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Erstes Kohle-Geld fließt Erstes Kohle-Geld fließt: Naumburger Dom kann gereinigt werden

Von albrecht günther 25.07.2019, 17:02
Deutschland will aus der Kohle aussteigen, und die Braunkohlereviere sollen dafür kräftige Finanzhilfen bekommen. Über ein Sofortprogramm werden ersten Projekte finanziert.
Deutschland will aus der Kohle aussteigen, und die Braunkohlereviere sollen dafür kräftige Finanzhilfen bekommen. Über ein Sofortprogramm werden ersten Projekte finanziert. dpa

Naumburg - Der Naumburger Welterbe-Dom bekommt das erste Geld aus der Kohle-Soforthilfe für Sachsen-Anhalt. Die Reinigung der Außenfassade und eine denkmalgerechte Sanierung zweier Gebäude im direkten Dom-Umfeld wurden vom Bund genehmigt, bestätigte am Donnerstag die Magdeburger Staatskanzlei. Außerdem wurden zehn Millionen Euro für bauvorbereitende Maßnahmen für die Ortsumgehung Bad Kösen freigegeben, wie das Verkehrsministerium mitteilte. Kommunalpolitiker und Bürger aus dem Kohlerevier kritisierten die Entscheidungen.

Landrat Götz Ulrich spricht von einer Mogelpackung

Landrat Götz Ulrich (CDU) sprach gegenüber der MZ von einer „Mogelpackung“. Das Geld komme „zwar notwendigen und sinnvollen Vorhaben zugute, als Start der Maßnahmen zum Strukturwandel jedoch ist diese Entscheidung das falsche Signal in Richtung des Kernreviers“, so Ulrich weiter. „Wir brauchen jetzt Projekte, die unmittelbar in der Kohle-Region greifen, etwa in Profen und Hohenmölsen, Zeitz und der Gemeinde Elsteraue.“ Als Beispiele nannte er Straßenbauvorhaben, die Anbindung an das mitteldeutsche S-Bahn-Netz oder die Bildungscampusse in Weißenfels, Zeitz und Naumburg.

Dagegen verwies ein Sprecher der Landesregierung darauf, dass das Geld aus dem sogenannten Sofort-Sofort-Programm des Bundes zum Strukturwandel stamme. „Wenn wir es nicht für Projekte nutzen, die sofort begonnen werden können, verfiele es“, sagte Daniel Mouratidis auf MZ-Nachfrage. So bestehe für die Bad Kösener Ortsumfahrung bereits Baurecht, das Geld könne unmittelbar eingesetzt werden. Gleiches gelte für die Vorhaben der Vereinigten Domstifter in Naumburg.

Ein Jahr nach Aufnahme des Doms in das Welterbe wollen sie das historische Gebäude und dessen Umfeld weiter aufwerten. So ist die Sanierung zweier Domkurien vorgesehen. Die Kosten werden auf insgesamt 2,6 Millionen Euro geschätzt.

Kritik in der Region an „Kohle-Liste“

Für den geplanten Bau der 13,6 Kilometer langen Bad Kösener Ortsumgehung kann das Kohle-Geld dagegen zur weiteren archäologischen Erkundung genutzt werden. Sie ist notwendig, weil die Trasse das Feld der Schlacht bei Jena und Auerstedt aus dem Jahr 1806 quert. Die gesamte Straße soll nach aktuellen Schätzungen 116,8 Millionen Euro kosten. Für 2020 ist der Start der eigentlichen Bauarbeiten geplant. Fünf Jahre später könnte sie fertig sein. Unklar allerdings ist weiterhin der Bau des ergänzenden Stücks um Naumburg. Eine erfolgreichen Klage hat ihn bislang verhindert, Vergleichsangebote scheiterten.

Kritik an den beiden Maßnahmen Naumburger Dom und Umgehungsstraße Bad Kösen hatte es in der Region bereits beim Bekanntwerden der „Kohle-Liste“ gegeben. In einem Sonderkreistag Anfang April forderten mehrere Fraktionen, das Geld nur dort einzusetzen, wo es den Verlust von Kohle-Arbeitsplätzen kompensieren könne. So kündigte Hohenmölsens Bürgermeister Andy Haugk damals an: „Die Stadt wird ganz genau hinschauen, was mit dem Geld für den Strukturwandel geschieht und wo es eingesetzt wird.“

Für die Linke-Fraktion im Burgenland-Kreistag erneuerte am gestrigen Donnerstag deren Vorsitzender Gunter Schneider die Kritik am bisherigen Vorgehen des Bundes beim Kohleausstieg. „Statt derartige Projekte zu finanzieren, sollten sich die Zuständigen darüber Gedanken machen, wie sie gut bezahlte, tariflich abgesicherte Industriearbeitsplätze fördern. Und das, bevor der Ausstieg aus der Braunkohleverstromung negative Folgen zeigt“, so der Fraktionschef.

Menschen Angst nehmen

Die Politik auf allen Ebenen müsse sich Gedanken machen, wie sie den Menschen vor Ort die Angst nehme, „dass erneut Tausende auf der Straße stehen, wie das Anfang der 1990er-Jahre der Fall war“. Notwendig sei es ebenso, Angebote und Anreize zu schaffen, die es Unternehmen attraktiv machen, in den Landkreis zu kommen und zu bleiben.

Landrat Ulrich kündigte an, er werde sich trotz der nun gefällten Entscheidung weiterhin bei Land und Bund beim Kohleausstieg für die Region stark machen. Die betroffenen Kommunen seien dabei mit im Boot: „Wir haben die interkommunale Arbeitsgruppe, die monatlich tagt und sich mit konkreten Themen wie Digitalisierung, Infrastruktur oder das von Gewerbegebieten befasst.“ (mz)