1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Leipzig
  6. >
  7. Graben, Säen, Ernten: Graben, Säen, Ernten: Warum Kleingärten gerade in Städten so beliebt sind

Graben, Säen, Ernten Graben, Säen, Ernten: Warum Kleingärten gerade in Städten so beliebt sind

21.05.2017, 09:36
Die Studenten Nico (l-r), Nils, Tom, Anton, Stefan und Patricia entspannen in ihrem Garten in Leipzig.
Die Studenten Nico (l-r), Nils, Tom, Anton, Stefan und Patricia entspannen in ihrem Garten in Leipzig. dpa-Zentralbild

Leipzig - Für die einen sind Kleingärten eine Erholung vom stressigen Alltag, für die anderen Lebenshilfe oder eine botanische Herausforderung. Die Gründe für das Beackern einer Parzelle sind vielfältig. Die Trends hinterm Gartenzaun reichen inzwischen von Studenten-WG-Gärten bis hin zu Sozialprojekten.

Leidenschaft: Das Thema Gärtnern stehe bei der Bevölkerung hoch im Kurs, sagt Peter Paschke, Präsident des Landeskleingartenverbandes. „Deswegen macht mir die Nachwuchsfrage keine so großen Sorgen. Bis auf den ländlichen Raum - dort ist die Jugend weg.“

Leerstand: In Sachsen gebe es derzeit 220.500 Gärten, sagt Paschke. 12.458 davon stünden leer. Auffällig dabei: ein Stadt-Land-Gefälle. Vor allem im Leipziger Umland, in Mittel- und in Ostsachsen sowie in Teilen des Vogtlandes kämpften die Vereine mit Leerständen. Ganz anders sehe es in den Großstädten Leipzig, Dresden und auch Chemnitz aus. Dort gibt es bei einigen Vereinen Wartelisten.

Lebenshilfe: Gärtner für den sozialen Zweck - das machen in Sachsen 444 Tafelgärten. „Wir feiern in diesem Jahr das zehnjährige Bestehen der Tafelgärten“, sagt Robby Müller, Vorsitzender im Stadtverband Leipzig. Derzeit gebe es dort 130 Parzellen, auf denen Arbeitslose Obst und Gemüse für die Tafeln anbauen. Die Vereine stellten dafür kostenlos Land zur Verfügung und kämen für Strom- und Wasserkosten auf. Allein im vergangenen Jahr seien 38,5 Tonnen frischer Ware direkt von den Beeten zu Bedürftigen gebracht worden.

Lebenswelten: Den Studenten Stefan Obstoy und drei Kommilitonen von der HTWK in Leipzig treibt es seit etwa eineinhalb Jahren vom Hörsaal in die Parzelle. Auf die Idee habe ihn sein Kumpel Matthias aus dem westfälischen Kleve gebracht, der die Gärten aus seiner Heimat so nicht kannte, berichtet der 28 Jahre alte Bauingenieurstudent. Die vier nahmen sich eines völlig verwilderten Gartens an, setzten die Laube in Stand und legten neue Beete an. Die Nachbarn fanden das cool: „Sie brachten Kaffee, Tee und Kuchen und schenkten uns Gartengeräte.“

Luxusware: Alte Obst- und Gemüsesorten zu züchten, betrachten etliche Gärtner als Herausforderung. Vom Landesverband werden dazu Schulungen angeboten, in denen vorgestellt wird, was alles möglich ist. Auch der Bio-Trend sei im Kleingarten angekommen, sagt Paschke. „Wer etwas auf sich hält, baut auch Gemüse an ohne zu spritzen.“

Langzeitperspektive: Die jüngsten Kleingartenvereine in Sachsen sind um die Zeit des Mauerfalls gegründet worden. In den vergangenen 25 Jahren kamen keine neuen dazu. Das liegt am demografischen Wandel in Kombination mit dem hohen Bestand. In Sachsen gibt es 5,2 Gärten auf 100 Einwohner. In den westlichen Bundesländern liege die Quote bei 0,1 bis 0,4 je 100 Einwohner, sagt Paschke. Inzwischen steige aber der Bedarf auch in Sachsen wieder. Der Kleingartenpräsident setzt wieder auf Neugründungen.

Lieblingsgemüse: Kartoffeln, Zwiebeln und Möhren zählen zu den liebsten selbstgezogenen Pflanzen der Kleingärtner. Aber die absoluten Klassiker seien andere, sagt Paschke. „Gurken und Tomaten sind ein Heiligtum im Kleingarten.“