Donnerstags in Hohenmölsen Donnerstags in Hohenmölsen: Willkommen in der offenen Kirche

Hohenmölsen - An diesen Anblick kann man sich in Hohenmölsen getrost gewöhnen: Jeden Donnerstag ist die evangelische Stadtkirche St. Peter von 10 bis 12 Uhr geöffnet. Damit ist dieses Gotteshaus das einzige im Pfarrbereich Hohenmölsen, welches außerhalb der Gottesdienste zu einem Besuch einlädt.
Angeregt hatte das die Landesbischöfin Ilse Junkermann in Vorbereitung des Reformationsjubiläums im kommenden Jahr. Denn aus ihrer Sicht sind viel zu viele der rund 4.000 Kapellen der evangelischen Kirchen Mitteldeutschlands wochentags dicht. So rannte die Hohenmölsener Seniorin Gudrun Berthold beim Pfarrerehepaar Friederike und Johannes Rohr aus der Stadt offene Türen ein. Sie wolle donnerstags zum Markttag für zwei Stunden die Kirche betreuen. Auf diese Idee gekommen ist sie aus mehreren Gründen, wie sie erzählt. Zum einen habe sie in früherer Urlauben häufig Kirchen besucht, deren Türen ständig offen waren. „Nur bei uns steht man immer vor verschlossener Tür“, sagt sie.
40 Jahre Hebamme
„Das störte mich schon“, ist von der 69-Jährigen zu hören. Konfirmiert worden sei sie und habe auch kirchlich geheiratet. Regelmäßig zum Gottesdienst gehe sie nicht, wenngleich sie an Gott glaube. Über 40 Jahre war sie Hebamme, dann hat sie ihren Mann gepflegt. Seit 2013 ist sie verwitwet. Die Kinder sind erwachsen und führen ihr eigenes Leben. „Den Tag auszufüllen nur mit Saubermachen und fernsehen, ist mir zu wenig“, gesteht die Hohenmölsenerin. Zweimal die Woche geht die 69-Jährige ins Fitnessstudio, besucht mittwochs einen Englischkurs, freut sich auf das Zusammentreffen beim Mütterkreis und wandert am Wochenende.
Jetzt holt sie sich donnerstags vom Pfarrer den Schlüssel zur Kirche und hängt Werbeplakate auf, darauf steht in deutsch und englisch: „Treten Sie ein. Hier sind Sie willkommen“. Sie zündet in der Kirche die Kerzen an und gibt auf Nachfrage Informationsmaterial zur Kirche, die 1592 erbaut worden war, den Besuchern. Die offene Tür macht neugierig. Gut ein halbes Dutzend kommen. Viele würden ein paar Minuten inne halten oder ein Licht für ihre Verstorbenen entzünden. Gudrun Berthold freut das, auch wenn der Zulauf im Moment noch gering ist. „Das ist nicht schlimm. Es muss sich ja auch erst rumsprechen. Und wenn man nie die Türen der Gotteshäuser öffnet, muss man sich nicht wundern, dass keiner mehr hingeht - auch wenn die Türen offen sind.“ (mz)