Zweifel an Handelskonzept der Stadt Zweifel an Handelskonzept der Stadt: Was kann dem Einzelhandel in Lützen helfen?

Lützen - Ein Einzelhandels- und Zentrenkonzept soll am Dienstag im Lützener Stadtrat beschlossen werden. Wird das 30 Jahre nach der Wende etwas bringen? Eckhard Otto ist skeptisch. Er betreibt ein Geschäft mit Damen- und Herrenbekleidung. Vor 27 Jahren hat das der 63-Jährige mit seiner Frau Gabriele eröffnet. Er gibt offen zu: „Von den Lützenern allein könnte ich nicht leben.“ Stattdessen würden Stammkunden sogar aus Naumburg und Leipzig kommen.
Einkauf in Leipzig, Weißenfels, Günthersdorf oder dem Internet statt Lützen
Otto verweist auf die Geschäfte in der Innenstadt. Nach und nach hätten sie geschlossen: Fotoatelier, Fleischer, Geschenkartikel. Sieben gibt es noch. Seines hat einen guten Ruf, vertreibe auch Bekleidung bekannter Marken. Er könne jedenfalls existieren, wobei Kunden ab 40 Jahre kommen, jüngere aber eher nicht. Allerdings räumt er gern ein, dass er als gelernter Elektriker bei handwerklichen Dingen bis hin zu Fußbodenverlegearbeiten selbst alles erledigt. Hinzu kommt, dass er auf dem eigenen Grundstück die Miete sparen kann. Ab und an hilft auch die Tochter mit, ist zu hören, doch für ihn und seine Frau soll wahrscheinlich in drei Jahren Schluss sein.
Im vergangenen Bauausschuss hat Franziska Haase von der Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung mbH das Handelskonzept vorgestellt. Sie verwies auf die Befragung von 319 Haushalten, 232 davon in Lützen und 87 in Bad Dürrenberg-Tollwitz und Leuna-Kötzschau, die ebenfalls in die Kleinstadt zum Einkauf kommen. Laut Statistik wird dabei von einer Kaufkraft von 59 Millionen Euro ausgegangen. Bei den Lützenern sind es knapp 48 Millionen Euro, von denen 29 Prozent, also 13,8 Millionen Euro vor der Haustür ausgegeben werden. Zwei Drittel davon für Nahrungs- und Genussmittel, der Rest für andere Produkte. Was die Lützener selbst anderswo ausgeben, wird mit 34 Millionen Euro beziffert. Sprich: Viele fahren nach Leipzig, Weißenfels, Günthersdorf oder bestellen im Internet.
Onlinehandel und Pendler größte Konkurrenz für Einzelhandel in Lützen
Fakt ist laut Franziska Haase, dass es um den Erhalt und punktuellen Ausbau des Einzelhandelsangebotes gehen muss. Letzteres soll durch die Bauleitplanung ermöglicht werden. Ausgeschlossen werden soll hingegen der Bau von Lebensmittelmärkten außerhalb des zentralen Versorgungsbereiches im Ortskern. Derzeit verfügt die Stadt hier über sieben Einzelhandelsgeschäfte mit 275 Quadratmetern Verkaufsfläche. Außerdem decken die Handelsketten Edeka, Netto und Norma sowie Sonderpostenmärkte den Bedarf im überwiegenden Maße ab.
Stadtrat Achim Eißelt (Bürgerliste) verweist im Ausschuss auf die zahlreichen sogenannten Auspendler, die in Leipzig oder anderswo arbeiten und dort einkaufen. Sie würden am Wochenende höchsten in die Geschäfte gehen, wenn sie etwas vergessen hätten. Hinzu komme die große Zahl von Online-Bestellungen. Auch das sei aus seiner Sicht ein Grund, dass Geschäfte geschlossen worden sind. Er warnte außerdem davor, von zu hohen Zahlen in Sachen Kaufkraft auszugehen. Michael Winter (Bürgerliste) sieht viel beschriebenes Papier: Allerdings sieht er die Chance, dass die Stadtverwaltung etwas verbessern kann, als begrenzt an.
Stadtrat muss über Einzelhandels- und Zentrenkonzept entscheiden
Christine Krößmann (Die Linke) sieht auf der einen Seite zwar fehlende Zugpferde, die zum Einkauf reizen, fordert aber auch eine Entwicklung hin zur stärkeren Identifikation der Einwohner mit Lützen und seinen Einkaufsmöglichkeiten. Starsiedels Ortsbürgermeister Udo Scheunig ist nicht so optimistisch und sieht nur geringe Möglichkeiten, dass sich etwas ändern lasse. Hans-Joachim Fuhrmann (SPD) sieht dies ähnlich. Angesichts von Pendlern und den steigenden Online-Einkäufen könne man die Entwicklung nicht rückgängig machen.
Denn eines hatte die Studie klar gemacht: Die Einwohnerzahl sinkt. Erschwerend für den Handel ist auch, dass 3010 Lützener anderswo arbeiten und nur 2700 Beschäftigte nach Lützen pendeln. Vier Ausschussmitglieder stimmten für das Einzelhandels- und Zentrenkonzept und vier dagegen. Nun muss der Stadtrat am Dienstagabend entscheiden.
Die Sitzung findet im Rathaussaal Lützen am 29. Oktober, 19 Uhr statt. (mz)