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Unter der Gürtellinie? Lützen: Unter der Gürtellinie? Narren sorgen mit Scherzen zur "Döner-Polizei" für Debatte

Von Alexander Kempf 12.02.2019, 11:59

Lützen - Wie respektlos dürfen Karnevalsinhalte sein? Darüber wird seit Sonntag in Lützen diskutiert. Anlass ist die Abendveranstaltung des 1. Röckener Carnevalclubs am Vortag gewesen. In dieser war auch eine sogenannte „Döner-Polizei“ aufgetreten, die nicht nach jedermanns Geschmack war.

„Wir fanden die ,Döner-Polizei’ flach und unter der Gürtellinie“, kritisiert Walid Madhi im Namen seiner Familie in einer Facebook-Gruppe für Lützener. Die Darstellung türkischer Gastronomen habe auf unreflektierten Klischees bestanden, moniert er.

Ging Karnevals-Gag zu weit?: Viele Lützener sehen das anders

Im besagten Programmpunkt sei die Kultur und der Glaube der Dargestellten auf Zwang, Gewalt und Doppelmoral heruntergebrochen worden, so Walid Madhi. Zugleich lobt der zugezogene Lützener, dass die Karnevalisten überhaupt ein solches Programm auf die Beine stellen.

Nur über die „Döner Polizei“ wünscht er sich eine kritische Diskussion. Doch viele Lützener können seine Kritik nicht nachvollziehen. „Beim Karneval werden immer aktuelle Themen und Klischees aufgegriffen und überspitzt dargestellt, ob es aus Politik, Religion oder dem Alltag ist“, schreibt ein Nutzer. Kurzum: Satire darf das.

Röckens Oberbürgermeisterin hält Narrenspaß für nicht anstößig

Ähnlich bewertet die Röckener Ortsbürgermeisterin Marlies Riedel den Fall. Sie hat das Stück selbst gesehen und kann an den Inhalten nichts Anstößiges finden. Sie empfiehlt der Darbietung mit Humor zu begegnen. „Ich bin auch schon dran gewesen“, so Marlies Riedel, „da lacht man halt drüber.“ Aus ihrer Sicht dürfen die Narren traditionell Dinge sagen, die nicht jedem schmecken.

Dass die traditionelle „Saal-Polizei“ der Röckener Karnevalisten diesmal als „Döner-Polizei“ auftritt, ist der Tatsache geschuldet, dass es im kleinen Lützen mittlerweile schon drei Döner-Bistros gibt, aber immer weniger klassische Kneipen. Eine feindliche Absicht stecke dahinter nicht, ist die Ortsvorsteherin überzeugt. „Wenn eine dritte Tankstelle öffnen würde, dann gäbe es vielleicht auch eine Tankstellen-Polizei“, sagt sie.

Dönerspieß in Penisform: Walid Madhi kritisiert Spaß als gedankenlos

Als feindselig hat Walid Madhi die Darbietung der Röckener auch nicht wahrgenommen. Eher als gedankenlos. Dass ein Dönerspieß die Form eines Penis aufwies, kritisiert er ebenso wie die Darstellung, dass türkische Männer ihre Frauen schlagen. „Ich bin gegen Humor unter der Gürtellinie“, sagt er. Auch das Thema Religion verdiene seiner Meinung nach mehr Respekt.

Selbst ist Walid Madhi kein Türke, sondern hat lybische und ägyptische Wurzeln. Seit 2017 lebt er mit seiner Familie in Lützen. Auch wenn nicht jeder seine Sicht teilt, ist er froh eine Debatte angestoßen zu haben. „Es war eine sehr sachliche und vernünftige Diskussion“, lautet sein Fazit.

Beide Seiten zeigen sich versöhnlich

Damit steht er nicht alleine da. „Auch im Karneval darf man sich mit konstruktivem Feedback auseinandersetzen. Es ist doch völlig legitim, wenn jemand beschreibt, wie er sich bei solch einer Interpretation gefühlt hat“, kommentiert eine Nutzerin die Debatte via Facebook.

Die Röckener Karnevalisten hätten sich lieber eine persönliche Diskussion als eine Facebook-Debatte gewünscht, erklärt Vorstand Michael Winter. Keiner von ihnen habe jemanden beleidigen oder verletzen wollen, stellt er klar. Auch im Verein seien Migranten aktiv und selbstverständlich würden auch Narren mal einen Döner essen. Man habe nur die Anzahl der Bistros auf die Schippe nehmen wollen. (mz)