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Angersdorf Angersdorf: Ganzer Gemeinderat sitzt auf Anklagebank

Halle/Saalkreis/MZ. - Der Streit, wie Kommunen ihre Bürgeran Straßenbaukosten beteiligen, zieht Kreise.Nach Schadenersatzforderungen gegen Bürgermeistersteht nun erstmals ein Gemeinderat vor Gericht.

Von Ralf Böhme 16.01.2006, 19:40

Der Streit, wie Kommunen ihre Bürgeran Straßenbaukosten beteiligen, zieht Kreise.Nach Schadenersatzforderungen gegen Bürgermeistersteht nun erstmals ein Gemeinderat vor Gericht.

Der Gemeinderat vonAngersdorf - einem kleinen Ort bei Halle - sitzt demnächst nahezu komplett auf der Anklagebank.Nach Auskunft des Amtsgerichts in Halle lautetder Vorwurf gegen neun Ratsmitglieder aufUntreue zum Nachteil der Kommune.

Die Staatsanwaltschaft legt nach Angaben vonGerichtssprecher Werner Budtke den neun Beschuldigtenaus der Saalkreis-Gemeinde einen Beschlussaus dem Jahr 2001 zur Last. Damals sollendie Ratsmitglieder laut Staatsanwaltschaftdem rechtswidrigen Ausbau einer Straße zugestimmthaben. Als Investitionsvolumen nennt die Klageschriftrund 180000 Euro. Budtke: "Es besteht derVerdacht, dass das Vorhaben durchgezogen wurde,ohne dass geregelt war, wie die Bürger finanzielldaran zu beteiligen sind." Damit seien derGemeinde möglicherweise beträchtliche Einnahmenentgangen.

Sollte sich der Vorwurf bestätigen, könntenden Angeklagten empfindliche Geldstrafen oderFreiheitsentzug bis zu fünf Jahren drohen.Für die Verhandlung, die Ende April stattfindensoll, ist zunächst ein Tag eingeplant.

Das Magdeburger Innenministerium reagiertevöllig überrascht. Sprecher MatthiasSchuppe: "So etwas hat es bisher in Sachsen-Anhaltnach unserem Wissen noch nicht gegeben." Ausdem Landratsamt Saalkreis war keine Stellungnahmezu erhalten. Die angeklagten Gemeinderatsmitgliederhielten sich bedeckt. Das frühere RatsmitgliedKarl-Peter Graupner, der ebenfalls vor Gerichtsteht, meinte lediglich: "Ich fühle mich kriminalisiert."

Wie die Vorgänge in Angersdorf der Staatsanwaltschaftbekannt wurden, ist unklar. Nach MZ-Informationensollen persönliche Querelen unter Ratsmitgliedernder Auslöser gewesen sein.