Haseloff entlässt Stahlknecht Holger Stahlknecht entlassen von Haseloff: Bricht in der CDU Machtkampf wegen Rundfunkbeitrag aus?

Magdeburg - Die Krise der schwarz-rot-grünen Landesregierung hat eine erste prominente personelle Konsequenz: Ministerpräsident Reiner Haseloff hat am Freitag Innenminister Holger Stahlknecht (beide CDU) entlassen.
Innenminister Holger Stahlknecht entlassen
„Wesentlicher Grund dafür ist, dass Herr Minister Stahlknecht unabgestimmt während der laufenden Bemühungen des Ministerpräsidenten, die 2016 gebildete Koalitionsregierung zu stabilisieren, öffentlich den Koalitionsbruch und die Möglichkeit einer allein von der CDU gebildeten Minderheitsregierung in den Raum gestellt hat“, ließ Haseloff mitteilen.
Stahlknecht, der auch CDU-Landesparteichef ist, hatte zuvor der „Magdeburger Volksstimme“ ein Interview zum Koalitionskrach über die Erhöhung des Rundfunkbeitrages gegeben. Darin hatte er untermauert, dass seine Partei die Erhöhung ablehne und hatte von SPD sowie Grünen „staatspolitische Verantwortung“ gefordert. Notfalls werde es ohne die Partner eine „CDU-Minderheitsregierung“ bis zur Landtagswahl im kommenden Juni geben.
SPD und Grüne werteten die Stahlknecht-Äußerungen als Affront vor wichtigen Sitzungen ihrer Parteigremien am Wochenende - in der CDU wurden die Äußerungen als Attacke auf Haseloff gewertet. Dieser hatte betont, er steht für eine Minderheitsregierung nicht zur Verfügung.
Ministerpräsident Haseloff schweigt zu Stahlknecht-Rauswurf
Haseloff äußerte sich am Freitag nicht persönlich. „Der Ministerpräsident verfolgt weiterhin das Ziel, in der für das Land schwierigsten Phase der Überwindung einer Pandemie bisher unvorstellbaren Ausmaßes eine in jeder Hinsicht handlungsfähige Regierung anzuführen, die auch im Landtag über verlässliche Mehrheiten verfügt“, ließ er lediglich mitteilen.
Und: „Das dafür notwendige Vertrauensverhältnis, das in besonderer Weise auch in die Führung des Innenministeriums erforderlich ist, ist durch das Vorgehen von Herrn Stahlknecht so schwer gestört, dass er der Landesregierung nicht weiter angehören kann.“
Nachfolger von Stahlknecht noch offen
Offen ist insbesondere, wer Stahlknecht nun nachfolgt. Stahlknecht ist erst der zweite Minister, den Haseloff in seiner Zeit als Regierungschef entlassen hat. 2013 hatte er im Streit über Einsparungen an den Hochschulen Wissenschaftsministerin Birgitta Wolff (CDU) abberufen.
Unklar ist auch, wie lange Stahlknecht jetzt noch Parteichef bleiben kann. Nominell müsste er in dieser Funktion kommende Woche an Krisensitzungen der schwarz-rot-grünen Koalition teilnehmen.
Aus der Partei erhielt Haseloff Rückendeckung. Vize-Parteichefin Heike Brehmer: „Ich stärke unserem Ministerpräsidenten den Rücken. Ich schätze Holger Stahlknecht, aber das war die richtige Entscheidung“, sagte Brehmer der MZ.
Ob Stahlknecht in der Partei weiterhin ausreichend Unterstützung habe, „wird sich zeigen“. Nach jetzigem Stand ist die nächste Vorstandswahl im Oktober 2021.
Lob aber auch Kritik von Koalitionspartnern
Die Koalitionspartner reagierten unterschiedlich. Die SPD zollte Haseloff Respekt. „In einer Zeit, in der die Demokratie innerhalb und außerhalb der Parlamente bekämpft wird, kommt es besonders auf Haltung an“, sagte SPD-Landtagsfraktionschefin Katja Pähle. „Reiner Haseloff hat heute Haltung gezeigt.“
Die Grünen hingegen attackierten ihren Partner. „Kräfte in der CDU stürzen gerade die Partei, die Koalition und das Land ins Chaos“, sagte die Grünen-Landesvorsitzende Susan Sziborra-Seidlitz.
Die oppositionelle Linke forderte, Haseloff müsse im Landtag nun die Vertrauensfrage stellen und die AfD kritisierte: Die Entlassung demonstriere, „wie sehr die Juniorpartner SPD und Grüne in der hoffnungslos zerstrittenen Kenia-Koalition den Ton angeben“. (mz)