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Naumburger Straßenbahn  Naumburger Straßenbahn : "Ille" auf dem Lindenring?

Von Michael Heise 09.10.2020, 06:48
Wird hier einmal die Straßenbahn langfahren? Eine Studie der TU Braunschweig favorisiert den Lindenring, um den Ringschluss der „Ille“ in Naumburg zu vollziehen. Die meisten Einwände dagegen haben die Denkmalschutzbehörden.
Wird hier einmal die Straßenbahn langfahren? Eine Studie der TU Braunschweig favorisiert den Lindenring, um den Ringschluss der „Ille“ in Naumburg zu vollziehen. Die meisten Einwände dagegen haben die Denkmalschutzbehörden. Torsten Biel

Naumburg - Dass die Naumburger Straßenbahn wie einst wieder im Kreis fahren soll, ist Konsens überall - in der Politik, bei den Koordinatoren des Öffentlichen Personennahverkehrs und freilich den Straßenbahnbetreibern und -freunden. Mit einer „Machbarkeitsstudie zum Ringschluss“ stärken ihnen jetzt Experten den Rücken.

Erstellt hat das 72 Seiten starke Papier - Anhänge nicht mitgezählt - das Institut für Verkehrswesen, Eisenbahnbau und -betrieb (IVE) der Technischen Universität Braunschweig im Auftrag des Burgenlandkreises. Dieser ist verantwortlich für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), Empfänger wiederum ist die Stadt Naumburg.

Straßenbahn-Strecke erweitert über Lindenring

Die Studie war bereits mit Spannung erwartet worden. Ihr Fazit: Durch ein Anpassen des ÖPNV-Angebots, kombiniert „mit einer Straßenbahnerweiterung über den kleinen Ringschluss“, lässt sich eine deutliche Verbesserung des Nahverkehrs ermöglichen. Kleiner Ringschluss? Damit gemeint ist die Fortführung der Straßenbahnstrecke vom Endhaltepunkt Salztor über den Lindenring zum Depot, wo der Knoten mit dem bestehenden Netz geknüpft würde. Vorgestellt wurde die Studie am Donnerstag, nachfolgend übergeben von Landrat Götz Ulrich - der seinen ersten Arbeitstag nach rund dreiwöchiger Corona-Erkrankung absolvierte (siehe Seite 9) - an Naumburgs Oberbürgermeister Bernward Küper (beide CDU).

Die Fachleute aus Braunschweig hatten maßgeblich drei Varianten überprüft: Die Genannte über den Lindenring, eine zweite vom Kramerplatz abzweigend unterhalb des Doms entlang zum Bahnhof und eine dritte, die dem Original entspricht: über Weimarer Straße und Moritzberg zum Bahnhof.

Kürzeste ist zugleich preiswerteste Variante

Dass die Experten der ersten den Vorzug geben, liegt in Vielerlei begründet: Sie ist mit 900 Metern Erweiterung die kürzeste und mit geschätzt 4,9 Millionen Euro Investitions- sowie überschaubaren Unterhaltungskosten die preiswerteste, während die anderen aufgrund ihrer Streckenlänge und des baulichen Aufwands mit 10,7 beziehungsweise 13,9 Millionen Euro und entsprechender Unterhaltung deutlich teurer zu Buche schlagen.

Die Planer sehen aber auch eine wesentlich bessere Einbindung ins ÖPNV-Netz, wenn das Buskonzept angepasst würde. Außerdem sei der Konsens für Nummer eins bei allen, die anzuhören waren, am größten. Allen voran die Straßenbahner selbst. Andreas Plehn, einer der beiden Geschäftsführer der Straßenbahn GmbH: „Das Ergebnis war absehbar. Und wir teilen die Meinung der Experten. Die Linienführung ist für uns, was die Nachhaltigkeit angeht, sinnvoll und leistbar.“

Andere Variante mit deutlichen Herausforderungen

Dass die anderen Varianten von den Braunschweigern zwar nicht ausgeschlossen, aber nachrangig gesehen werden, liegt auch in diversen Zwängen begründet. Sieben bis acht Prozent Steigung am Moritzberg beispielsweise seien heute nicht mehr zulässig (Grenze liegt bei fünf), im Falle der Variante unterm Dom entlang müsste unter anderem ein Haus abgerissen werden.

Doch der kleine Ringschluss ist keineswegs in trockenen Tüchern. Scharfer Gegenwind kommt vor allem vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie, das dem Lindenring nicht nur eine „städtebauliche, sondern auch eine geschichtliche Bedeutung“ beimisst. „Eine Streckenführung würde den seit Anbeginn bestehenden Charakter als Fußgängerpromenade nachhaltig negativ verändern“, heißt es in einer Stellungnahme an den Kreis.

Auch Empfehlung für Ringschluss

Doch nicht nur aus denkmalfachlicher Sicht sei die Variante abzulehnen, sondern auch deshalb, da sie die „Pufferzone der Unesco-Welterbestätte Naumburger Dom“ durchquere, wie übrigens auch die Strecke unterhalb des Doms. Die Behörde empfiehlt stattdessen, den historischen Ringschluss weiter zu verfolgen. Sensible innerstädtische Bereiche würden bei diesem gemieden, alte Straßenbahngeschichte wieder aufleben, heißt es.

Das Thema wird in Naumburg zweifelsfrei noch lange diskutiert werden. Andreas Plehn kündigte an, dem Gemeinderat eine detaillierte Stellungnahme zur Diskussion vorlegen zu wollen. OB Bernward Küper sagte, man wolle alle Varianten prüfen, auch mit Blick darauf, wie die Verkehrsplanung in der Stadt hinsichtlich des Umweltschutzes und der Priorisierung des ÖPNV generell zu gestalten sei. Landrat Götz Ulrich sprach sich dafür aus, die Vor- und Nachteile der Vorschläge „in einem breiten öffentlichen Diskussionsprozess“ abzuwägen.

Tageblatt/MZ wird die Studie noch detaillierter vorstellen.