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Immer mehr Fälle Immer mehr Fälle: Krätze ist in Sachsen-Anhalt auf dem Vormarsch

Von Bärbel Böttcher 13.03.2018, 10:11

Halle (Saale) - Täglich werden neue Fälle von Krätze in Sachsen-Anhalt gemeldet. Im Internet kursieren Behauptungen, wonach Flüchtlinge die Krankheit verbreiteten. Der hallesche Dermatologe Professor Cord Sunderkötter weist dies zurück.

Zwar sei die Skabies, so die korrekte medizinische Bezeichnung, unter Flüchtlingen verbreiteter als unter Einheimischen. Deshalb würden die Schutzsuchenden nach der Einreise daraufhin untersucht. Aber selbst wenn sie die Krätze hätten, gehe von ihnen keine erhöhte Ansteckungsgefahr aus.

Denn dafür ist nach Aussage des Mediziners ein längerer enger Körperkontakt nötig. „Ein einfaches Händeschütteln oder eine flüchtige Begegnung reichen nicht aus, um Skabies zu übertragen“, sagt der Arzt.

Krätze in weiten Teilen Sachsen-Anhalts auf dem Vormarsch

Tatsächlich aber ist Krätze in weiten Teilen Sachsen-Anhalts auf dem Vormarsch. Das geht aus den Daten der Gesundheitsämter des Landes hervor. Einen deutlichen Anstieg gab es beispielsweise in Halle, Magdeburg und im Landkreis Harz.

Krätze ist eine parasitäre Hautkrankheit. Sie wird durch die Krätzmilbe verursacht. Die Milben bohren sich in die Haut und legen dort ihre Eier ab. Ihre Absonderungen bringen Blasen und Pusteln hervor. Das auffälligste Symptom ist aber ein starker Juckreiz.

Da sich die Krätze vor allem dort ausbreitet, wo viele Menschen zusammenkommen, also etwa Schulen oder Altenheime, gilt in Deutschland bereits bei Verdacht auf Krätze das Verbot eines Auftenthalts in Gemeinschaftseinrichtungen.

Behandelt wird Krätze durch eine Permenthrincreme. Die enthält Giftstoffe, die die Krätzmilben abtötet. Neben der erkrankten Person müssen auch die Kontaktpersonen behandelt werden. Zudem ist es wichtig, neben der Behandlung der Haut, auch die Milben zu töten, die in Kleidung oder Bettwäsche sitzen.

Wurden 2015 in Halle 23 Krätze-Fälle gemeldet, waren es 2017 schon 77. In diesem Jahr trat die Krankheit bis Ende Februar bereits 15 Mal auf. Ganz ähnliche Zahlen meldet Magdeburg. Noch wesentlich höher liegen sie im Landkreis Harz. Trat die Krätze im Jahr 2015 hier 25 Mal auf, waren es 2017 schon fünfmal so viele Fälle, nämlich 126.

In diesem Jahre wurde bis Ende Februar schon 44 weitere Fälle bekannt. Landesweit gibt es eine hohe Dunkelziffer. Meldepflichtig sind nämlich nur die Krätze-Erkrankungen, die in Gemeinschaftseinrichtungen auftreten. Was die hohen Zahlen im Harz erklärt. Befindet sich doch in Halberstadt die Erstaufnahmeeinrichtung des Landes für Asylsuchende, wo auch deren erste ärztliche Untersuchung erfolgt.

Dass es weitaus mehr Fälle von Krätze als die gemeldeten gibt, geht zum Beispiel auch aus Daten der Krankenkasse Barmer hervor. Sie registrierte einen starken Anstieg an Verordnungen von Mitteln gegen die Krankheit.

Barmer geht von etwa 1.200 Krätze-Patienten im vergangenen Jahr aus

Laut Landesgeschäftsführer Axel Wiedemann legten Barmer-Versicherte 2017 knapp 70 Prozent mehr entsprechende Rezepte vor als im Jahr zuvor, nämlich 1.237 (2016: 731). Der Anstieg sei seit Juli erfolgt. Die Höchstwerte habe es in den letzten drei Monaten des Jahres gegeben.

Die Barmer geht von etwa 1.200 Krätze-Patienten im vergangenen Jahr aus. Vorausgesetzt, dass dieser Anstieg bei allen Kassen gleich war, sei von rund 8.000 Patienten in Sachsen-Anhalt auszugehen, so die Barmer.

Als eine Ursachen für die Verbreitung der Krätze sieht Sunderkötter folgendes: „Die Krankheit wird nur von Mensch zu Mensch und sehr häufig durch Geschlechtsverkehr übertragen.“ Da die Sorge vor Aids kleiner geworden sei, sei wieder eine größere sexuelle Freizügigkeit zu beobachten, die übrigens auch zu einem Anstieg von Geschlechtskrankheiten geführt habe.

Wenn die Krankheit dann erst einmal umgehe, werde sie auch einfach durch längere Körperkontakte auf andere Menschen übertragen - beispielsweise von Eltern auf Kinder, von Kind zu Kind, von Kindern auf Eltern oder Betreuer - einfach weil man Kinder häufiger in den Arm nehme. (mz)