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Fünf Jahre ohne Polizei in Thale Fünf Jahre ohne Polizei in Thale: Das Land sieht keine Probleme - die Statistik hilft

Von Benjamin Richter 25.10.2019, 09:58
In Thale gibt es kein Kommissariat der Polizei mehr. Die Stadt setzt auf einen privaten Sicherheitsdienst, der etwa Vandalismus vorbeugen soll.
In Thale gibt es kein Kommissariat der Polizei mehr. Die Stadt setzt auf einen privaten Sicherheitsdienst, der etwa Vandalismus vorbeugen soll. Marco Junghans

Thale - „Die Präsenz der Polizei hat stark abgenommen“, stellt Thales Bürgermeister Thomas Balcerowski (CDU) fest. Fünf Jahre, nachdem die Polizei ihr Revierkommissariat (RK) in der Stadt aufgegeben hat, zeigt sich der Verwaltungschef unzufrieden. „Ich kann diesen Schritt nach wie vor nicht gutheißen.“ Zum 1. November 2014 waren die Beamten aus den Räumen in der Rudolf-Breitscheid-Straße 10 ausgezogen.

Dass das Kommissariat wegfällt, hatte die sachsen-anhaltische Regierung rund ein halbes Jahr zuvor entschieden. Der Kabinettsbeschluss vom Mai 2014 zählt noch 15 weitere Revierkommissariate im Land auf, die damals aufgegeben wurden, darunter auch jenes in Blankenburg.

Mietobjekt ist nicht wirtschaftlich gewesen

„Gleichzeitig wurde die Einrichtung der Regionalbereichsbeamten in den Einheits- und Verbandsgemeinden beschlossen“, legt Stefan Brodtrück, stellvertretender Pressesprecher des Innenministeriums in Magdeburg, dar. „Aus ökonomischen Gründen“ sei der Mietvertrag für das Grundstück in Thale gekündigt worden.

„Für die Unterbringung der Regionalbereichsbeamten am Standort Thale wäre dieses große Mietobjekt nicht wirtschaftlich gewesen, so dass andere Räume angemietet wurden“, erläutert Brodtrück.

Im Herbst 2014 wurden die Beamten, die damals für den Bereich Thale zuständig waren, in den Räumen des Polizeirevierkommissariats in Quedlinburg, Schillerstraße 3, untergebracht. Die beiden Regionalbereichsbeamten zogen in neue Räume im Rathaus Thale ein. „Die Stadt Thale“, erklärt der Ministeriumssprecher, „integriert sich in einen Streifenbereich und ist dem RK Quedlinburg unterstellt. Die Polizei gewährleistet, dass sich in diesem Streifenbereich stets mindestens auch ein Funkstreifenwagen befindet.“

Regionalbereichsbeamte  sind Ansprechpartner im Rathaus

Notrufe und Einsätze koordiniert demnach das Polizeirevier in Halberstadt. „Die Personaleinsatzplanung gewährleistet, dass eine Besetzung der Streifenbereiche immer gegeben ist“, führt Brodtrück weiter aus.

Dass von den Beamten des Einsatzdienstes niemand mehr konkret der Stadt Thale zugeordnet ist, erklärt das Ministerium damit, dass im Einsatzfall ohnehin das Polizeirevier Harz mit allen Kräften zuständig ist. Zentraler Ansprechpartner für Bürger vor Ort sind weiterhin die Regionalbereichsbeamten im Rathaus Thale.

Bürgermeister Thomas Balcerowski: „Die Bürger fühlen sich nicht ohne Grund nicht mehr sicher.“

In der Praxis, teilt Bürgermeister Balcerowski auf Anfrage mit, landeten die Beschwerden der Thalenser jedoch oft bei ihm. „Die Bürger fühlen sich nicht ohne Grund nicht mehr sicher“, unterstreicht er. Polizeipräsenz habe eine abschreckende Wirkung auf potenzielle Straftäter, die mit dem Auszug des Kommissariats weggefallen sei.

Laut Statistiken der vergangenen Jahre hat die Kriminalität in der Stadt zwar abgenommen, doch der Rathauschef vermutet hinter den Zahlen eine andere Ursache. „Wenn vor Ort niemand mehr da ist, bei dem man eine Anzeige aufgeben könnte, dann lassen es viele Bürger eben sein.“

Mit dieser Situation stehe Thale nicht allein da, urteilt Balcerowski. „Auch im Rest vom Harzkreis ist die Polizei zu wenig präsent.“ Er sieht das Innenministerium in der Pflicht, die öffentliche Sicherheit wieder besser zu gewährleisten.

Streife von privatem Wachdienst bei öffentlichen Gebäuden

Die Stadt Thale schaltete ihrerseits kurz nach der Schließung des Kommissariats einen privaten Sicherheitsdienst zur Unterstützung des Ordnungsamtes ein. Bereits zuvor, erklärt Balcerowski, seien öffentliche Einrichtungen durch einen privaten Wachdienst bestreift worden, da es Probleme mit Vandalismus gegeben habe.

Der Vertrag mit dem Anbieter Sachsen-Anhalt-Security (SAS) sei lediglich verlängert worden. „Wir haben mit dem Dienst positive Erfahrungen gemacht“, bilanziert der Rathauschef. Es beruhige die Bürger nicht nur, wenn im Zweifel jemand da sei, der eingreifen könne, sondern „es geht auch darum, einen Verfolgungsdruck aufzubauen“. Balcerowski ruft die Entscheider in Magdeburg auf, sich nicht hinter einer Statistik zu verstecken.

Behörde erkennt keine negativenn Auswirkungen

Stefan Brodtrück erklärt, im Ministerium lägen für den Bereich Thale keine Erkenntnisse zu negativen Auswirkungen der Schließung vor, weder zu zeitlichen Verzögerungen bei der Erreichbarkeit noch zu Beeinträchtigungen der polizeilichen Arbeit.

„Sollte die polizeiliche Präsenz im Einzelfall durch die Beamten vor Ort nicht ausreichend sein, werden Kräfte aus den umliegenden Streifenbereichen hinzugezogen“, beschreibt er die Arbeitsweise der örtlichen Polizei.

„Dasselbe gilt für die Einsatzkräfte oder Funkstreifenwagen der benachbarten Autobahnpolizei aus Blankenburg.“ Die beiden Regionalbereichsbeamten im Rathaus führten zudem Bürgersprechstunden durch, nähmen Strafanzeigen auf und arbeiteten eng mit der Stadtverwaltung sowie Schulen und Kindergärten zusammen. (mz)