Syrer Ahmed A. im Interview Syrer spricht über die Krawallnacht in Naumburg

Naumburg - Die Vorhänge der Shisha-Bar in Naumburg sind zugezogen. Auf den weißen Ledersofas haben noch keine Gäste Platz genommen. Es ist Mittwoch, 12 Uhr. Ahmed A. hat seine Bar gerade geöffnet. Der 21-jährige Syrer, der seit 2002 in Deutschland lebt und in Naumburg zur Schule ging, wirkt ruhig.
Doch innerlich sei er aufgewühlt. „Es wird so viel Unsinn über Samstagnacht erzählt“, sagt er. Deswegen ist er bereit zu reden.
Hat Clan aus Syrien Naumburg im Griff?
Seit der Nacht auf Sonntag gilt Ahmed A. als Mann, vor dem der Rechtsstaat in Naumburg kapitulieren musste. Konkret geht es um Vorwürfe, die von der Polizei gegen ihn erhoben werden.
Er und mehrere Freunde und Verwandte sollen zwei Beamte während eines Einsatzes bedrängt haben. Um eine Eskalationen zu vermeiden, haben die sich zurückgezogen, wie es in einer internen Polizeimeldung heißt. Darin steht auch, dass A. dann mit sieben weiteren Personen vor dem Polizeirevier in Naumburg erschien, dort randalierte und die Beamten massiv beleidigte, etwa mit dem Satz: „Ich jage jedem einzelnen von euch Bullen eine Kugel in den Kopf.“
Ahmed A. schüttelt darüber den Kopf. „Es gab sicher ein paar unschöne Worte, für die ich mich auch persönlich entschuldigt habe. Aber sowas habe ich nicht gesagt.“ In der Version des 21-Jährigen beginnen die Geschehnisse mit einem Schwarzafrikaner, der in seiner Bar Gäste belästigte. „Den habe ich vor die Tür gesetzt, woraufhin er anfing, Steine gegen meine Scheibe zu werfen“, erzählt A. und zieht einen Vorhang hinter sich zurück. Dort ist ein zugeklebtes Loch zu sehen: „Das ist von Samstagnacht.“
Afrikaner soll Gäste in Shisha-Bar Naumburg belästigt haben
Einer seiner Mitarbeiter ruft die Polizei. „Die waren dann auch nach zwei Minuten da.“ Da er der Besitzer der Bar ist, wollen die Beamten seine Personalien aufnehmen. Ahmed A. hat nur seinen Führerschein dabei. „Nach einer kurzen Überprüfung sagten die, dass sie meinen Führerschein einziehen müssten.“
Ahmed A. will wissen, warum. „Doch das sagten mir die beiden nicht und meinten nur, dass ich das auf dem Revier erfahren könnte.“
Auch aus der internen Polizeimeldung geht diese Schilderung so hervor. Der Führerschein war vom Straßenverkehrsamt des Burgenlandkreises eingezogen worden. „Das hängt damit zusammen, dass ich ein Aufbauseminar besuchen musste, weil ich zu schnell gefahren bin“, sagt A.
Das Seminar habe er besucht, allerdings endete es kurz nach Ablauf der Frist. „Deswegen wollte das Amt meinen Führerschein einziehen, wogegen ich aber schon Widerspruch eingelegt habe.“
Randale in Naumburg: Führte eine Lappalie zur Eskalation?
Es klingt nach einer Lappalie, doch sie führte an diesem Samstagabend zur Eskalation vor der Shisha-Bar. „Ich war natürlich aufgebracht und viele meiner Gäste, die sich dann vor der Tür versammelten, waren zudem angetrunken.“ Hinzu soll noch eine Szene gekommen sein, die nicht im Polizeibericht auftaucht.
Während der Diskussionen soll einer der beiden Beamten den Schwarzafrikaner heftig vor eine Wand gestoßen haben. Dort ist noch ein Blutfleck zu sehen. Auf Nachfrage sagt die Polizeidirektion Süd, dass sie davon keine Kenntnis habe.
Auch diese Aktion soll dazu geführt haben, dass die Stimmung aggressiver wurde. „Das war aber auch ein bisschen Show von den beiden Polizisten, die dann mit quietschenden Reifen wegfuhren.“ Dabei seien sie über seinen Fuß gefahren, behauptet Ahmed A. Dann habe einer aus der Gruppe gegen den Streifenwagen getreten, der eine Delle davon trug.
Aggressive Stimmung vor Polizeirevier Naumburg
„Ich hab dann gemacht, was die Polizisten mir gesagt haben“, meint der Syrer. Zusammen mit seinem Bruder sei er zum Revier gegangen. „Auch ein paar andere aus der Bar waren schon dort, damit hatte ich aber nichts zu tun.“ Es sei sicherlich eine aggressive Stimmung gewesen.
Im Polizeibericht wird erwähnt, dass durch Tritte eine Tür beschädigt wurde. „Das Verhalten vor Ort war sicher nicht in Ordnung, aber so extrem, wie das geschildert wurde, war es auch nicht“, meint A.
Ist Ahmed A. nun der Mann vor dem der Rechtsstaat kapitulieren musste? Der Anführer eines Familienclans, der Naumburg terrorisiert? „Nein“, sagt der 21-Jährige, der neben der Bar noch zwei weitere Geschäfte betreibt. Vielmehr fühlt er sich schikaniert.
Schikane gegen Syrer in Naumburg?
„Schon jetzt werde ich und auch Freunde und Verwandte fast jeden Tag kontrolliert.“ Zum Beweis zückt er sein Telefon. Darauf ist ein Bild von Beamten mit Maschinenpistolen zu sehen. „Das war gestern, da wurde mein Cousin bei einer Verkehrskontrolle angehalten.“ Auch Gäste der Bar würden von Polizisten befragt.
„Mir wird auch keine Wohnung vermietet und ich bekomme keinen Steuerberater“, sagt A. „Sobald die meinen Namen sehen, ist es vorbei.“
Warum das so ist? Ahmed A. sagt, er wisse es nicht. „Einer meiner fünf Brüder muss wegen Drogenhandels ins Gefängnis“, räumt er ein. Das heiße aber noch lange nicht, dass die ganze Familie kriminell ist. A. fühlt sich jedenfalls zu Unrecht stigmatisiert. „Ich hab mich mit 18 Jahren selbstständig gemacht und mein Geschäft aufgebaut. Vielleicht sind manche Menschen darauf einfach nur neidisch.“ (mz)