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Schwalben in großer Gefahr Schwalben in großer Gefahr: "Die Elster zerstört und plündert Gelege"

Von Holger Zimmer 12.06.2018, 14:46
Die Schwalben fühlen sich von der Nähe des Fotografen in einem der Wirtschaftsgebäude augenscheinlich gestört.
Die Schwalben fühlen sich von der Nähe des Fotografen in einem der Wirtschaftsgebäude augenscheinlich gestört. Peter Lisker

Meuchen - Es sieht dramatisch aus. In die Schwalbennester unter den Dachrinnen sind große Löcher gehackt. Fritz-Gerald Schröder aus Meuchen ist ratlos. Vor zwei Jahren waren fast alle 100 Nester belegt. Doch im Vorjahr hatten die Elstern ihrem Zerstörungsdrang freien Lauf gelassen und es auf die heranwachsende Brut abgesehen. Der 56-Jährige hatte gehofft, dass diesmal unter den Dachrinnen wieder richtiges Schwalben-Leben einzieht. Fehlanzeige.

Der Hof von Familie Schröder ist seit 1739 im Familienbesitz. Schwalben gehörten faktisch schon immer zum lebenden Inventar. Zehn Kühe und 20 Schweine standen in den Ställen und 50 Hühner hatten einst ihren Auslauf. Auch jetzt noch gibt es Schafe, Hühner, Kaninchen, Katzen, Tauben und Enten. Der Misthaufen auf dem Hof ist freilich fast komplett verschwunden.

Meuchen: Generationen von Schwalben haben Material aus dem nahen Teich verbaut

Generationen von Schwalben haben Material aus dem nahen Teich verbaut. Eine dicke Restschicht von alten Nestern an der Wand zeugt von einer Bautätigkeit über Jahrzehnte hinweg. Schröder erzählt: „Wenn ich mit dem Auto auf den Hof gefahren bin, dauerte es nicht lange und der erste Kot landete auf Dach oder Motorhaube.“

Auch Hauswände, Fenster, Türen und Tore blieben nicht verschont. Anke Schröder (55) sagt: „Sauber machen war erst im September angesagt, wenn die Schwalben in Richtung Süden davongeflogen waren. Aber das hat mich nie gestört.“ Jetzt können Schröders nicht mehr tun, als das Garagenfenster offen zu lassen, weil drinnen ein Pärchen brütet.

Schwalben in Meuchen: „Vielleicht zog sie die Wärme der Dachziegel an“

Irgendwie war es ja auch schön, wenn sich die Schwalben auf dem flacheren Scheunendach einen Platz suchten. „Vielleicht zog sie die Wärme der Dachziegel an“, sagt Frau Schröder. Und von dort aus machten die Jungtiere ihre ersten Flugversuche. Dann wurde noch mal gezwitschert und 20.30 Uhr war Nachtruhe.

Auch jetzt fliegen Schwalben übers Dach und mittendrin befinden sich Elstern. Die Eintracht trügt freilich. Die Schwalben sind dieses Jahr Anfang Mai zu Schröders und damit ziemlich spät gekommen. Inzwischen ist ein halbes Dutzend der halb zerstörten Nester besetzt. Denn ausgebessert haben sie ihre teilweise zerstörten Behausungen nicht, weiß Fritz-Gerald Schröder. Insekten gebe es noch, weil auch andere Meuchener Schafe halten und einige noch ein Schwein füttern. Rotschwänzchen, Eichelhäher, Bachstelzen und Schleiereulen habe man selbst auf dem Grundstück oder sie ließen sich mal sehen.

Weißenfelser Stadtjäger Armin Deubel sieht das Problem vielschichtig

Am anderen Dorfende wohnt Lieselotte Hilpert (84). Vor 60 Jahren war sie mit ihrem Mann hierher gezogen. Auch sie hatten mal Kühe und Schweine. Die Freileitungen, die die Wirtschaftsgebäude noch mit Energie versorgen, dienen abends als Sammelplatz für Schwalben. Sie waren im April hier, bezogen die Nester in den Wirtschaftsgebäuden und nun schauen schon die Jungvögel aus ihnen heraus.

Der Weißenfelser Stadtjäger Armin Deubel sieht das Problem vielschichtig: Die Tierhaltung ist stark zurückgegangen und es fehlt an Insekten. Hinzu kommen der Einsatz von Unkrautbekämpfungsmitteln, aber auch die Elstern. Die konnten in DDR-Zeiten gejagt werden, doch nach der Wende wurden sie auf die Liste geschützter Tierarten gesetzt.

Stadtjäger: „Die Elster zerstört und plündert Gelege.“

Deubel sagt: „Die Elster zerstört und plündert Gelege.“ Aber auch junge Hasen sind nicht sicher. Mehr als zehn Jahre dauerte es, bis Elstern wieder gejagt werden durften. Der Stadtjäger sagt: „Da hieß es, es muss was getan werden. Letztlich aber laufen wir dem Geschehen immer nur hinterher.“ Deubel meint, dass man öfter auf die Jäger hören sollte.

„Wir wissen, wovon wir reden. Denn wer was schützen will, der muss einige Arten in Grenzen halten.“ Er hält den Zug für abgefahren, und was man nur noch tun könne, sei, Elstern intensiver zu bejagen. Eine Chance haben Jäger lediglich, wenn die Elstern ihre Schlafbäume aufsuchen, auf denen viele Tiere zusammenkommen. (mz)

Fritz Gerald-Schröder zeigt die zerstörten Schwalbennester.
Fritz Gerald-Schröder zeigt die zerstörten Schwalbennester.
Peter Lisker