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Magdeburg 1994 Magdeburg 1994: Himmelfahrts-Krawalle brachten Land in Schlagzeilen

06.05.2004, 08:45
Eine katholische Schwester verfolgt mit jungen Leuten aus Lateinamerika im Zentrum der Stadt Magdeburg musikalische Darbietungen bei einem multikulturellen Fest für Toleranz gegenüber Ausländern, das an Krawalle am Himmelfahrtstag ein Jahr zuvor (1994) erinnern sollte (Archivfoto vom 25.05.1995). Die Bürger feiern alljährlich zum Himmelfahrtstag das "Fest der Begegnungen". (Foto: dpa)
Eine katholische Schwester verfolgt mit jungen Leuten aus Lateinamerika im Zentrum der Stadt Magdeburg musikalische Darbietungen bei einem multikulturellen Fest für Toleranz gegenüber Ausländern, das an Krawalle am Himmelfahrtstag ein Jahr zuvor (1994) erinnern sollte (Archivfoto vom 25.05.1995). Die Bürger feiern alljährlich zum Himmelfahrtstag das "Fest der Begegnungen". (Foto: dpa) ZB

Magdeburg/dpa. - In den letzten Jahren hat sich viel zum Positiven verändert in der einstigen Stadt des Schwermaschinenbaus, die mehr als manch andere Ost-Kommune mit Strukturproblemen und hoher Arbeitslosigkeit zu kämpfen hat. Politik, Polizei und diverse Initiativen engagieren sich für ein besseres Miteinander und Verständnis von Ausländern und Einheimischen - trotz weiter bestehender Probleme mit einigem Erfolg. Begegnungsstätten, Feste, Kulturveranstaltungen oder Schulprojekte sorgen für ein wenig Multikulti in einer Stadt, die mit 3,5 Prozenteinen vergleichsweise geringen Ausländeranteil hat.

«Ich lebe gern hier», sagt Amadeo Vembane, ehrenamtlich imAusländerbeirat aktiv. Nach den Krawallen seien Politiker, Behördenund viele Menschen aufgewacht: «Heute verstehen viele die Ausländernicht mehr als Störfaktor, sondern als Bereicherung für die Stadt. Esist das Bemühen erkennbar, auf Probleme von Ausländern einzugehen.»Ähnlich sieht es die Ausländerbeauftragte des EvangelischenKirchenkreises Magdeburg, Gabriele Herbst: «Man merkt deutlich, dassdie Einheimischen sich bemühen, mit Ausländern zusammenzuleben.»

Stark engagiert ist dabei die Polizei, die sich nach den blutigenKrawallen 1994 massiven Vorwürfen ausgesetzt sah, sie habe dieAusländer nicht ausreichend geschützt und keinen Unterschied zwischenTätern und Opfern gemacht. Das von ihr 1996 ins Leben gerufene «Festder Begegnungen» hat sich inzwischen zu einem beliebten Volksfest amHimmelfahrtstag entwickelt. Zu den Projekten gehört auch die Aktion«Grüne gehen Fremd - Fremde sehen grün», bei der sich Beamteregelmäßig mit ausländischen Familien treffen. «Das Verhältniszwischen Polizei und Ausländern in Magdeburg hat sich grundlegendpositiv gewandelt», sagt Polizeipräsidentin Monika Liebau-Foß.

«Natürlich gibt es auch noch Probleme», sagt Waltraud Zachhubervom Runden Tisch gegen Ausländerfeindlichkeit, dem Gewerkschaften,Kirchengemeinden und andere angehören. So ist die Zahlfremdenfeindlicher Straftaten in den letzten Jahren in der Tendenzrückläufig, doch die Statistik spiegelt oft nicht den Alltag wieder:«Wenn sie als Afrikaner eine Straßenbahn besteigen, kriegen sie einmulmiges Gefühl», berichtet Vembane. Auch in Geschäften oder Bürosseien Vorurteile noch häufig zu spüren. «Rassistische Sprüche kommenkeinesfalls nur von Jugendlichen - da sind alle Altersgruppen dabei.»

«Die Angriffe auf ausländische Mitbürger zu Himmelfahrt 1994 undinsbesondere die Medienberichterstattung darüber haben dem ImageMagdeburgs nachhaltig geschadet», sagt Oberbürgermeister Lutz Trümper(SPD). Auch weiterhin bedürfe es vieler Anstrengungen, Klischees undVorurteile zu überwinden. Hier seien alle Bürger gefragt, der Welt zuzeigen: «Magdeburg ist nicht ausländerfeindlich.»