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Soziales  Soziales : Alarm per Knopfdruck: Nutzerzahl steigt

Von Petra Wozny 16.01.2018, 09:02
Der Notrufknopf am Handgelenk ist mit dem Haustelefon verbunden. Von da geht das Signal zur Leitstelle.
Der Notrufknopf am Handgelenk ist mit dem Haustelefon verbunden. Von da geht das Signal zur Leitstelle. Peter Lisker

Naumburg/Weißenfels - Ein Bauernhaus in einem kleinen Dorf im Burgenlandkreis: Ein alter Mann sitzt am Küchentisch - früh, mittags und abends. Seit seine Frau gestorben und die Enkelin mit der vierjährigen Urenkelin ausgezogen sind, ist es für ihn einsam und still geworden. „Was soll nur werden?“, fragt er verzweifelt. Kinder und Enkel gibt es zwar reichlich, aber sie alle wohnen weit weg. Zweimal in der Woche besucht ihn eine Schwester des Pflegedienstes der Diakonie. Für je eine halbe Stunde ist dann Leben in dem verwaisten Haus.

Was aber, wenn dem 86-Jährigen dazwischen etwas passiert, er im Bad ausrutscht oder auf der Treppe eine Stufe verfehlt ? Diese Frage bewegt nicht nur den hochbetagten Senior, sondern auch seine Verwandten. Alle gehen arbeiten, hinzu kommt, dass jede Autofahrt zum Vater beziehungsweise Großvater immerhin mindestens 45 Minuten dauert.

Unabhängig von Kasse

Dieses Problem beschäftigt viele Rentner und deren Familien. „Allein sein und dennoch den Alltag bewältigen zu können, ist durch den Einsatz eines Hausnotrufknopfes möglich,“ erklärt Elisabeth Wagner. Sie arbeitet beim DRK-Hausnotruf und Assistenzdienste für Sachsen und Sachsen-Anhalt. Und sie fährt fort: „Jeder kann den Knopf unabhängig davon, von welchem Wohlfahrtsverband - DRK, Diakonie, Johanniter, Malteser oder auch Caritas beziehungsweise privaten Pflegediensten - er Leistungen erhält, beantragen.“ Deshalb gibt es kein zentrales Dach für diesen Notruf, sondern viele verschiedene über Deutschland verteilte Leitstellen, Die DRK-Leitstelle sitzt in Leipzig. In Sachsen-Anhalt tragen rund 5 000 Frauen und Männer derzeit einen solchen Hausnotrufknopf nur vom DRK. Im Burgenlandkreis sind es etwa 500, Tendenz steigend. „Im Durchschnitt wird etwa ein Notruf pro Monat ausgelöst“, bilanziert Wagner.

Wie funktioniert nun dieser Notruf? Der Patient trägt einen Sender wie eine Uhr am Arm. Der ist mit dem Telefonhausanschluss verbunden. Drückt der Patient den roten Knopf, geht der Ruf bei der Leitstelle ein. Die entscheidet, wer am schnellsten zu dem in Not geratenen Menschen kann: ein Verwandter, der Pflegedienst oder doch der Rettungsarzt. „Diese unterstützende Hilfe ist ideal und hat schon vielen vor allem älteren Menschen geholfen, wenn sie beispielsweise allein in der Wohnung sind und gestürzt sind“, so Wagner.

„Wir haben etwa von jedem vierten unserer zu betreuenden Patienten einen Wohnungsschlüssel. Das sind all jene, die auch über den Notknopf verfügen“, ist von Susann Nietzsch zu hören. Sie leitet in Weißenfels die DRK-Sozialstation. „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass diese Art der Notfallmeldung wirklich lebensrettend sein kann“, sagt sie. Sie kennt eine Rentnerin, die überglücklich über den neuen Sender ist. Sie war in ihrer Wohnung gestürzt. Ans Telefon kam sie nicht mehr und ihre Rufe hörte keiner. Einer Nachbarin war schließlich aufgefallen, dass sie die Seniorin nicht mehr gesehen hat und benachrichtigte Hilfe.

Von 328 auf nunmehr 473

Auch die AOK verweist auf eine steigende Anzahl an Notrufträgern. Hier fließen die Zahlen aller Wohlfahrtsverbände und privater Anbieter ein. „Gab es 2013 in Sachsen-Anhalt unter unseren Versicherten 5215 Notrufknopfträger, so sind es heute 2 100 mehr“, rechnet AOK-Pressereferent Jörn Wegner vor.

Im Burgenlandkreis stieg im gleichen Zeitraum die Nutzung der Telefonhilfe von 328 auf 473. „Dahinter steckt der demografische Wandel und das starke Mitgliederwachs, aber auch die Einführung des Pflegegrades I“, erläutert Wegner. Hier erhalten die Menschen erstmals Zuschüsse zur Grundgebühr des Gerätes und zu den Anschlusskosten.

Der Antrag des betagten Seniors aus dem Bauernhaus nahe Zeitz wird derzeit bearbeitet. In wenigen Tagen, so wurde ihm versichert, steht die neue Technik im Haus.