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Gartenreichtag  Gartenreichtag : Zwölf um elf bei Elevenses

Von Ilka Hillger 16.08.2016, 07:04
Auch die Herren folgten der Einladung von Sven Kielgas (4.v.l.) zum Elevenses mit Hut. Den durften sie sogar lüpfen, ziehen oder schwenken.
Auch die Herren folgten der Einladung von Sven Kielgas (4.v.l.) zum Elevenses mit Hut. Den durften sie sogar lüpfen, ziehen oder schwenken. Thomas Klitzsch

Wörlitz - Sechs Hüte hat Erika Schulze in ihrem Bestand, „für jede Jahreszeit etwas“. Die überschaubare Anzahl machte die Auswahl jedoch nicht leichter. Zwei Stunden brauchte die Kropstädterin am Samstagmorgen, um sich für ein Outfit zu entscheiden. „Es war anstrengend, aber hat auch Spaß gemacht“, sagte sie. Dass ihre Wahl goldrichtig war, ist zur Mittagsstunde entschieden. Erika Schulze hat einen zweiten Preis gewonnen und ist damit eine von sechs Gewinnerinnen des ersten Hutwettbewerbs, der in der Geschichte des Gartenreichtages zu erleben war.

Zwölf junge Frauen und Damen jedes Alters stellten sich der behüteten Konkurrenz im Amtshaus der Domäne in Wörlitz. Eingeladen hatte zu diesem Wettstreit Sven Kielgas, der neue Besitzer der Domäne. Kielgas, ein großer England-Fan, bereicherte mit diesem „Elevenses“, einem britischen Damen-Treff um 11 Uhr bei Kaffee und Tee, das Programm des Gartenreichtages. Letzterer erinnert mit Veranstaltungen, Führungen, Bus- und Radtouren im Dessau-Wörlitzer Gartenreich an jedem zweiten Sonnabend im August an dessen Gründer, Fürst Franz.

Über die Hüte im Garten des Amtshauses hätte der Fürst nur Staunen können. Strohhüte dominierten die Köpfe der Damen und Herren, ganz dem sommerlichen Wetter angemessen. Es gab die schlichten Modelle und aufwändige Hingucker. „Mit einem Hut geht man gleich ganz gerade“, fachsimpelte es am Tisch von Erika Schulze. Die Kropstädterin findet das auch und hat deshalb schon immer gerne Hüte getragen. „Das ist heute endlich mal ein Anlass, sie zu zeigen“, so Schulze.

Sybille Jahnke aus Buxtehude sieht das ähnlich. Eigentlich kam sie an diesem Wochenende mit ihrem Mann in das Gartenreich, um sich die Lady-Hamilton-Ausstellung anzuschauen. Vorab nach sonstigen Veranstaltungen recherchierend, stieß sie auf den Gartenreichtag und da fiel ihr der zartgrüne Hut wieder ein, den sie bei der Hochzeit des Patenkindes einst trug. „Ich habe also noch einige Blüten gekauft und ihn dekoriert“, so Jahnke. Der Jury, besetzt mit Sven Kielgas, Sabine Rüdiger und Alexander Kunkel, gefiel das Ergebnis. Als erster Preis trat eine Magnum-Champagnerflasche mit die Heimreise nach Buxtehude an.

Noch mehr prickelnden Lohn trugen am Sonnabend nur zwei Schwestern mit nach Hause. Maria und Luisa Pleger waren im Doppel erfolgreich, vor allem durch die Arbeit von Mutter Ines Pleger. Letztere fertigte ihren Töchtern bei einem Kurs in Berlin die Hüte an, mit denen sich Maria und Luisa einen ersten und einen dritten Platz auf der Freitreppe des Amtshauses erliefen. Die Mutter hingegen war nicht Zeuge des Erfolges. Sie hatte anderweitig beim Gartenreichtag zu tun und führte Gäste durch den Eichenkranz. „Natürlich trinken wir den Preis zusammen“, versprach die 25-jährige Maria, die sich ganz auf den Geschmack der Mutter beim Hutbau verlassen konnte. „Sie wird sich wahnsinnig freuen“, war sich auch ihre 19-jährige Schwester sicher.

Sven Kielgas sprach nach Wettbewerbsende und der doppelten Vergabe unter den drei Erstplatzierten von einem „grandiosen Anfang“. „Die Wahl fiel uns wirklich schwer“, sagte er und war glücklich über all die behüteten Damen und Herren, die den Weg ins Amtshaus fanden, dort Pimm’s und Limonade tranken, Kuchen aßen und der Musik aus alten Grammophonen lauschten, die der Wittenberger Sammler Frank Meinel mitbrachte. „Man muss den Leuten nur einen Anlass geben, dann holen sie auch ihre Hüte hervor“, fand Kielgas.

Vor allem freute den Münchner aber das Interesse der Besucher am Haus. Längst leer geräumt, entgeht man den Spuren der „Villa Sonnenschein“ trotzdem nicht. Noch sind die Wände bunt und die Waschbecken winzig, eben wie im Kindergarten, der hier auch bis zum Umzug der Mädchen und Jungen in den Neubau über Jahrzehnte untergebracht war.

Sven Kielgas hatte sich am Sonnabend entschlossen, nur jene Räume zu öffnen, die zum Kernhaus gehören. „Das ist nun mal der ursprüngliche Zustand ohne die Anbauten“, so der neue Besitzer, und dafür wolle er kämpfen. „Das kann zwei oder 20 Jahre dauern, ich habe Zeit“, meinte er mit Blick auf die Gespräche mit den Denkmalschutzbehörden. Mit „Elevenses“ und anderen Formaten lässt sich das Warten überbrücken.

(mz)

Maria Pleger
Maria Pleger
Klitzsch
Sybille Jahnke
Sybille Jahnke
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Luisa Pleger
Luisa Pleger
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