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Gabor S. begeht Selbstmord in Haft Doppelmörder von Mansfeld: Schreckliche Erinnerungen an Gabor S.

Von Tina Edler 10.01.2018, 19:51
Gabor S. (im gestreiften Hemd) - der Doppelmörder von Mansfeld - galt als gefährlichster Mann Sachsen-Anhalts.
Gabor S. (im gestreiften Hemd) - der Doppelmörder von Mansfeld - galt als gefährlichster Mann Sachsen-Anhalts. dpa-Zentralbild

Mansfeld - Die Sonne scheint am Mittwochmittag auf das Grundstück Nummer sechs in der Waldsiedlung am Rande von Mansfeld (Landkreis Mansfeld-Südharz). Ruhig liegt die Wohnsiedlung, nur von Weitem sind leise Geräusche des Verkehrs auf der Hauptstraße wahrnehmbar.

Auf dem Grundstück stehen kahle Bäume und Büsche wild durcheinander. Das alte Gebäude, das hier einst stand, ist abgerissen. An seiner Stelle entsteht gerade ein Eigenheim. Genau hier, an diesem friedlichen Ort, ereignete sich vor knapp zehn Jahren eine unfassbare Tat, die Mansfeld und die gesamte Region schwer erschütterte und ihre Bewohner nun wieder einholt.

Denn Gabor S., der als Doppelmörder von Mansfeld berüchtigt wurde, soll sich am Dienstag in der Justizvollzugsanstalt Burg (Jerichower Land) das Leben genommen haben.

Der damals 36-Jährige hatte 2008 in der Nacht zum 30. Juni erst die 76-jährige Rentnerin Anni S., die auf jenem Grundstück in der Waldsiedlung lebte, umgebracht.

Anschließend erdrosselte er den herbeigerufenen Bereitschaftsarzt Horst Grimm und flüchtete mit dessen Auto in die Schweiz. Dort konnte die Polizei kurze Zeit später den Mörder verhaften, der als gefährlichster Mann Sachsen-Anhalts galt.

Unterschiedliche Meinungen zu Selbstmord von Gabor S. in der JVA Burg

Auf den Tod dieses Mannes reagieren die Mansfelder am Mittwoch mit gemischten Gefühlen. Die Nachricht macht im Ort rasend schnell die Runde. Wer es nicht selbst in der Zeitung oder im Radio gehört hat, erfährt vom Tod des Doppelmörders spätestens auf der Straße oder beim Einkaufen.

Wir haben uns entschieden, in der Regel nicht über Selbsttötungen zu berichten, außer sie erfahren durch die Umstände besondere Aufmerksamkeit. Der Grund ist die hohe Nachahmerquote. Wenn Sie sich selbst betroffen fühlen, kontaktieren Sie bitte umgehend die Telefonseelsorge (http://www.telefonseelsorge.de). Unter der kostenlosen Hotline 0800-1110111 oder 0800-1110222 erhalten Sie Hilfe von Beratern, die schon in vielen Fällen Auswege aus scheinbar aussichtslosen Situationen aufzeigen konnten.

„Was soll man da schon sagen? Es ist besser, dass er weg ist. So kann er keinen Schaden mehr anrichten“, sagt eine Kundin, die gerade beim Bäcker ihr Brot holt und mit den Verkäuferinnen und anderen Kunden schnell ins Gespräch kommt.

Vermissen oder gar nachtrauern werde dem Täter hier niemand, sind sich alle einig. „Bei dem, was er den Menschen hier angetan hat, ist das ja kein Wunder“, meint eine der Verkäuferinnen.

Mit dem Suizid des 46-Jährigen kommen bei allen die Erinnerungen an damals wieder hoch. „Das war schlimm. Ich war geschockt, als ich von den Morden hörte. Wir waren alle fassungslos, wie man nur so etwas machen kann“, beschreibt Fritz Kliem seine Gefühle nach den Morden von 2008.

Die bösen Erinnerungen legen sich an diesem Mittwoch wie ein Schatten über Mansfeld. Und werden auch bei Dietmar Sauer wieder wach: Er war nicht nur mit dem getöteten Arzt befreundet, sondern zum Zeitpunkt der Taten auch Bürgermeister in Mansfeld.

„Es war eine sehr belastende Geschichte“, sagt er rückblickend. Die Erinnerungen von damals, die Schockstarre und Fassungslosigkeit im Ort laufen wie ein Film vor ihm ab. Er selbst bedauere den Tod von Gabor S. nicht. „Einerseits ist es schlimm, wenn jemand ums Leben kommt. Andererseits war er ein Mörder. Ich habe es fast mit Genugtuung aufgenommen“, sagt Sauer.

