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Einzelhandel in Dankerode Einzelhandel in Dankerode: "Mir ist es wichtig den Laden zu halten"

Von Susanne Thon 06.12.2019, 13:56
Knapp 60.000 Euro hat Silvia Alwast in den Umbau ihres Ladens gesteckt.
Knapp 60.000 Euro hat Silvia Alwast in den Umbau ihres Ladens gesteckt. Dominique Leppin

Dankerode - Auf dem Kassentisch steht ein kleiner Zettel, handgeschrieben: Die Kunden mögen ihre Waren bitte aufs Band stellen. Am Ende lacht ein Smiley. Das Band ist kurz und der Markt alles andere als ein Lebensmittel-Riese. Aber er ist da.

In Dankerode, einem Ortsteil Harzgerodes mit 713 Einwohnern (Stand: 30. Juni 2019). Umso persönlicher geht es hier zu. „Es ist noch ein bisschen so wie Tante-Emma-Laden“, sagt Silvia Alwast, seit 2017 Inhaberin.

Sie trat in die Fußstapfen ihrer Mutter, führt den Laden, der seit über 100 Jahren in Familienhand ist, in vierter Generation. Jetzt hat Alwast umgebaut. An die 60 000 Euro investierte sie - und setzte damit ein Zeichen. „Mir ist es wichtig, den Laden vor Ort zu halten“, erklärt sie. Das gelingt nicht überall. Die Zahlen belegen es.

Lebensmittelgeschäfte verschwinden von der Bildfläche

Seit Jahren verschwinden kleine Lebensmittelgeschäfte von der Bildfläche. Gab es 2008 bundesweit noch 13.900, waren es Ende 2018 nur noch 8.600. Das geht aus einer Statistik des in Köln ansässigen Einzelhandelsinstituts EHI Retail Institute hervor. Discounter, Supermärkte und SB-Warenhäuser einbezogen, ging die Zahl der Lebensmittelgeschäfte von 41.348 auf 37.551 zurück. Supermärkte gibt es heute deutlich mehr als noch 2008, Discounter etwa genauso viele.

Einen Rückgang verzeichnete das Institut nur noch bei den SB-Warenhäusern, bei Weitem aber nicht im selben Maß wie bei den kleinen Läden.

Einzelhandel in Dankerode: Umbau bei laufendem Betrieb

In der Kleinen Gasse 16 in Dankerode will Alwast am 7. Dezember eine Art Wiedereröffnung feiern. Es ist mehr ein symbolischer Akt. Denn der Umbau erfolgte bei laufendem Betrieb. Deshalb habe er sich etwas hingezogen, erklärt Alwast. Losgelegt hatte sie im Jahr der Geschäftsübernahme.

Seitdem wurden Wände eingerissen, Decken abgehängt, Stromkabel neu verlegt, Abwasserleitungen und Fußböden erneuert ...

Dabei ging nicht immer alles glatt - kommt vor auf dem Bau, besonders in alten Häusern, in denen immer mal wieder irgendwas gemacht wurde. „Früher wurde angebaut, wie man es brauchte“, sagt Alwast. Und nach Jahrzehnten gerät auch mal was in Vergessenheit. „Einmal haben wir ein Kabelbündel erwischt. Da ging nichts mehr.“

Einzelhandel in Dankerode: Den Flair des Dorfladens nicht zerstören

Doch nicht nur die Raumaufteilung ist anders, auch an der Inneneinrichtung hat sich einiges geändert. Es sollte „ein bisschen moderner“ werden, „aber ich wollte das Flair des Dorfladens nicht zerstören“, erklärt die Chefin.

Den Kassentisch entdeckte sie in einem Internetauktionshaus. Als sie hörte, er sei noch zu haben, schlug sie sofort zu. „Am nächsten Tag habe ich meinen Mann nach Unna geschickt, um ihn zu holen“, erzählt sie. Für das Kühlregal fuhr sie mit ihm bis ins Allgäu. Angekommen in Dankerode, war es eine Zentimeterarbeit, das vier Meter lange Teil an seinen neuen Bestimmungsort zu hieven.

Und die Regale - drei Nachtschichten legte sie ein, um sie zu reinigen und einzuräumen - stammen aus Chemnitz. Die Sachen kaufte Alwast gebraucht. Neu hätten sie sie ein Vielfaches gekostet.

Einzelhandel in Dankerode: Sich zu behaupten ist nicht einfach

Reich macht sie ihr kleiner Laden nicht. Das gibt Alwast unumwunden zu. Sie sagt, sie habe das Glück, ihren Eltern nur eine kleine Miete zahlen zu müssen. Auch ihr Mann stehe hinter ihr: „Wenn ich ihn nicht hätte, könnte ich das so nicht durchziehen.“ Es sei nicht einfach, sich zu behaupten. Wenngleich sie immer wieder höre, dass sich die Leute freuten, einkaufen zu können, ohne irgendwo hinfahren zu müssen.

„Es ist wichtig, dass es in kleinen Orten Versorgungspunkte gibt“, sagt Harzgerodes Bürgermeister Marcus Weise (CDU). Da sind aber auch die Anwohner gefragt: Sie müssten hingehen, wenn sie das Angebot erhalten wollten; „geht das Dorf zum Laden, bleibt der Laden im Dorf“, so das Stadtoberhaupt. In Dankerode funktioniere das. Hier hielten sich auch ein Bäcker, ein Fleischer und drei Gaststätten, zählt er auf.

Einzelhandel in Dankerode: Dankeschön an alle Unterstützer

Bei all ihren Unterstützern möchte sich Alwast am Sonnabend bedanken. Zu denen gehören neben Familie und Mitarbeitern die Umbau-Helfer - „Wenn man hier im Ort Hilfe braucht, ist immer wer da“, sagt sie - und ihre Kunden, darunter Unternehmen und Einrichtungen. Sie trügen, so Alwast, mit ihren Einkäufen zum Erhalt des Ladens bei.

Und der ist in ihren Augen mehr als nur ein Ort, an dem man Lebensmittel kaufen, Pakete abgeben, gelbe Säcke besorgen und Kartoffeln zum Einkellern bestellen kann: „Die Leute treffen sich hier“, man tausche sich aus. Und das möge noch lange so bleiben. „Denn wenn ein Laden erst mal weg ist, ist er weg.“ (mz)