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4. SURfestival  4. SURfestival : Musik lockt in Dorfkirchen

Von Heike Riedel 04.07.2016, 10:05
Gerhard Schieferstein, Katharina Pitt und Andrea Herms (v.l.) im Konzert.
Gerhard Schieferstein, Katharina Pitt und Andrea Herms (v.l.) im Konzert. Michael Thomè

Pettstädt/Markröhlitz - Die Kirchen in Pettstädt und Markröhlitz, aber auch jene in Schellsitz und Eulau wurden seit Mittwoch zu neuen Entdeckungen für viele Besucher der kleinen Konzertreihe SURfestival. Als sommerliches Wochenenderlebnis hat diese Gerhard Schieferstein, Kantor in der Region Saale-Unstrut-Finne, aus der Taufe gehoben. Zum 4. SURfestival (benannt nach der Kirchenregion) hatte er dieses Mal in den Pfarrbereich Goseck des evangelischen Kirchenkreises Naumburg-Zeitz eingeladen. Und ihm ist damit gelungen, was seine Absicht war.

Gut für den Kulturtourismus

Er hat den Tourismus angeregt - zumindest schon einmal den innerhalb der Kirchenregion. 50 bis 60 Besucher kamen in diesem Jahr zu den einzelnen Konzerten. Doch wenn sich herumspricht, welch musikalische Höhepunkte dank seiner Initiative in die kleinen Orte des Burgenlandkreises vordringen, kann man gewiss sein, dass der Kulturtourismus zukünftig noch größere Kreise zieht.

Dieses Mal sind zum Beispiel Renate und Henry Kühnert aus Schellsitz extra nach Pettstädt gekommen. „Ohne das Konzertangebot wären wir wohl gar nicht auf die Idee gekommen, uns die Kirche hier einmal anzusehen“, geben sie zu. Doch die in ihrer Dorfkirche restaurierte Orgel war Schieferstein Anlass, am Mittwoch das erste Konzert der Musiktage in Schellsitz anzubieten. Dort spielte Clemens Bosselmann aus Zeitz die Orgel und Schieferstein selbst das Cembalo für Kirchenmusik des 18. Jahrhunderts. Am Donnerstag war die Kirche in Markröhlitz Spielstätte für ein Konzert mit Flöten und Cembalo, das Andrea Herms und Katharina Pitt aus Dresden sowie Gerhard Schieferstein gestalteten. Dass in Pettstädt zwar eine Orgel eingebaut, doch diese noch nicht wieder funktionstüchtig ist, fiel gar nicht auf, weil dort der Lied-Erfinder Matthias Trommler aus Dresden am Freitagabend ganz andere Klänge präsentierte.

Kein frommes Theater

Er sang und spielte am elektronischen Klavier seine eigenen Lieder, die kritisch und humorvoll das Leben betrachteten. „Der Stoff liegt auf der Straße oder im Zimmer, zwischen Kirchenbänken und anderen Stühlen“, so Trommler. Er sang von Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit, „mach hier kein frommes Theater“. Von dem Mann, der immer nur den einen Ton spielt, weil er mit ihm gefunden hat, wonach andere noch suchen. Von Kindern, die den Eltern einen Spiegel vorhalten - und nicht nur denen. Von der ursprünglichen Bewegung der Flüsse, wie er sie von der Elbe und den Elbwiesen kennt, „alles ändert sich und bleibt dasselbe“. Faszinierend war auch bei seinen anderen Themen nicht nur die Treffsicherheit seiner Texte, auch seine stimmliche Bandbreite und die Geräuschimitationen bis hin zur Trompete.

„Es war herrlich“, sagte Christa Tittmann, die von ihrem Mann und zwei weiteren Frauen aus Karsdorf begleitet wurde. „Erst waren wir neugierig auf Schieferstein. Und weil das toll war, was er gebracht hat, folgten wir seiner Idee und sind jetzt immer neugierig, wohin er uns entführt“, erzählte Ingrid Pacyna, eine der Kirchenältesten von Karsdorf. Sie ist von der kleinen St. Annakirche begeistert, die von der in Pettstädt heimischen Susanne Riemer-Ranscht vorgestellt wird: Es ist eine romanische Chorturmkirche, die ihren Ursprung um 1150 hat. Um 1500 wurde ein gotischer Chor angebaut, aus dieser Zeit stammt auch der Flügelaltar. Und die beeindruckenden modernen Kirchenfenster, die das Abendlicht zur Geltung brachte, hat die Weißenfelser Künstlerin Christina Simon 2009 geschaffen. (mz)

Matthias Trommler in der Pettstädter Kirche. Seine Lieder fordern das Publikum auf, das Selbstverständliche auch einmal zu hinterfragen.
Matthias Trommler in der Pettstädter Kirche. Seine Lieder fordern das Publikum auf, das Selbstverständliche auch einmal zu hinterfragen.
Michael Thomè