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Schmied aus Köckenitzsch Schmied aus Köckenitzsch: Vier Jahre Wanderschaft

Von Constanze Matthes 11.08.2017, 06:52
Nach vier Jahren zurück in Köckenitzsch: Lukas Nelkenbrecher war als Schmied auf der Walz.
Nach vier Jahren zurück in Köckenitzsch: Lukas Nelkenbrecher war als Schmied auf der Walz. Biel

Köckenitzsch - Vor etwas mehr als vier Jahren hat Lukas Nelkenbrecher zu Stenz und Charlottenburger gegriffen und ist losgegangen. Stenz heißt der Stock, Charlottenburger das Bündel, das im Fall des heute 29-Jährigen neben Arbeits- und Wechselsachen sowie einem Schlafsack auch Werkzeug beinhaltet hat. Der Schmied aus Köckenitzsch ging nach seiner Ausbildung im Erzgebirge, die er als Bester seiner Zunft im Kammerbezirk Chemnitz absolviert hatte, auf Walz. Viel hat er erlebt und gesehen; ganz Deutschland, die Schweiz, Schottland und Rumänien, in Afrika Namibia, in Zentral- und Südamerika Nicaragua und Chile.

Seine Berufung gefunden

Drei Jahre und ein Tag sollte eine Walz mindestens dauern, Nelkenbrecher war ein Jahr länger unterwegs. „Ich wollte erst zurückkommen, wenn ich dazu bereit war und all das gesehen und erreicht habe, was ich wollte“, sagt er. Im norddeutschen Friesoythe plante und baute er mit anderen einen großen Pavillon, auf einer chilenischen Farm stampfte er eine Schmiede aus dem Boden. Im traditionellen Handwerk habe er seine Berufung gefunden, sagt Nelkenbrecher, der zuvor in einem Labor gearbeitet hat. „Der Beruf ist sehr abwechslungsreich. Es ist spannend, was man mit Hammer, Amboss und Feuer so alles machen kann“, erzählt er.

In den vier Jahren hat er seine handwerklichen Fähigkeiten und auch seine Englisch-Kenntnisse ausgebaut, etwas Spanisch gelernt und erfahren, wie es ist, über eine lange Zeit von zu Hause weg zu sein, mit wenigen Dingen auszugekommen. Denn wer auf Walz geht, hat Regeln zu beachten: Das Handy ist tabu. Rund um den Heimatort darf man einen Umkreis von 50 Kilometer nicht betreten. Die traditionelle Kluft ist ständig zu tragen. Nie war der junge Schmied länger als drei Monate an einem Ort. „Man sagt: Wenn der Postbote grüßt und kein Hund mehr bellt, sollte man weitergehen“, so der Köckenitzscher, dessen Sicht auf die Dinge sich während seiner Wanderzeit gewandelt haben. Die Walz habe entschleunigende Wirkung, zudem hinterfrage er das Konsumverhalten und festgefahrene Strukturen. Vor dem Kauf eines Mobiltelefons scheut er sich noch immer. Zu seinen Eltern Olaf und Karola und Freunden hielt er über E-Mail, Post und Telefon Kontakt. In einer Weihnachtskarte schrieb er, dass er noch ein Jahr länger unterwegs ist.

Gartenfest als Empfang

Seine Übernachtungsmöglichkeiten waren verschieden wie die Länder, die er gesehen hat. Er schlief in Scheunen, unter der Brücke und unter einer Bockwindmühle. In Gütersloh hat er eine Übernachtung in einem Fünf-Sterne-Hotel spendiert bekommen. Manchmal wurde er von Fremden willkommen geheißen, manchmal gab es Hilfe von der Gesellschaft der rechtschaffenen fremden und einheimischen Maurer und Steinhauer, einem Netzwerk reisender Handwerker. Als Nelkenbrecher am 15. Juli Köckenitzsch erreichte, wurde er mit einer großen Feier, einem Gartenfest mit Backofen-Party, in Empfang genommen. „Vanille And The Woodpeckers“ spielten.

Bevor er seine Meisterausbildung in Göppingen nahe Stuttgart aufnehmen will, unterstützt er seinen Vater in dessen Treppenbau-Firma, kümmert sich um Hof und das große Grundstück in dem kleinen Ort in der Gemeinde Molauer Land. Sicherlich wird er auch regelmäßig seine Hobbywerkstatt in Seidewitz aufsuchen. Nelkenbrecher ordnet sich selbst in den Bereich der Kunsthandwerker ein. Selbst geschmiedete Messer, ein Rahmen als Gesellenstück und ein Windspiel in Form eines Vogelschwarms, ein Geschenk an seine Mutter zu deren 50. Geburtstag, beweisen seine Schmiedekunst.

Ein Vogelschwarm als Windspiel: Lukas Nelkenbrecher fertigte es als Geschenk für seine Mutter zu deren 50. Geburtstag an.
Ein Vogelschwarm als Windspiel: Lukas Nelkenbrecher fertigte es als Geschenk für seine Mutter zu deren 50. Geburtstag an.
Biel
Auch diese Messer entstanden in der Schmiede.
Auch diese Messer entstanden in der Schmiede.
Biel