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Laut UMfrage Lehrermangel in Sekundarschulen - so dramatisch sieht es in Sachsen-Anhalt aus

Die Gymnasien haben teils mehr Personal als benötigt, andere Schulformen darben. Jetzt müsste das Ministerium Personal verschieben – passiert das auch?

Von Hagen Eichler 12.09.2023, 07:00
Vor allem in ländlichen Regionen fehlen Lehrer, um den vorgeschriebenen Unterricht zu erteilen.
Vor allem in ländlichen Regionen fehlen Lehrer, um den vorgeschriebenen Unterricht zu erteilen. (Foto: picture alliance/dpa)

Magdeburg - Sachsen-Anhalt bietet Gymnasiasten im Schnitt bessere Lernchancen als den Kindern in allen anderen Schulformen. Das geht aus Zahlen zur Unterrichtsversorgung hervor, die der MZ exklusiv vorliegen. Vor allem an Sekundarschulen herrscht ein teils dramatischer Mangel an Lehrern.

Die Daten wurden am 1. August erhoben, in der Zwischenzeit können sich laut Bildungsministerium „leichte statistische Abweichungen“ ergeben haben. Den Zahlen zufolge kommen die Gymnasien in acht Landkreisen und kreisfreien Städten auf eine Unterrichtsversorgung von mehr als 100 Prozent. Bei den Sekundarschulen ist das in keiner Region der Fall. Sekundarschulen hingegen liegen in neun Landkreisen und kreisfreien Städten bei einer Unterrichtsversorgung von unter 90 Prozent, was bei Gymnasien nirgends vorkommt.

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Dessau-Roßlau zählt zu den Regionen mit der größten Not

Zu Beginn des Schuljahres hatte Bildungsministerin Eva Feußner (CDU) die durchschnittliche Unterrichtsversorgung über alle Schulformen und Regionen hinweg auf 95,5 Prozent beziffert, eine Verbesserung von 3,5 Punkten gegenüber dem Vorjahr. Selbstgestecktes Ziel der Landesregierung sind 103 Prozent – bei diesem Wert ist zu erwarten, dass auch erkrankte Lehrer vertreten werden können und somit kein Unterricht ausfällt.

Unterrichtsversorgung in Sachsen-Anhalt, Vergleich Gymnasium und Sekundarschule nach Landkreisen, Schuljahr 2023/24
Unterrichtsversorgung in Sachsen-Anhalt, Vergleich Gymnasium und Sekundarschule nach Landkreisen, Schuljahr 2023/24
Matthias Büttner

Die nun auf MZ-Anfrage offengelegten Daten zeigen, dass Unterrichtsausfall vor allem jene Schüler trifft, die an Sekundarschulen lernen, also den Haupt- oder Realschulabschluss anstreben. Am schlechtesten sind die Stadt Dessau-Roßlau, das Jerichower Land und der Landkreis Stendal versorgt – in letzterem beträgt die Unterrichtsversorgung lediglich 77,7 Prozent. Vergleichsweise gut stehen Halle, der Saalekreis und Magdeburg da.

Es gibt einzelne Schulen, die suchen zehn oder 15 Lehrer.

Anna-Katharina Müller, Sekundarschullehrerverband Sachsen-Anhalt

Der Sekundarschullehrerverband Sachsen-Anhalt beklagt ein starkes Stadt-Land-Gefälle. „In den Großstädten und in der Umgebung ist die Lage nicht so schlecht. Anders sieht es im ländlichen Raum aus“, sagte Verbandsvorsitzende Anna-Katharina Müller. „Es gibt einzelne Schulen, die suchen zehn oder 15 Lehrer.“

Das Bildungsministerium kann Schulen mit schlechter Personallage durch Abordnung verstärken. Dabei können auch Lehrer vom Gymnasium an die Sekundarschule geschickt werden. Unklar ist, wie oft das seit dem Ende der Ferien passiert ist. „Der Zeitraum seit dem Schuljahresbeginn ist noch zu kurz, um zahlengestützte Angaben über Veränderungen bei der Häufigkeit von Abordnungen zu machen“, sagte Ministeriumssprecher Elmer Emig. Erfahrungsgemäß gebe es pro Schuljahr 300 bis 400 Abordnungen, um die Unterrichtsversorgung zu stützen.

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Die Lehrergewerkschaft sieht die Chancengleichheit beeinträchtigt

Nach Beobachtung der Lehrergewerkschaft GEW ist die Zahl der Abordnungen vom Gymnasium zur Sekundarschule bislang überschaubar. „Es gibt das, aber nur in kleinem Umfang“, sagte GEW-Landeschefin Eva Gerth. Sie rügt die deutlichen Unterschiede zwischen verschiedenen Schulformen. „Das Bildungsministerium muss dafür sorgen, dass Chancengleichheit gewahrt ist“, forderte sie.

Laut den Daten des Bildungsministeriums sind auch Grundschulen, Förderschulen und Gemeinschaftsschulen schlechter mit Lehrern versorgt als Gymnasien. Die nächste Erhebung findet Ende September statt, Ergebnisse gibt es meist deutlich später.

Um den Ausfall von Unterricht zu verringern, hat die Landesregierung für Lehrer eine zusätzliche Unterrichtsstunde pro Woche angeordnet. Mittlerweile haben dagegen zwei Lehrer Klage eingereicht. Eine Entscheidung wird nicht vor November erwartet, wie eine Sprecherin des Oberverwaltungsgerichts mitteilte.