug Personal für seine Gefängnisse zu finden. Dass dieser Umgang mit den Bediensteten jetzt neue Mitarbeiter anlockt, darf bezweifelt werden.
Es ist zwar richtig, dass das Land bei Bauprojekten aufs Geld schauen muss. Es müssen aber auch Abwägungen möglich sein. Mit der aktuellen Entscheidung gibt die Landesregierung einen funktionieren JVA-Standort auf. Und hofft, dass es in Weißenfels schon irgendwie klappt.