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Kirschfest  Kirschfest : Die Hitze fordert Tribut

Von Michael Heise 01.07.2019, 07:35
Eine neues Bild im Kirschfest-Umzug: die Holländer Mühle, etwa zwei Meter groß und so, wie den meisten bekannt - fünfflüglig.
Eine neues Bild im Kirschfest-Umzug: die Holländer Mühle, etwa zwei Meter groß und so, wie den meisten bekannt - fünfflüglig. Torsten Biel

Naumburg - Es wäre spannend gewesen zu sehen, wie das einstige Zisterzienserkloster von Schulpforte en miniature aussieht - hergestellt im 3-D-Druck. Doch daraus wurde nichts. Die Tüftler der Landesschule hatten ihr Bild kurzfristig abgesagt, weil der 3-D-Drucker nicht so recht wollte. Schade. Auch einige andere Teilnehmer, so unter anderem Schulen, meldeten sich diesmal ab - der Hitze wegen. Und tatsächlich waren die deutlich über 30 Grad Celsius am Sonnabendnachmittag wohl auch für viele potenzielle Gäste des Kirschfest-Höhepunktes, dem historischen Umzug, ein Handicap, das übliche Gedränge blieb jedenfalls aus.

Farbenprächtige Kostüme

Dem Umzug und der Stimmung tat das jedoch keinen Abbruch. Im Gegenteil. Ob auf dem Markt oder im Schatten der Bäume des Lindenringes - beinah überall konnte man die farbenprächtigen Kostüme und fesselnden Darstellungen der Akteure aus erster Reihe sehen. 32 Bilder zur Stadtgeschichte sowie dem Hier und Heute in Naumburg waren in Augenschein zu nehmen, präsentiert von über 1.000 Darstellern und fast 200 Musikanten. 14 Uhr war am Curt-Becker-Platz der Startschuss für den Umzug gefallen, der auch in diesem Jahr über Marien-, Post- und Lindenring sowie Salz- und Jakobsstraße hin zur Vogelwiese führte. Natürlich nicht, ohne den Marktplatz zu passieren, dem Hauptort des Geschehens.

Mandy Grimme und Bernd Martin waren es als Moderatoren, die von der Festbühne aus den Umzug beschrieben, wie gewohnt souverän; am Curt-Becker-Platz sowie am Heinrich-von-Stephan-Platz erläuterten Simone Rauschenbach und Karsten Knabe beziehungsweise Hartmut Reszel das vorbeiziehende Spektakel, das von Ringo Fischer angeführt wurde. Als städtischer Fahnenschwenker hatte er Schwerstarbeit zu leisten, schließlich wiegt die vier Quadratmeter große Fahne stattliche zwölf Kilogramm. Es folgten die Stadtwache, Stadthauptmann und Bürgermeister, letzterer in Form von Oberbürgermeister Bernward Küper, erneut begleitet von Hilde Scheidt, Bürgermeisterin von Aachen - aus der Partnerstadt waren über 50 Gäste zum Fest nach Naumburg gekommen.

Georgenschüler als Kinder

Kaum hatte Küper die Bühne erreicht, stürmten die Hussiten den Markt. Ihr Ansinnen: die Plünderung und Verwüstung der Stadt, um Rache zu nehmen für die Verbrennung ihres Theologen Jan Hus (Sebastian Krunert) auf dem Konstanzer Konzil 1415. Naumburgs Bischof Gerhard von Goch (Toralf Hilmer) hatte dort für die Tötung Hus’ gestimmt. Der Bischof lieferte so den Stoff für die sagenhafte Belagerung Naumburgs 1432. Dass sie ein gutes Ende nahm, ist den Kindern der Stadt, dargestellt von Georgenschülern, zu verdanken, die mit ihrem Lehrer (Marcus Mehlig) in Sterbehemdchen vor die Tore zogen, um den hussitischen Prokop (Mike Schlenzig) um Gnade zu bitten. Mit Erfolg. Er schenkte den Kindern sogar Kirschen - und der Stadt die Freiheit. Gefeiert wird seitdem das Kirschfest.

Es folgten die Bilder des Umzugs, immer wieder gestaltet von vielen Kindern und auch Gästen Naumburgs, so beispielsweise Christa und Dieter Garling, die in der Kutsche des Kirschfestvereins mitfuhren. Frau Garling ist in Naumburg aufgewachsen und hatte ihrer Familie in Berlin und Bamberg immer wieder vom Kirschfest erzählt. Zu ihrem Geburtstag und dem Ausklang ihres Berufslebens erfüllte sie sich einen Herzenswunsch: ein Kirschfest mit beiden Kindern und drei Enkelkindern. Ein neues Bild beeindruckte: ein etwa zwei Meter großes Exemplar der Holländer Mühle, einst aus 250.000 Backsteinen gebaut, 1879 in Betrieb genommen und nach der Restaurierung privat genutzt - leider unter Opferung des fünfflügligen Windrades.

Der Umzug ging diesmal etwas flotter voran, auch ein Tribut an die Hitze. So sollte vermieden werden, dass Darsteller zu lange stehen müssen. Als die Vogelwiese erreicht war, spendierte die freiwillige Feuerwehr Erfrischungsschauer.