Wirtschaft in Naumburg Wirtschaft in Naumburg: Im Büro zwei Gautschbriefe

Naumburg - Vom 21. bis 23. April 1989 beging die damalige Drucker-Genossenschaft im zwischen Wernigerode und Elbingerode gelegenen Ferienheim Büchenberg ihr 40-jähriges Jubiläum. Ein würdiges Fest sollte es werden, und so kam der Vorstand auf die Idee, während der Feier junge Drucker zu gautschen. Bis ins 16. Jahrhundert reicht dieser Brauch des Buchdruckerhandwerks, bei dem ein Lehrling nach bestandener Prüfung in eine Bütte getaucht wird.
In den Genuss dieses nassen Vergnügens kam auch Heinz-Peter Felber. Der heutige Buchdruckermeister war damals zwar gerade mal etwas über 20 Jahre alt, jedoch bereits Inhaber der Firma Naumburg-Druck. Denn am 1. Juni 1988 hatte er den in der Grochlitzer Straße 46 von Naumburg gelegenen mittelständischen Betrieb von seinem Vater Heinz Felber übernommen. „Das war nicht einfach, aber ich wollte das von meinem Vater Geschaffene fortsetzen“, erinnert er sich an diese Zeit
Am 1. Januar 1967, also vor 50 Jahren, hatte Vater Heinz die zuletzt von Buchdruckermeister Anton Ostler geführte Druckerei von dessen Witwe übernommen, nachdem Ostler ein Jahr zuvor verstorben war. Fortan bot sie unter dem Namen Naumburg-Druck weit über die Stadtgrenzen hinaus ihre Dienstleistungen an. „Es wurden Messeprospekte für das WMW-Umformwerk Erfurt und die Spritzgießmaschinen-Fabrik Wiehe ebenso gedruckt wie Verpackungsmaterialien für das Antennenwerk Bad Blankenburg, Reiseprospekte für das Tarifamt Berlin, Werbung für die Mitropa oder die Leuna-Werke“, ist in der Firmenchronik über diese Zeit zu lesen.
Und Hans-Dieter Speck berichtete damals in der Liberaldemokratischen Zeitung aus Anlass des 50-jährigen Berufsjubiläums von Heinz Felber nach einem Besuch bei „Naumburg-Druck“: „Kleine Druckereien von dieser Art sind nahezu unentbehrlich. Wohin sonst sollten alle diejenigen gehen, die schnell und in kleiner Serie etwas veröffentlichen wollen? Wohin die Museen und der Kulturbund mit ihren Plakaten?“ In der zunehmend vom Mangel geprägten Wirtschaft war Naumburg-Druck deshalb für private und geschäftliche Kunden eine gute Adresse.
Am 3. Oktober 1987 jedoch starb Heinz Felber und riss in der Familie wie im Betrieb eine große Lücke. Doch Sohn Heinz-Peter, damals 22 Jahre alt, ließ sich nicht entmutigen, packte an und übernahm den väterlichen Betrieb. 1990 bereits konnte er den Meistertitel vorweisen, und das in einer überaus bewegten Zeit.
Zwei Jahre später war Hans-Dieter Speck erneut zu Besuch im Hause Felber, um über das 25-jährige Jubiläum des einst väterlichen Betriebes zu berichten. Sohn Heinz-Peter sitzt da schon am Computer, in die Druckerei hat neue Technik Einzug gehalten, der Familienbetrieb ist angekommen in der Marktwirtschaft. Und dort behauptet er sich noch immer mit Erfolg. Im Juni 1995 zog die Druckerei von der Grochlitzer Straße in die Hallesche Straße in Räume einer ehemaligen Schuhfabrik. „Die ständige Modernisierung der Drucktechnik war hier einfacher zu realisieren“, nennt Felber einen der Gründe für den Wechsel. Denn nach der Umstellung vom Blei- auf den Offsetdruck folgte 2008 mit der Digitalisierung schon die nächste Etappe. „Jetzt können wir auch Kleinauflagen und personalisierte Drucke in Top-Qualität anbieten. So sind wir von der klassischen Druckerei zum modernen Dienstleistungsunternehmen gewachsen“, so Felber. Das Bewahren handwerklicher Tradition ist ihm dennoch wichtig. So übernahm er 2013 die Buch- und Lederdesign GmbH, wuchs der Betrieb auf sechs Mitarbeiter. Und als Zeichen dieser Tradition hängt in Felbers Büro neben dem eigenen Gautschbrief der seines Vaters.
