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„Kette von Behördenversagen“ Femizid in Bad Lauchstädt - Abgeordnete sehen Fehler bei Waffenbehörde im Saalekreis

Sachsen-Anhalts Landtag hat über den mutmaßlichen Frauenmord in Bad Lauchstädt debattiert: Abgeordnete sehen schwere Fehler bei der Waffenbehörde des Saalekreises, Mitarbeiter sollen ins Parlament geladen werden.

Von Jan Schumann 23.03.2023, 18:25
Linken-Abgeordnete Henriette Quade im Landtag von Sachsen-Anhalt.
Linken-Abgeordnete Henriette Quade im Landtag von Sachsen-Anhalt. (Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa)

Magdeburg/MZ - Im Fall des mutmaßlichen Frauenmords von Bad Lauchstädt haben Landtagsabgeordnete die Waffenbehörde des Saalekreises massiv kritisiert. Im Vorfeld des Verbrechens hätten alle Voraussetzungen zur Entwaffnung des mutmaßlichen Todesschützen vorgelegen, sagte Linken-Innenpolitikerin Henriette Quade am Donnerstag im Parlament. Es sei „beschämend“ und „schlicht weg falsch“, dass die Behörde bisher etwas anderes darlege, so Quade. „Es stellt sich auch die Frage, ob die Waffenbehörde einfach glaubt, dreist lügen zu können.“

Es geht um diesen Fall: Anfang März hatte die Polizei eine 59-jährige Frau und ihren 61-jährigen Mann tot in einer Wohnung in Bad Lauchstädt gefunden, Ermittler gehen von einer Gewalttat des Mannes aus. Der polizeibekannte Sportschütze war schon Wochen vor dem Gewaltverbrechen von seiner Ex-Partnerin wegen eines Übergriffs angezeigt worden - doch weder Polizei noch Waffenbehörde griffen daraufhin konsequent genug ein, um ihn zu entwaffnen.

SPD-Politiker Erben: „Kette von Behördenversagen“

„Es gibt hier eine Kette von Behördenversagen und am Ende gibt es zwei Tote“, sagte SPD-Innenpolitiker Rüdiger Erben. „Es erzürnt mich, dass Beamte ernsthaft auf die Idee gekommen sind, die Frau ins Frauenhaus zu schicken, statt den Ehemann zu entwaffnen.“ Die Waffenbehörde Saalekreis legt bisher dar, ihr habe die rechtliche Handhabe gefehlt, dem 61-Jährigen tatsächlich die Waffen abzunehmen.

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Erben will das nicht gelten lassen, sieht stattdessen landesweite Vollzugsprobleme beim Waffenrecht. „Die Waffenbehörden müssen ihre Arbeit machen“, sagte er. Es gebe an dieser Stelle seit Jahren Probleme. „Wir müssen davon wegkommen, dass sich Waffenbehörden in diesem Land als Stempelstelle sehen.“ Es müsse einen „Mentalitätswechsel“ geben. Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) solle den Behörden klar machen, dass Gesetze und Erlasse „keine netten Hinweise“ seien.

Zieschang legte am Donnerstag dar, für eine Entwaffnung hätten Polizei und Waffenbehörde enger zusammenarbeiten müssen - und das zudem zügiger. „Nach den mir derzeit vorliegenden Informationen zeichnet sich ab, dass es für die Entscheidung der Waffenbehörde elementar gewesen wäre, wenn die Polizei nicht lediglich die ihr vorliegenden Erkenntnisse weitergegeben, sondern auch vertieft weiter ermittelt und die dabei gewonnen Informationen beweissicher dokumentiert der Waffenbehörde zur Verfügung gestellt hätte“, so Zieschang.

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„In jedem Fall hätten Polizei und Waffenbehörde bei der Gefährdungsbewertung enger zusammenarbeiten müssen“, sagte die Ministerin. „Der tödliche Fall häuslicher Gewalt im familiären Umfeld wird mit der gesamten Landespolizei und den Waffenbehörden ausgewertet werden.“ Als Fehler sieht es Zieschang auch, dass eine vorgeschriebene Gefährderansprache durch Polizisten an den 61-jährigen Sportschützen nicht zustande kam. Dies wäre laut Innenministerium Vorschrift gewesen, nachdem sich die bedrohte Frau im Februar schutzsuchend an die Polizei gewandt hatte.

Waffenbehörden: „Wir haben ein Vollzugsproblem“

FDP-Innenpolitiker Guido Kosmehl betonte mit Blick auf die Waffenbehörden im Land: „Wir haben ein Vollzugsproblem.“ Schärfere Waffengesetze - wie sie etwa die Linkspartei am Donnerstag forderte – hätten den Fall Bad Lauchstädt nicht entschärft. Stattdessen seien die Waffenbehörden im Land personell nicht ausreichend gut ausgerüstet. Der Grünen-Innenpolitiker Sebastian Striegel sagte, Vertreter der Waffenbehörde im Saalekreis sollten in den Innenausschuss kommen, um den Fall detailliert zu besprechen.