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"Harzdrenalin" Rappbodetalsperre im Harz: Nervenkitzel und Freudentränen auf der Seilhängebrücke der Welt

Von Bianca Müller 08.05.2017, 08:46
Mit einem Lächeln kommen die Besucher nach der Überquerung der 458 Meter langen Hängeseilbrücke am Ziel an.
Mit einem Lächeln kommen die Besucher nach der Überquerung der 458 Meter langen Hängeseilbrücke am Ziel an. Thomas Tobis

Rübeland - Stefan und Maik Berke sind eines dieser Brüder-Paare, die man im Gedächtnis behält: Nicht so schlagkräftig wie die Klitschkos und weniger verträumt als die Gebrüder Grimm, dafür aber wahre Adrenalin-Produzenten. Seit 2012 versorgen Berkes und ihr 20-köpfiges Team als Unternehmen „Harzdrenalin“ jährlich 50.000 Besucher mit Adrenalinstößen, bisher „nur“ beim Staumauerlaufen oder an Europas größter Doppelseilrutsche. Mit Eröffnung der weltweit längsten Fußgänger-Seilhängebrücke „Titan-RT“ an der Rappbodetalsperre haben sie ihrem Portfolio am Sonntag offiziell das nächste Stück Abenteuer aus Stahl hinzugefügt.

Geheimnis an der Rappodetalsperre in Harz gelüftet: 458 Meter lang spannt sich die Hängebrücke über dem Staubecken

Die exakte Länge des freihängenden Teils war bis zum feierlichen Scherenschnitt am Sperrband ein gut gehütetes Geheimnis. Nun ist es raus: 458 Meter lang spannt sich die Seilkonstruktion über dem Bode-Staubecken und überbietet damit die bisherigen Rekordhalter im russischen Sotschi um fast 20 Meter. „Ein tolles Projekt für den Harz!“, lobte Landrat Martin Skiebe. Nach einem lautstarken Feuerwerk - natürlich auch in der Firmenfarbe Grün - passierten die Mitglieder des Fanfarenzugs Hettstedt als Erste die neue Touristenattraktion und gaben für Hunderte Besucher in ihrem Rücken und auf der Staumauer ein Ständchen aus 100 Metern Höhe.

Der Andrang war groß, jeder wollte den Wolken jetzt mal ein Stück näherkommen, aber - Geländer hin oder her - auf den ersten Metern brauchte mancher doch Nerven, so stramm wie die Stahlseile am Rand der Brücke. Iris Gabler aus Blankenburg wusste sich mit dem guten, alten Trick „nicht nach unten gucken“ zu helfen. „Wenn man ein Stück gegangen ist, gewöhnt man sich an das leichte Wanken.“

Die meisten riskierten, angelockt durch laute „Whooohoo“-Rufe, doch irgendwann einen Blick nach unten. Wer noch ein bisschen mehr Nervenkitzel sucht, konnte nämlich auch am Eröffnungstag schon den Pendelsprung „Gigaswing“ von einer Plattform direkt unter der Brücke wagen. Für viele war das Hängebrückenabenteuer dann „zum Glück nicht so wackelig, wie befürchtet“.

Unterwegs wurde man mit einem freien Blick auf Wald und Wasser belohnt. Im Gegensatz zu den letzten Tagen, als die Brücke meistens im Nebel hing, erwischten die Sonntagsgäste beinahe perfektes Wetter und Windstille. Am anderen Ende angekommen, überschlugen sich die Besucher mit Superlativen: „So sind Natur und Technik toll in Einklang gebracht!“, meinte Sabine Jahns. Peter Segler hatte „Freudentränen in den Augen“, „und den Sprung machen wir auch noch“, ergänzte Ehefrau Karin. Auch der zu erwartende Witz „Da müssten nur ein, zwei Schrauben nachgezogen werden, ansonsten ist es super!“ fiel gelegentlich.

Nach Eröffnung der neuen Hängebrücke an der Rappbodetalsperre im Harz: Berke-Brüder sind sichtlich erleichtert

Die Berke-Brüder genossen die Szene sichtlich erleichtert und zufrieden; an dieser Stelle hatten sie noch mal viele Hände zu schütteln und Glückwünsche einzusammeln. „Ach ist das herrlich, wie sie uns hier alle entgegen wanken“, bemerkte Stefan amüsiert. Der achtjährige Nick, der mit seinen Eltern Mandy und Andreas extra aus Teuchern kam, hätte sich beinah nicht getraut, loszugehen. „Aber dann war ich mutig!“ Eine Wiederholung lehnte er dennoch verhalten schmunzelnd ab.

Neue Seilhängebrücke im Harz: Besucher überwinden Höhenangst an der Rappbodetalsperre

Andrea Wöllner aus Weimar war zuerst hin- und hergerissen, ob sie ihre Höhenangst wirklich am Drehkreuz lassen und ihren Partner Andreas Walz begleiten könne. Das letzte Quäntchen Motivation holte sie sich über den Blick in viele entspannte Gesichter, die ihr an der Zielseite entgegen strahlten.

Insgesamt war es kaum ein Dutzend, das nach dem ersten Schritt auf dem Gitterrost wieder umkehrte. Weil man den Besucherstrom ausnahmsweise einseitig hielt, „geht die Hälfte der heutigen Eintrittsgelder als Spende an umliegende Vereine“, sagte Stefan Berke.

(mz)