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Bürgerärger in Lützen Bürgerärger in Lützen: Eine unerreichbare Wiese

Von Heike Riedel 15.07.2016, 09:12
Es muss gebaut werden, damit das Verbotsschild weg kann. Dafür kämpfen Landwirt Werner (l.) und Ortsbürgermeister Joachim Fuhrmann.
Es muss gebaut werden, damit das Verbotsschild weg kann. Dafür kämpfen Landwirt Werner (l.) und Ortsbürgermeister Joachim Fuhrmann. Michael Thomé

LÜTZEN - Mit jeder Fahrt zu seinen Wiesen im Tal der Rippach wird Landwirt Steffen Werner unruhiger. Denn der einzige öffentliche Weg dorthin ist ihm offiziell versperrt. Erst durften nur besonders schwere Fahrzeuge nicht mehr über die Heuwegbrücke fahren, die zwischen Großgöhren und Kleingöhren über das Gewässer führt. 2013 wurde das Brückenbauwerk erneut geprüft, erklärt Lützens Bauamtsleiter Steve Kähler. Und die fortschreitende Baufälligkeit war dann der Grund, nach der Tonnagebegrenzung sogar ein Schild aufzustellen, das jeglichen Verkehr über die Brücke verbietet.

Doch seitdem hat sich nichts am Bauwerk getan. „Ich habe mein Problem immer wieder beim Ortsbürgermeister angesprochen“, sagt Werner, der immerhin fünf Hektar Wiese jenseits der Rippach bewirtschaftet. Zwar hat sich sein Betrieb nur der Feldwirtschaft verschrieben, doch einer der Pachtverträge dafür schließt auch die Verpflichtung zur Pflege dieser Wiesen mit ein. Und Abnehmer für Gras und Heu findet er auf seinem Hof und anderswo immer.

Die Wiesen sind von den Feldern benachbarter Landwirtschaftsbetriebe und Bebauung umschlossen. Werner kann sie nur erreichen, wenn er fremde Grundstücke durchfährt - oder eben das Verbotsschild missachtet. Er tut das Letztere - immer wieder in der Hoffnung, dass die Brücke hält. Er selbst sieht keine Spuren, die auf einen Einsturz hindeuten. Doch wartet er darauf, dass die Stadt Lützen die Gefahr endlich einmal beseitigt, die sie festgestellt hat. Die Brücke muss wieder sicher werden. Was ist, wenn tatsächlich mal etwas passiert? „Bin ich dann am Ende noch der Zahlende?“, fragt er sich.

Da in der Verwaltung bisher nichts passiert ist, hat Ortsbürgermeister Hans-Joachim Fuhrmann (SPD-Mandat) jetzt das Problem im Bauausschuss des Lützener Stadtrates öffentlich gemacht. „Man muss hier doch handeln“, sagt er.

„Wir sind dabei die rechtlichen Fragen zu klären“, sagt Steve Kähler. Ist das überhaupt ein öffentlicher Weg? Oder ist es ein privater zum Erreichen der dahinter liegenden Felder? Es gebe keinen förmlichen Widmungsakt, der den Weg zum öffentlichen macht, vermutet Kähler. Es würden Karten geprüft und Gespräche geführt, um Antworten auf die offenen Fragen zu bekommen.

Die MZ hörte sich bei Einwohnern in Kleingöhren um. Als Heubrücke ist das Bauwerk dort bekannt, heute werde es kaum noch genutzt. Ja früher, da sei die Brücke eine Verbindung für die Bauern aus Poserna und den Rippacher Dörfern gewesen, die dort auch ihre Felder hatten. Schon mehr als hundert Jahre soll sie alt sein, wurde dann 1970 neu gebaut von der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft, um die Felder zu erreichen.

Lehrer Hans-Jürgen Bühligen erinnert sich noch, dass er sie mit seinen Schülern genutzt hat, um dort zu wandern und Entdeckungen in den Feldern und Wiesen zu machen. Heute können Fußgänger und Fahrradfahrer noch eine neu hergerichtete Brücke in der Nähe überqueren, um von einer Seite der Rippach zur anderen zu wechseln. Sie erreichen dann aber von Posernaer Seite kommend nur die Straße, während sie früher entlang der Felder bis Rippach gehen konnten.

Der Weg entlang der Felder ist auch heute noch erkennbar und offenbar nicht ungenutzt. Die Spuren aus Posernaer Richtung bis zur gesperrten Brücke und darüber sind nicht Bauer Werner zuzuordnen. Dessen Fahrzeuge rollen immer in die andere Richtung und müssen dort noch eine viel schlechtere aus LPG-Zeiten stammende Straße nutzen, die außer ihn aber niemanden interessiert. Um seine Pachtwiesen ohne Brückenüberquerungen zu erreichen, müsste Werner umfangreiche Wegerechte von Nachbarn eingeräumt bekommen. Das wird aufwendig und teuer.

Doch für ihn und Ortsbürgermeister Fuhrmann steht fest: Die Stadt ist am Zug. Die gesperrte Zufahrt ist ein öffentlicher Weg. Der muss wieder nutzbar gemacht werden. Aber wann? Dazu äußerst sich niemand. Doch das Gras wächst und wächst - und damit Werners Problem. (mz)