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Landtag kippt altes Verbot Eiche, Kiefer, Windrad, Birke: Sieht so Sachsen-Anhalts Wald der Zukunft aus?

Windenergie im Forst ist in Sachsen-Anhalt ab sofort nicht mehr pauschal verboten. Wieviel Geld Waldbesitzern und Kommunen jetzt pro Windrad winkt.

Von Hagen Eichler Aktualisiert: 13.06.2024, 09:29
In Nordrhein-Westfalen schon jetzt erlaubt, Sachsen-Anhalt folgt nun: Windkraftanlagen im Wald.
In Nordrhein-Westfalen schon jetzt erlaubt, Sachsen-Anhalt folgt nun: Windkraftanlagen im Wald. Foto: IMAGO/Hans Blossey

Magdeburg/MZ - Windräder im Wald sind in Sachsen-Anhalt künftig grundsätzlich erlaubt. Der Landtag strich am Mittwoch ein entgegenstehendes Verbot aus dem Landeswaldgesetz.

Windräder im Wald: Sachsen-Anhalt streicht Verbot aus Landeswaldgesetz

Ein Bau ist allerdings nur dann möglich, wenn die Gemeinde das genehmigt; auch bestimmte Schutzgebiete sind ausgeschlossen. Die Windbranche rechnet damit, dass viele Unternehmen den Kommunen freiwillige Abgaben anbieten werden, um Windräder errichten zu dürfen. Künftig werden solche Zahlungen sogar Pflicht. Ein entsprechendes Gesetz soll in diesem Jahr in Kraft treten.

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Auf Einnahmen in erheblicher Höhe dürfen sich Waldbesitzer freuen. Nach MZ-Informationen geht der von Landesforstminister Sven Schulze (CDU) mit einer Prüfung beauftragte „Landesbeirat Holz“ für ein Windrad der Sechs-Megawatt-Klasse von Pachtzahlungen in Höhe von 115.000 Euro pro Jahr aus. Das steht in einer nichtöffentlichen Stellungnahme, die der Beirat im Dezember 2022 an Schulze übermittelt hat.

Windräder auf Kahlschlagflächen und in Kiefern-Monokulturen

Das Papier sieht in den sachsen-anhaltischen Wäldern ein „erhebliches Flächenpotenzial“ für Windkraftanlagen. Dabei blickten die Experten vor allem auf Kahlschlagflächen und Kiefern-Monokulturen, die als ökologisch weniger wertvoll gelten. Einer Kalkulation des Gremiums zufolge ließen sich schon auf 0,3 Prozent der Kahlflächen 300 Windräder errichten.

Mit der Aufhebung des pauschalen Windkraft-Verbots in Wäldern reagiert der Landtag auf ein Gerichtsurteil. Im September 2022 hatte das Bundesverfassungsgericht einen Passus im thüringischen Waldgesetz gekippt.

Der Wald wird nicht schutzlos.

Michael Richter (CDU), Landesfinanzminister

Als Vertretung für Forstminister Schulze sagte Landesfinanzminister Michael Richter (CDU) im Landtag, die Herstellung einer verfassungskonformen Lage sei zwingend erforderlich. Allerdings, betonte er: „Der Wald wird nicht schutzlos.“

Der Waldbesitzerverband begrüßte die Entscheidung. „Seit 2018 haben wir eine dramatische Situation im Wald und einen Einbruch unserer Erlöse“, sagte Verbandschefin Friederike von Beyme. „Wir bekommen jetzt eine neue Möglichkeit, Geld zu verdienen und in die Wiederaufforstung zu investieren.“

AfD könnte Windrad-Projekte in Wäldern verhindern

Allerdings fürchten die Eigentümer, dass die bei den Wahlen erstarkte AfD viele Projekte verhindern könnte. In den Dörfern werde auch mit Falschbehauptungen gegen erneuerbare Energie Stimmung gemacht, so von Beyme. „Dabei besitzen viele Gemeinden selbst Wald und hätten nun die Möglichkeit, als Verpächter Einnahmen zu erzielen.“

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Im Landtag stimmten die Regierungsparteien CDU, SPD und FDP für die Abschaffung des Pauschalverbots. Die oppositionellen Fraktionen Grüne und Linke sowie zwei CDU-Abgeordnete enthielten sich, die AfD stimmte mit Nein. Ihr forstpolitischer Sprecher Matthias Lieschke warb dafür, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zwar formal umzusetzen, zugleich aber so viele Flächen als Ausnahmen festzulegen, „dass kein einziges Windrad im Wald entstehen wird“.

Windkraft: Bis zu 30.000 Euro pro Jahr für Gemeinde

In vielen Regionen des Landes haben Windkraft-Investoren bereits konkrete Pläne im Wald, darunter im Harz, im Fläming, in der Dübener Heide und in der Altmark. Gespräche führt etwa der sächsische Energieparkentwickler UKA. Das Unternehmen bietet den umliegenden Gemeinden einen Anteil an den Erträgen: Eine Windkraftanlage der Sechs- bis Sieben-Megawatt-Klasse soll je nach Bauhöhe und Windbedingungen jährliche Zuwendungen von 25.000 bis 30.000 Euro einbringen, verspricht die Firma.

In mehreren Orten Sachsen-Anhalts sind Bürgerinitiativen gegen Wald-Windkraft aktiv, etwa in der Gemeinde Südharz und in Coswig (Landkreis Wittenberg). Sie befürchten eine Umwandlung von Wald in eine Industrielandschaft.