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Kunst  Kunst : Ein kreatives Refugium

Von Jana Kainz 11.09.2019, 08:10
An der Lehmbüste, so Roland Lindners Einladung an die Gäste des Tages des offenen Ateliers, kann sich jeder schöpferisch betätigen.
An der Lehmbüste, so Roland Lindners Einladung an die Gäste des Tages des offenen Ateliers, kann sich jeder schöpferisch betätigen. Torsten Biel

Naumburg/Hollsteitz - „Zwischen Traum und Ziel liegt die Tat“. Es sind nicht nur leicht dahingesagte Worte. Roland Linder lebt seinen Leitspruch. So griff er, als manch anderer noch in den weihnachtlichen Nachwehen lag, am 27. Dezember vergangenen Jahres zum Werkzeug, um einen kurz zuvor gefassten Entschluss umzusetzen. Während seines langen Arbeitsaufenthalts in Thailand, von dem er erst einen Tag zuvor zurückgekehrt war, hatte sich ihm der Wunsch aufgedrängt, seine Werkstatt im heimischen Hollsteitz zu erweitern. Drei Monate lang baute er daraufhin aus und um, musste sein künstlerisches Schaffen pausieren. Was er sich in dem Altbau, der bis dahin als Lagerfläche gedient hatte, schuf und wo seine Kunst entsteht, möchte er am Tag des offnen Ateliers am kommenden Wochenende erstmals zeigen. Dafür öffnet der Bildhauer am 14. und 15. September nicht nur jeweils von 11 bis 18 Uhr sein am Rittergut hinter der Kirche gelegenes, neues und mit allerhand Werkzeug sowie vielen Kunstobjekten bestücktes Arbeitsrefugium. Einblicke gewährt er ebenso in seine nur ein paar Meter entfernt gelegene erste Werkstatt, die er inzwischen zum Kunsthaus umfunktioniert hat.

Und in der Tat: Nicht nur seine in beiden Gebäuden versammelten älteren und ganz neuen, noch nie gezeigten Kunstwerke sowie die am Wochenende zusätzlich ausgestellten Kalligrafie-Arbeiten und Malereien seiner Ehefrau Kerstin sind einer eingehenden Betrachtung wert. Nicht minder sind es nämlich auch die beiden von dem 59-Jährigen mit viel Liebe zum Detail und zu alter Bausubstanz sanierten Häuser selbst. Lichtdurchflutet und mit viel Holz, alten Fenstern und selbst gebauten Türen kommt seine erweiterte Werkstatt daher. Raffiniert trennt in der kalten Jahreszeit eine verschiebbare Trennwand der Marke Eigenbau den alten, kleineren Werkstattbereich von dem neuen, beheizbaren Teil ab. Allein diese Wand ist ein Hingucker und könnte es mit einem Bühnenbild aufnehmen. Letztlich zeugen Lindners Sanierungsergebnisse von seinem Bedürfnis, sich wohlzufühlen, die Seele eines Gebäudes zu erhalten oder es gegebenenfalls zu beseelen.

So sanierte er, als er noch in jungen Jahren als Sozialarbeiter seinen Lebensunterhalt bestritt, das kleine, idyllisch gelegene Gebäude der freiwilligen Feuerwehr, die ihm das Haus einst gern überlassen hatte. „Ich bin den Einwohnern sehr dankbar, dass sie mir den Raum geben und mich entfalten lassen“, betont Lindner, selbst alteingesessener Hollsteitzer. Das Dach des quadratischen Feuerwehrhauses baute er aus, setzte alte Fenster und eine Gefängniszellentür aus dem halleschen „Roten Ochsen“ ein, zu der eine Außentreppe hinaufführt, die Lindner ebenfalls anbaute. Raffinierte Details machen das Gebäude zu einem mit Efeu berankten Kleinod.

Auf dessen Balkon lädt Linder am Tag des offenen Ateliers zum Verweilen ein - vielleicht bei einem Gläschen Wein - und zum ungestörten Betrachten der in dem Haus versammelten Kunstwerke. Selbst aktiv werden können die Gäste in der neuen Werkstatt. Linder hat eine Lehmbüste vorbereitet, an der jeder, der mag, sich gestalterisch entfalten kann. „Ich bin gespannt“, so der Künstler, „was dabei entsteht“. Gespannt ist er auch, ob die Besucher ebenso in seinen Ateliers in die Kunst abtauchen können wie er: „Ich hoffe, dass sie hier fühlen, was ich hier auch fühle.“

Auf großen Zuspruch sind Lindners bestens vorbereitet. Immerhin bewältigten sie in diesem Jahr bereits einen 450-köpfigen Besucheransturm am Tag der offenen Gärten, als sie erstmals ihre Pforte öffneten und statt eines Staudengartens ihre grüne, mit Kunst bestückte Baumhausgalerie präsentierten.

››Noch bis Ende November ist Linders Ausstellung „Der Augenblick“ in der Naumburger Wenzelskirche zu sehen.

Im ehemaligen Haus der Feuerwehr richtete Roland Lindner vor Jahren seine erste Werkstatt ein. Heute beherbergt sie einige seiner Kunstwerke.
Im ehemaligen Haus der Feuerwehr richtete Roland Lindner vor Jahren seine erste Werkstatt ein. Heute beherbergt sie einige seiner Kunstwerke.
Torsten Biel