1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Besuch der niederländischen Königin: Besuch der niederländischen Königin: Vorbereitungen haben öffentlichen Pulsschlag verändert

Besuch der niederländischen Königin Besuch der niederländischen Königin: Vorbereitungen haben öffentlichen Pulsschlag verändert

Von Steffen Könau 27.02.2004, 18:06

Oranienbaum/MZ. - Die Protokoll-Patrouille war schon vor ein paar Tagen da. Ein Trupp auffällig unauffälliger Herren, die mit scharfem Blick durch die Straßen rund um den Oranienbaumer Marktplatz spazierten, hinter jeden Papierkorb schauten und den Sitz der Kanaldeckel in der Nähe prüften.

Hermann Busch war von all der Unauffälligkeit allerdings nicht zu täuschen. "Geheimdienst", hat der 67-Jährige sofort erkannt und seine Schlüsse gezogen: Königlicher Besuch steht ins Haus, wenn die niederländische Herrscherin Beatrix kommt. "Klar, dass man da sehen muss, dass die Königin nicht von irgendwelchen Terroristen geschnappt werden kann."

Denn das wärs ja. Busch schüttelt den Kopf. "Immerhin kommt die Königin an die Stätte ihrer Ahnen." Erst Henriette Catharina, Frau von Johann Georg II. von Anhalt-Dessau und Prinzessin von Nassau-Oranien, nannte den Flecken Nischwitz in Oranienbaum um. Und erst ihr Baumeister Cornelis Ryckwaert machte ab 1683 aus dem Dörflein eine Stadt mit rechtwinkligen Straßen, Gärten und Parks.

Der am Mittwoch um 10.30 Uhr beginnende Besuch der königlichen Ur-Enkelin ändert heute schon den Pulsschlag der Stadt, die ihre 3 600 Einwohner "O-Boom" nennen. Es wird geharkt und gehämmert, die Männer vom Bauhof werkeln in der Schlossstraße und im "Goldenen Fasan" gegenüber entsteht ein Pressezentrum für den Medientroß, der jeden Schritt der 66-jährigen Monarchin beobachten wird.

Gerhard Bauermeister knurrt trotzdem ein bisschen. "Unser Markt fällt aus", sagt der Mann, der seinen Broiler-Wagen für gewöhnlich genau an dem Platz aufstellt, an dem Königin Beatrix am nächsten Mittwoch innehalten wird, um die Sandsteinvase mit dem schmiedeeisernen Orangenbäumchen zu bewundern, das von alters her Wahrzeichen des Hauses Oranien ist.

"Also hat die Stadt uns sanft ausgeladen", sagt Bauermeister, der seit zwölf Jahren als Hähnchen-Händler durch Anhalt zieht und in diesen Tagen wie noch nie um seine Umsätze kämpfen muss.

Dann kommt so eine Gelegenheit! Und man kann sie nicht nutzen! Bauermeister winkt über den leeren Markt im Schneeregen. Fast kann er die Menschenmassen schon sehen, die sich drängen, die Königin zu sehen. Die warten. Die Hunger haben. "So was wünscht man sich doch als Unternehmer." Klaus Pinkert vom Fischstand nebenan nickt entschieden: "Ja, da wäre endlich mal etwas los". Der Horstdorfer hatte sogar angeboten, "das königliche Gefolge mit lecker Fischbrötchen zu versorgen". Es half nichts: Wenn der Adel kommt, hat auch seine Futterbude zu. "Naja, das ging nun mal nicht anders", erklärt Oranienbaums Bürgermeister Uwe Zimmermann. Höhere Interessen stehen auf dem Spiel, sagt der 46-jährige PDS-Mann, auch wenn der von Hermann Busch ersehnte "Koffer mit Geld" nicht im Gepäck der Königin sein wird. "Für einen Moment gucken ja alle auf Oranienbaum." Und wenn die Kraft der Gemeinde auch nicht reiche, "die Bordsteinkanten anzumalen", werde er doch alles tun, seine Stadt gut zu verkaufen. Fähnchen für die Grundschüler sind bestellt, der Markt wird aufgehübscht und der Bürgermeister schlüpft in einen nagelneuen dunklen Anzug. "Die Königin soll ja eine nette und hochintelligente Frau sein", hat der ehrenamtliche Ortschef herausgefunden, "vielleicht schaffe ich es ja, ihre Neugier für unsere gemeinsame Geschichte zu wecken."

Nur schnell muss es gehen. Denn zwei Stunden nach der Landung des königlichen Hubschraubers auf der Festwiese Hutung am Ortsrand steht ein paar Kilometer weg im Dessauer "Kornhaus" schon das Mittagessen auf dem Tisch. "Harzer Forelle, Süppchen von Rotkäppchen-Sekt und natürlich Variationen von der Orange" will Restaurant-Chef Ulrich Heilmann anrichten. Eine Speisenfolge, die der Monarchin sicher munden wird: Die Protokoll-Patrouille der Königin zumindest hat das Menü geprüft. Und für gut befunden.