Köhlertage Köhlertage: Gut Brand an der Arche

Wangen - Hartmut Thienen steht eine unruhige Zeit bevor. Im Hintergrund die Arche Nebra, vor sich einen rund 1,80 Meter hohen Haufen, der an einen riesigen Maulwurfshügel erinnert. „Ich muss aller zwei Stunden den Meiler warten, am Tag und in der Nacht“, erzählt der 74-jährige aus Benneckenstein. Thienen ist Mitglied des Harzer Köhlervereins und hält als Wanderköhler das alte Handwerk am Leben. Bundesweit zeigt er oft auch in Begleitung seiner Frau die ehrwürdige Tradition der Holzkohle-Herstellung - nun auch für die Köhlertage des Besucherzentrums in Wangen (siehe Beitrag „Ausblick“). „Das ist eine sehr aufwendige und anstrengende Arbeit, für die man Fingerspitzengefühl braucht“, sagt er.
Holzbrett als „Handy“
An seiner Seite weiß er seinen „Lehrling“ und Helfer Helmut Michel aus Buchholz. Mitgebracht haben sie zahlreiche Geräte: die bekannten wie Harken und Schaufeln sowie die typischen Köhler-Hilfsmittel wie den Reißhaken, das Zunftzeichen, und das „Handy“ der Köhler. „Das ist eine Hillebille“, sagt Thienen und schlägt kurzerhand mit einem Hammer kräftig auf ein Holzbrett.
War am Dienstag bereits der Aufbau des Meilers aus Buchenholz, Heu und Erde erfolgt, kommt der entscheidende Moment, als Arche-Mitarbeiterin Annett Börner auf einer Leiter den Meiler erklimmt und Glut in den Schacht bringt. Jetzt heißt es zu warten, im zweifachen Wortsinn. Der Wanderköhler und sein Helfer werden den Schacht aller zwei Stunden mit Kleinholz und alter Holzkohle nachfüllen und das Material herunterstampfen. Regelmäßig wird zudem die Erde mit Wasser befeuchtet, damit sie nicht herunterrieseln kann.
Tourist verfolgt Arbeiten
Neben Schülern der achten Klasse der Sekundarschule Elsteraue in Reuden, die für einen Chemie-Workshop zum Thema nach Wangen gekommen sind, lässt sich auch Alfred Seidel die Tradition nahebringen. Eine Radtour mit Start in Passau führte ihn zur Arche Nebra. An der Universität unterrichtet er Studenten in Kunsterziehung, Bildhauerei und Bronzeguss. „Es ist hochinteressant, wie die Köhlerei gemacht wird“, zeigt sich Seidel erfreut, dass er zum richtigen Moment am richtigen Ort ist. Zwar habe er eine Besichtigung des Besucherzentrums und des Fundortes der Himmelsscheibe vorab geplant, doch das alte Köhler-Handwerk live zu erleben, sei für ihn eine schöne Überraschung, zeigt sich der Tourist aus Bayern ob des Zufalls erfreut. Denn ohne Holzkohle wäre die Himmelsscheibe einst nicht entstanden. „Die Köhlerei lieferte die Grundlage, um Erz schmelzen zu können“, macht Thienen die Bedeutung des Handwerks klar, dessen Wurzeln 7000 Jahren zurückgehen und nach Anatolien/Türkei führen. Mittlerweile werde Holzkohle industriell in Beton- oder Stahl-Retorten hergestellt und finde nicht nur auf dem heimischen Grill, sondern in vielen Bereichen Anwendung - ob als Filter, Desinfektionsmittel oder Zahnpulver, berichtet Thienen.
Er und seine Kollegen in rund 30 Köhlervereinen in Deutschland sowie im Europäischen Köhlerverband pflegen mit Leidenschaft die Tradition. Mittlerweile steigt Rauch überm Meiler auf. „Gut Brand“, ruft der Benneckensteiner. „Eigentlich gibt es jetzt eine Runde Schnaps, den ersten für den Köhler.“ Die Feuerwehr in Wangen ist im Übrigen informiert, dass es an der Arche raucht.

