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Kunst  Kunst : Geschichte erhält ein Gesicht

Von Constanze Matthes 05.04.2016, 07:55
Iris und Bernd Wislicenus - hier mit Restauratorin Andrea Himpel (l.) - haben die Restaurierung des Porträts von Georg Wislizenus finanziert.
Iris und Bernd Wislicenus - hier mit Restauratorin Andrea Himpel (l.) - haben die Restaurierung des Porträts von Georg Wislizenus finanziert. Torsten Biel

Naumburg - Für diesen Abend sind Iris und Bernd Wislicenus von Erlangen nach Naumburg gereist. In der Naumburger Moritzkirche stehen sie schließlich vor einem Gemälde, das sanft vom Licht einer Stehlampe beschienen wird. Es ist nicht irgendein Kunstwerk. Es zeigt den einstigen Pfarrer Georg Wislizenus, der von 1681 bis zu seinem Tode im Jahr 1709 als Pfarrer an St. Moritz gewirkt hatte. Die 49-Jährige ist eine Nachfahrin des Geistlichen. Gemeinsam mit ihrem Mann war sie mitverantwortlich, dass dieses Ölgemälde dank einer Restaurierung nun in einem sehr guten Zustand auch öffentlich gezeigt werden kann. Das Ehepaar - beide arbeiten als Ingenieure und haben im thüringischen Ilmenau studiert - hatte die Kosten jener Arbeiten übernommen. „Es hat bleibenden Wert. Es ist schön, wenn sich nun andere Menschen daran erfreuen können“, sagt Bernd Wislicenus. Auf die Spur des Vorfahren sind die beiden mit Hilfe einer Familienchronik gekommen, die der Großvater der Nachfahrin und dessen Bruder einst erarbeitet hatten.

Teil aus Fundus von Gemälden

Im Internet stießen die Erlanger schließlich auf das Gemälde und fanden auch den Kontakt zur Kirchengemeinde. Das Bild zähle dabei zu einer Reihe aus knapp 20 Pfarrerporträts, die im Depot der Gemeinde liegen und unterschiedliche Qualität, Größe und Bedeutung haben, erklärt Sigurd Susch, Vorstandsmitglied des Fördervereins der Naumburger Moritzkirche.

Die Restaurierung des Wislizenus-Porträts übernahm die hallesche Restauratorin Andrea Himpel. Verschiedene Maßnahmen waren notwendig, um die Qualität des Bildes zu verbessern. So wurde die Leinwand, die bereits Wellen geschlagen hatte, in einen neuen Keilrahmen eingespannt. Frühere Firnis-Schichten wurde abgenommen, eine neue aufgetragen. „Es mussten auch sogenannte Frühschwund-Risse beseitigt werden“, erklärt die Restauratorin. Die 49-Jährige wird auch künftig in der Moritzkirche kräftig zu tun haben: „Sie wird die Albani-Gemälde restaurieren“, blickt Susch voraus.

Domarchivar erzählt von der Zeit

Während der öffentlichen Präsentation gibt Domarchivar und Historiker Matthias Ludwig zudem Einblicke in die unruhige Zeit, in der der Pfarrer gelebt und gewirkt hatte.

Wislizenus war während der Gegenreformation aus Ungarn vertrieben worden. Er kam über Zeitz nach Naumburg, predigte zuvor in Schönburg. Diese Jahre und Jahrzehnte nach dem Dreißigjährigen Krieg seien speziell für Naumburg und die Region noch wenig erforscht, sagt Ludwig. Ein Gemälde aus dieser Zeit habe deshalb auch eine ganz besondere Bedeutung: „Sobald eine Person ein Gesicht bekommt, passiert etwas. Bilder haben eine suggestive Kraft“, erklärt der Domarchivar.

Der Schöpfer des Gemäldes ist indes weiterhin unbekannt. „Wir haben keinerlei Signaturen bei unseren Arbeiten finden können“, sagt Restauratorin Andrea Himpel. Sicher ist nur, dass das Bild nach dem Tod von Wislizenus angefertigt wurde.

Domarchivar und Historiker Matthias Ludwig erzählt während der Präsentation des Gemäldes von der Zeit, in der Wislizenus lebte.
Domarchivar und Historiker Matthias Ludwig erzählt während der Präsentation des Gemäldes von der Zeit, in der Wislizenus lebte.
Biel