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Harsleben bei Quedlinburg Harsleben bei Quedlinburg: Gräber aus Bronzezeit entdeckt

Von Gerd Alpermann 30.06.2016, 20:26
Archäologen entdecken Grabhügel aus der Bronzezeit, bevor die Trinkwasserleitung verlegt wird. Weitere Funde werden erwartet.
Archäologen entdecken Grabhügel aus der Bronzezeit, bevor die Trinkwasserleitung verlegt wird. Weitere Funde werden erwartet. Chris Wohlfeld

Harsleben - Ein großer dunkler Ring zeichnet sich im Erdboden ab. Für die Archäologen ist dies nach Knochenfunden im Inneren des Kreises ein Indiz, dass hier die Einfriedung eines Grabhügels stand. Wahrscheinlich befand sich in dem Ring eine Palisadenwand aus Holz. „Das Besondere ist ein Zugang, der sich ebenfalls dunkel abzeichnet“, erklärt Susanne Friederich, Abteilungsleiterin Bodendenkmalpflege des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt in Halle, die für die Grabungen bei Harsleben verantwortlich zeichnet.

Gegraben werden kann nach historischen Funden, weil in dem Bereich die Ortsumfahrung Harsleben/Halberstadt entsteht. Noch geht es aber nicht um den Straßenbau, sondern um die dafür notwendige Umverlegung einer Trinkwasserleitung. Das Grabungsteam um Dorota Lukaschewska ist auf einem rund 250 Meter langen und acht Meter breiten Abschnitt dabei, den Untergrund genau zu untersuchen.

Erste Funde sind Bandkeramikreste, weitere Materialien weisen auf die Bronzezeit hin. Das heißt, hier siedelten Menschen etwa 1.000 Jahre vor Christi, also vor 3.000 Jahren. Es wird angenommen, dass sie aus dem Nahen Osten einwanderten und aufgrund des fruchtbaren Bodens im Vorharz heimisch wurden. „Warum weiterziehen, wenn hier beste Bedingungen für den Ackerbau bestanden“, nennt Susanne Friederich den Besiedlungsgrund.

Die Bronzezeit ist die Periode in der Geschichte der Menschheit, in der Metallgegenstände vorherrschend aus Bronze hergestellt wurden.

Diese Epoche umfasst in Mitteleuropa etwa den Zeitraum von 2.200 bis 800 v. Chr., wie es in der Online-Enzyklopädie Wikipedia geschrieben steht. Die Bronzezeit ist die mittlere Stufe des von Altertumsforscher Christian Jürgensen Thomsen entwickelten Dreiperiodensystems, das insbesondere die europäische und mediterrane Vor- und Frühgeschichte in Steinzeit, Bronzezeit und Eisenzeit unterteilt.

Da der Begriff sich ausschließlich auf den umfangreich verwendeten Werkstoff bezieht, sagt die Zuweisung zu dieser Periode nichts über ihre kulturelle Höhe aus. So fällt der Anfang der Hochkulturen Vorderasiens und Ägyptens in die ausgehende Stein- und beginnende Bronzezeit.

Der älteste bislang entdeckte Schmelzofen der Menschheit wird in die Bronzezeit datiert und wurde auf Kreta im Palast von Kato Zakros (minoische Kultur) ausgegraben. Die Herstellung von Bronze setzte im 3. Jahrtausend v. Chr. ein. In der Übergangszeit zur Bronzezeit wird regional auch von der Kupferzeit oder dem Chalkolithikum gesprochen. Bronze ist eine Legierung, bestehend aus 90 Prozent Kupfer und zehn Prozent Zinn.

Schon in wenigen Zentimetern Tiefe wurde das Grabungsteam fündig. Dies, obwohl durch Landwirtschaft und Bodenerosion jährlich zentimeterweise der Boden abgetragen wurde. „Wir haben Funde erwartet, waren aber überrascht, so schnell auf Siedlungsbeweise zu stoßen, ohne tief in die Erde gehen zu müssen“, sagte Susanne Friederich.

Sie verweist auch auf zwei Vertiefungen, die höchstwahrscheinlich als Vorratsgruben für Getreide angelegt wurden. Durch Schimmelbildung an den Rändern wurde das Getreide vor Nagern geschützt. Der Weg, an dem die Wasserleitung neu verlegt wurde, heißt „Am Erzberg“. Dass dies seinen berechtigten Grund hat, zeigen Funde von Erz neben der Bandkeramik.

Weitere Grabungsstätten bis Ende des Jahres

Am Grabhügel haben acht Grabungshelfer mit Spaten das dunkle Erdreich zum Teil abgetragen, um nach Funden zu suchen. Nur wenige Zentimeter vom Umfassungskreis des Grabhügels entfernt befindet sich offensichtlich eine separate Begräbnisstätte, an der zwei Menschen bestattet wurden.

Nachdem zunächst nur Knochensplitter gefunden wurden, legten zwei Grabungshelfer mit Spachtel und kleiner Maurerkelle ein größeres Knochenfragment frei. Die Archäologin vermutet eine spätere Grablegung, nachdem der Hügel schon geschlossen worden war.

Bis zum Donnerstagabend war das Grabungsteam an dieser Stelle, rund 200 Meter vom Ortsrand von Harsleben entfernt, tätig. Am Montag wird die Trinkwasserleitung verlegt. Für die Archäologen und ihre Helfer ergeben sich aber noch weitere Grabungsstätten bis Ende dieses Jahres an der Ortsumfahrung.

Als nächste Stelle ist als Grabungsfeld der Bereich des Brückenbaus über die Bahngleise zwischen den Bundesstraßen 79 und 81 vorgesehen. Der Brückenbau braucht Vorlauf, um die Umfahrung von Halberstadt pünktlich abschließen zu können. Die Archäologen haben zwischen den Bundesstraßen noch vier weitere Grabungsstellen ausgemacht.

Recherchen im Vorfeld sichern ein auf mögliche Funde abgestimmtes Vorgehen, damit der Straßenbau 2017 ohne Verzögerungen beginnen kann. Das Projekt Ortsumfahrung wird in diesem Jahr noch mit Ausweichstrecken vorbereitet, um auf der B79 zwischen Harsleben und Halberstadt einen Kreuzungsbereich zu schaffen, der Abfahrten erhält. (mz)

Grabungshelferin Kathrin Salewski fertigte Skizzen an. 
Grabungshelferin Kathrin Salewski fertigte Skizzen an. 
Chris Wohlfeld
Gefunden wurden auch Scherben und Knochenfragmente. Alles wurde dokumentiert.
Gefunden wurden auch Scherben und Knochenfragmente. Alles wurde dokumentiert.
Chris Wohlfeld
Schnell waren die Experten auf Siedlungsnachweise gestoßen, darunter der Grabhügel.
Schnell waren die Experten auf Siedlungsnachweise gestoßen, darunter der Grabhügel.
Chris Wohlfeld