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Brunnenwasser verseucht? Brunnenwasser verseucht?: Behörden warnen Einwohner eines Dorfes vor Grundwassernutzung

Von Michael Bertram 01.02.2020, 07:00
Deutlich erhöhte CKW-Werte im Schkopauer Ortsteils zwingen die Behörden jetzt zum Handeln.
Deutlich erhöhte CKW-Werte im Schkopauer Ortsteils zwingen die Behörden jetzt zum Handeln. Michael Bertram

Korbetha - Schon zu DDR-Zeiten war der Industriestandort in Schkopau das Rückgrat der Wirtschaft. Plaste und Elaste aus den Chemischen Werken Buna waren landesweit bekannt und wurden von der Staatsführung gern als Aushängeschild für die Leistungsfähigkeit der Industrie genutzt.

Der Schutz von Natur und Umwelt spielte bei der Produktion jedoch nur eine untergeordnete Rolle. Die Folgen zeigen sich noch heute, da Böden und Grundwasser durch Altlasten verseucht sind. Im Schkopauer Ortsteil Korbetha wurden nun so erschreckend hohe Werte von chlorierten Kohlenwasserstoffen (CKW) festgestellt, dass die Behörden die Einwohner davor warnen, Brunnenwasser zu nutzen. Die Stoffe, die als Zwischenprodukte in der chemischen Industrie entstehen, aber auch in Pestiziden und Lösemitteln enthalten sind, können beim Menschen schwere Schäden diverser Organen und auch dem Zentralen Nervensystem hervorrufen.

Korbetha: Grundwasserproben aus etwa 15 bis 20 Metern Tiefe

Wie die Landesanstalt für Altlastenfreistellung (LAF) auf MZ-Anfrage mitteilt, wurden bereits im Oktober und November vergangenen Jahres an mehreren Stellen in Korbetha Grundwasserproben aus etwa 15 bis 20 Metern Tiefe entnommen. Dabei sei auch eine neue Stelle untersucht worden. „Gemessen wurden dort 5.500 Mikrogramm pro Liter“, sagt LAF-Projektleiterin Evelyn Schaffranka.

An einer anderen Stelle wurden mit 2.400 Mikrogramm deutlich weniger CKW festgestellt, aber immer noch zu viel. Denn der Grenzwert, ab dem Grundwasser als schädlich verunreinigt gilt, liegt bei gerade einmal 20 Mikrogramm.

„Sofern Grundwasser mit diesen Belastungen nicht genutzt wird, besteht kein gesundheitliches Risiko“

„Sofern das Grundwasser mit diesen Belastungen nicht genutzt wird, besteht für die Bürger kein gesundheitliches Risiko“, versucht Schaffranka zu beruhigen. Sie begründet dies unter anderem mit dem großen Flurabstand des Grundwassers und der geologischen Situation, in der die Bodenschichten „hydraulisch wenig ergiebig“ sein sollen. Dennoch wollen die Behörden nun auf Nummer sicher gehen. Zwar wurden im Ort vorhandene Haus- und Gartenbrunnen bereits vor zehn Jahren untersucht und als unbelastet eingestuft.

Nicht nur das Grundwasser in Korbetha gilt als verseucht. Seit Jahren schon bereitet der nahe gelegene Mühlgraben bei Hohenweiden Umweltexperten Kopfzerbrechen. Im Zeitlupentempo fließt das Gewässer von einem Nebenarm der Saale bei Planena durch Hohenweiden, Holleben und dort zurück in die Saale.

Doch die Idylle trügt, das Gewässer ist erheblich mit Schadstoffen belastet. Während dem Wasser eine gute Qualität bescheinigt wird, haben sich in den Schlämmen auf dem Grund des Mühlgrabens Schwermetalle, unter anderem Quecksilber, abgelagert. Um eine Millionen von Euro teure Sanierung wird seit Jahren gerungen. „Der Mühlgraben steht nicht im Zusammenhang mit diesen Belastungen in Korbetha“, betont Evelyn Schaffranka vom LAF. Er sei Teil der Maßnahmen im Rahmen des Sedimentmanagementkonzeptes gemäß der EU-Wasserrahmenrichtlinie. „Hierzu laufen in diesem Jahr planmäßig die Sedimentuntersuchungen im Auftrag der LAF“, sagt Schaffranka.

Nun soll aber erneut getestet werden. „Neue Untersuchungen aller Hausbrunnen in der Ortslage werden vorbereitet“, sagt Schaffranka. Bis dahin sollen Brunnen nicht genutzt werden, worüber in diesen Tagen auch die Gemeinde in Briefen an alle Korbethaer Haushalte informiert. Doch melden sich tatsächlich alle Brunnenbesitzer? Auch jene, die die Bohrung auf ihrem Grundstück nicht angezeigt haben? „Von einer Anzeigepflicht nach wasserrechtlichen Vorschriften wird zunächst abgesehen“, heißt es in dem Bürgerbrief, der der MZ vorliegt.

Ziel, den Transport der Schadstoffe im Boden und Grundwasser zu verstehen

Die nun anstehende Arbeit ist für das LAF nichts Neues. Die Landesanstalt ist seit Jahren die zuständige Bodenschutz- und Altlastenbehörde für den Standort des früheren Kombinats Buna. In den ersten Jahren des ökologischen Großprojekts wurde das Werksgelände erkundet, mit dem Ziel, den Transport der Schadstoffe im Boden und Grundwasser zu verstehen.

In der Folge wurde im Norden des Standorts ein sogenannter Brunnenriegel errichtet. „Dieser fasst das vom Werksgelände abströmende Grundwasser“, erklärt Schaffranka. Dann wird es gereinigt. Elf Sanierungsbrunnen an fünf Standorten werden betrieben, parallel dazu wird die Qualität des Grundwassers regelmäßig überwacht. Dazu wurden auch außerhalb des Werksgeländes Messstellen errichtet, wie das LAF mitteilt. Jahrelang ist das verseuchte Grundwasser jedoch auch unkontrolliert nach draußen in Richtung Saale geflossen. Offensichtlich unterquerte es dabei in bestimmten Horizonten auch die Ortschaft Korbetha.

››Brunnenbesitzer in Korbetha sollen sich im Rathaus unter der Telefonnummer 03461/7303510 melden (mz)