Für ihn ist das Kapitel damit aber nicht abgeschlossen. „Es wurden Menschen getötet. Das werde ich nie vergessen können“, sagt Sauer.

Gabor S. begeht Suizid in Haft: Empörung über Selbsttötung des Doppelmörders von Mansfeld

Zum Komplex der unterschiedlichen Gefühle gehört auch Empörung über die Selbsttötung des aus Friedrichrode stammenden Gabor S. „Er hat es sich damit ganz schön einfach gemacht“, meint eine Anwohnerin der Waldsiedlung.

Als Nachbarin kannte sie die getötete Anni S. gut und ist noch heute fassungslos über die Tat. Die beiden Morde ereigneten sich nur wenige hundert Meter von ihrem eigenen Grundstück. „So etwas hat niemand verdient“, sagt sie kopfschüttelnd.

Die Taten selbst habe sie damals aber nicht mitbekommen, erst am nächsten Tag durch die Nachbarn davon erfahren. Außerdem sei ständig Bewegung in der Waldsiedlung gewesen. Zu einer dort ansässigen Autowerkstatt, die sich unterhalb des Grundstückes von Anni S. befand, seien permanent Kunden gefahren. „Da hat man sich nicht so Gedanken gemacht, wer hier alles lang fährt. Da waren immer unbekannte Gesichter dabei.“

Doch nach der Tat hätten alle schon in Angst gelebt, denn „man weiß ja nicht, ob so jemand wieder kommt. So etwas kann ja überall passieren“, meint die Nachbarin nachdenklich.

Erleichterung machte sich dann bei den Anwohnern breit, als sie von der Festnahme und der Verurteilung des Täters hörten. Weniger jetzt, nach der Nachricht über die Selbsttötung. „Meiner Meinung nach hätte der Mann seine Strafe aber absitzen sollen und für seine Taten büßen müssen.“

Das sehen auch andere Bürger so, die auf dem Parkplatz vor dem Netto am Ortseingang Mansfelds über die Selbsttötung und die Taten von damals reden. „Er hat sich mit seinem Suizid einfach aus dem Leben gestohlen. Das ist schon eine Art Schuldeingeständnis von ihm“, sagt eine ehemalige Patientin des getöteten Dr. Grimm bitter.

Für sie sei bis heute außerdem unklar, wie es zu der heimtückischen Tat kommen konnte. „Er hätte doch einfach nur das Auto stehlen können und Dr. Grimm nicht noch töten müssen“, sagt sie kopfschüttelnd.

Doppelmord in Mansfeld: 600 Menschen kamen zu Trauerfeier

Sebastian Bartsch, Pfarrer in der Jakobikirche in Hettstedt, glaubt, Gabor S. sei ein Mensch gewesen, der „soziale Schwierigkeiten hatte und innerlich zerrüttet gewesen sei“. Als Pfarrer hat er vor zehn Jahren den Gottesdienst in der evangelischen Kirche von Mansfeld-Leimbach zum Gedenken an die beiden Mordopfer abgehalten.

Fast 600 Menschen kamen damals zur Trauerfeier. Das Gotteshaus und seine Vorräume waren bis auf den letzten Platz gefüllt.

Teilweise standen die Leute auch vor dem Gebäude, beschreibt Bartsch die damalige Situation. Die Bilder von diesem Tag hat er noch genau vor Augen. „Es war eine sehr große Beteiligung und ein sehr bewegender Gottesdienst. Alle Anwesenden waren sehr betroffen. Es gab auch danach noch viele Gespräche mit den Menschen - über die Tat, die Opfer.“

Bis heute seien die Morde auch für ihn eine unfassbare Tat. Auch wenn er die beiden Opfer selbst persönlich nicht kannte, habe es dennoch bei ihm viele Emotionen aufgewühlt, erklärt Bartsch.

Als Pfarrer und Christ empfinde er aber auch Bedauern angesichts der Selbsttötung und des Todes von Gabor S., erklärt Sebastian Bartsch. Er glaube auch gar nicht daran, dass der brutale Täter durch den Suizid nun der Buße entkommen sei. Denn: „Die Schuld der Morde wird dadurch natürlich nicht getilgt. Sie wird auch weiterhin auf seinen Schultern lasten. Er muss sich selbst vor Gott verantworten“, meint der Pfarrer. (mz)

Gabor S. - der Doppelmörder von Mansfeld - galt als gefährlichster Mann Sachsen-Anhalts.
Gabor S. - der Doppelmörder von Mansfeld - galt als gefährlichster Mann Sachsen-Anhalts.
dpa